Professorin soll zum Amtsarzt

Von Norbert Heimbeck
Die Auseinandersetzung schwelt seit über einem Jahr, jetzt hat eine Professorin der Bayreuther Universität den Rücktritt von Präsident Stefan Leible gefordert. Foto: Archiv/Karl Heinz Lammel Foto: red

Eine Professorin fordert den Rücktritt von Universitätspräsident Stefan Leible. Das ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Universität Bayreuth. Anlass für die Forderung der 47-Jährigen: Leible hat die Frau aufgefordert, sich zur Klärung ihrer Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen.

 
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Der Streit schwelt schon seit über einem Jahr. Zur Eskalation kam es, als die Frau im August 2016 Strafantrag gegen den Präsidenten stellte. Sie wirft ihm Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung vor. Gegen die ärztliche Untersuchung wehrte sie sich. Allerdings gaben zunächst das Verwaltungsgericht in Bayreuth und danach auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München der Universität Recht. Das heißt: Die Richter sehen ebenso wie die Bayreuther Hochschulleitung begründete Anzeichen dafür, dass die Frau zum Arzt sollte.

Furcht vor dem Abhören

Unipräsident Leible hat im Mai 2016 in einem Brief die Auseinandersetzung zusammengefasst. Das Dokument zeigt, wie tief die Kluft zwischen der Professorin und ihren Mitarbeitern inzwischen geworden ist. Die Vorwürfe sind gewichtig: Ein Mitarbeiter soll seinen Schwerbehindertenausweis gefälscht, Unbekannte sollen ihr Auto zerkratzt haben. Sie wiederum ließ die Computer im PC-Raum des Lehrstuhls vom Festnetz trennen, damit sich die Studenten nicht in die Arbeitsplatzrechner des Lehrstuhles „einhacken“ könnten. Sie selbst könne im Büro nicht mehr telefonieren, weil sie abgehört werde. Der Präsident schreibt: Auch langjährige Mitarbeiterinnen hätten kaum noch Zugang, für andere Professoren sei sie „über lange Zeiträume, teilweise über Wochen hinweg“ kaum erreichbar. Ein Mitarbeiter beklagte ein „überspitztes unzutreffendes Misstrauen bezüglich der Qualität der Arbeit anderer“. Schon im Sommer 2014 sollen Mitarbeiter des Lehrstuhls ihre Chefin schriftlich gebeten haben, „wieder zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zu finden.“

Mitarbeiter sind frustriert

Als der Frust schließlich zu groß wurde, wandten sich die Mitarbeiter an den Personalrat, an den Dekan der Fakultät und an die Ombudsfrau für den wissenschaftlichen Nachwuchs und baten um Hilfe. Mehrere Gespräche mit der Professorin seien jedoch erfolglos verlaufen. Bei einem Treffen im Februar 2016 habe es sich ergeben, „dass Sie rationalen Argumenten kaum mehr zugänglich sind“. Mitarbeiter hätten sich an die Hochschulleitung gewandt und um Hilfe gebeten. Diese Mitarbeiter hätten die genannten Sachverhalte geschildert, „die meinen persönlichen Eindruck sowie auch den Eindruck des Kanzlers und des Dekans Ihrer Fakultät bestärken, dass Sie fachärztlicher Hilfe bedürfen.“

Wertschätzung vermisst

Die Professorin sieht die Sachlage völlig anders: „Die reale Situation des Lehrstuhls lässt wohl kaum von Zuspitzung sprechen.“ Sie sucht von sich aus Kontakt mit dem Kurier und legt den umfangreichen Briefwechsel mit der Hochschulleitung offen. Sie spricht davon, dass sie sich nicht mehr wertgeschätzt fühle. Den Brief, in dem sie aufgefordert wird, zum Arzt zu gehen, bezeichnet sie als „erniedrigend und mobbend“. Sie habe den Eindruck gewonnen, dass „der Schreiber des Briefes, Präsident Leible, vermutlich getrunken hatte.“ Die Vorwürfe der Mitarbeiter und der Hochschulleitung seien unwahr.

Professor Stefan Leible äußert sich nur zurückhaltend, stellt sich trotz der Angriffe noch schützend vor die Professorin: „Ich halte die Vorwürfe schon aus. Aber ich mache mir Sorgen um den Ruf der Universität Bayreuth. Es geht auch um die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Kollegin.“ Er habe auch eine Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern am Lehrstuhl. Einen Gesprächstermin, bei dem die Möglichkeit eines „Neustarts, gegebenenfalls mit ärztlicher Hilfe“ erörtert werden sollte, habe die Professorin platzen lassen.

Und so geht’s jetzt weiter: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Eilverfahren entschieden, dass die Hochschulleitung die ärztliche Untersuchung der Professorin zu Recht angeordnet habe. Ziel dieser Untersuchung ist die Feststellung, ob die Frau gesundheitlich in der Lage sei, ihr Amt als Universitätsprofessorin auszuüben. Falls nicht, wäre wohl eine Versetzung in den Ruhestand die Folge.

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