Zwei Kurier-Redakteure diskutieren Pro und Contra Bürgerbegehren

Von Frank Schmälzle und Michael Weiser
 Foto: red

Macht der Bürgerentscheid zur Rotmainhalle Sinn, oder könnte man sich den Aufwand gleich sparen? Frank Schmälzle und Michael Weiser sind unterschiedlicher Meinungen. Hier argumentieren sie für ihre Standpunkte.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Pro: Unterschätzt die Bürger nicht!

Von Frank Schmälzle

Braucht es einen Bürgerentscheid für die Rotmainhalle? Darüber diskutiert man in Bayreuth. Aber eigentlich ist das die falsche Frage: Wenn er kommt, kommt er. So funktioniert unsere Demokratie nun mal.

Es geht nicht darum, ob man den Protagonisten des Vereins „Rettet die Rotmainhalle“ Recht geben will. Ob sie richtig liegen mit ihrer Unterschriftensammlung und ihrem geplanten Bürgerbegehren gegen eine Nutzung der Rotmainhalle auch als Kulturort. Als Ersatzspielstätte für die Stadthalle, die ab dem kommendem Jahr saniert und umgebaut wird. Oder ob überziehen und der Rotmainhalle mit ihren vermeintlichen Rettungsversuchen eher schaden als nutzen.

Es geht darum, dass Bürger das Recht haben, mitzureden und mitzuentscheiden. Auch wenn manchem der Inhalt eines Bürgerbegehrens - wie im Fall Rotmainhalle - nicht gefallen mag. Bürgerbegehren und Bürgerentscheide dürfen nicht zur Geschmacksfrage verkommen. Denn die Geschmäcker sind verschieden. Und den eigenen über den der anderen zu stellen, zeugt von ziemlich elitärem Denken.

Elitär ist es auch, die Menschen, die sich für ein Bürgerbegehren einsetzen, zu unterschätzen. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob man irgendwo in der Anonymität von Facebook den „Like“-Knopf anklickt, unter irgendeinem Pseudonym im Internet seine Meinung in die Welt setzt. Oder ob man mit Namen und Adresse auf einer Liste unterschreibt - wohl wissend, dass daraus ein von Amts wegen zu prüfender Vorgang wird.
Natürlich treiben manche Initiatoren solch basisdemokratischer Entscheidungen ein gefährliches Spiel mit den Emotionen. Natürlich manipulieren sie. Aber das ist kein Grund, das Prinzip des Bürgerentscheids in Frage zu stellen. Bürger haben eine Antenne dafür, wenn sie missbraucht werden sollen. Bürger legen sich nicht mit ihren Stadträten an und werfen im Zweifelsfall deren Entscheidungen über den Haufen, wenn sie keine klare und feste Meinung haben.

Deshalb soll er ruhig kommen, der Bürgerentscheid zur Rotmainhalle. Am Ende kann auch eine klare Mehrheit für die Doppelnutzung als Markthalle und Kulturort stehen. Um das zu erreichen, müsste die Stadt ihre Informationspolitik überdenken. Die Argumente für die Ersatzspielstätte besser kommunizieren. Das wäre keinesfalls vergebens. Denn dann hätte die Kultur in der Rotmainhalle von Anfang eine höhere Akzeptanz.

frank.schmaelzle@kurier.tmt.de

Contra: Geliked? Geschenkt!

Von Michael Weiser

Eigentlich ist auch dieser Text nicht contra, sondern pro. Denn eigentlich bin ich - was die hier zu diskutierende Frage betrifft - für eine ganze Menge und nur gegen eins so richtig. Dazu später.

Also: Ich bin dafür, dass sich Bürger interessieren, dass sie sich einmischen, dass sie Anteil nehmen an der Politik. Ich bin des weiteren dafür, dass sie sich mit ihrer Kraft und ihren Fähigkeiten fürs Gemeinwesen engagieren. So ähnlich, wie sich das die alten Griechen wahrscheinlich mal gedacht hatten: Eine selbstbewusste Gemeinschaft kundiger Bürger nimmt ihre Geschicke selbst in die Hand. Also: Insofern finde ich’s gut, dass es Bürgerbegehren gibt.

Nun aber zum Contra. Ich bin gegen Beliebigkeit, gegen die leichtfertig abgegebene Unterschrift und Stimme. In den Zeiten von Facebook ist schnell erklärt, was ich damit meine: Egal, ob Dank für eine Grußbotschaft oder Bedauern über den Tod eines Flüchtlings, man bewegt den Mauszeiger über den „Button“ und „Liked“. So schnell das geschehen ist, so minimal ist auch die Teilnahme. Angeklickt und abgehakt. So können eine gut organisierte Mindertheiten Einfluss ausüben, der ihnen unter normalen Umständen nicht zukommt. Woran man gute Organisation erkennt? Daran, dass das Gefühl des Publikums mindestens ebenso gut bedient wird wie der Verstand. Wenn man zum Beispiel eine Demonstration sieht, in der kleine Kinder Transparente hochhalten: Dann sollte man misstrauisch werden. Vielleicht soll man gerade nur benutzt werden. Nicht jedes Bürgerbegehren, nicht jede Initiative vertritt gegenüber der etablierten Politik die fürs Gemeinwohl bessere Position.

Im Moment liegt in Bayreuth eine Unterschriftenliste aus. Der Verein „Rettet die Rotmainhalle“ steht hinter der Aktion. Und so gut die Motive auch sein mögen - der Name der Aktion führt in die Irre. Es will niemand die Rotmainhalle abreißen. Sie muss lediglich - und ohnehin - saniert werden. Und sie soll - überdies - so ausgestattet werden, dass auch Kultur in ihr stattfinden kann. Betonung auf „auch“. Doch darüber wurde gar nicht wirklich diskutiert. Bei der jüngsten Infoveranstaltung vor gut zehn Tagen ging es oft genug um längst beantwortete Fragen - und damit am Thema vorbei. Nun ist zu befürchten, dass das Projekt gebremst wird. Und dass die Kultur Schaden leidet, ohne dass irgendjemandem gedient wäre.

Wenn’s eine Liste gäbe, die mir verspräche, das sich eine selbstbestimmte Bürgerschaft darum kümmert, wie man die Interessen von Marktbetreibern, Marktbesuchern, Sportlern und Kultur am besten zusammenbringt: Ich würde unterschreiben. Sofort.

michael.weiser@kurier.tmt.de

Mehr dazu:

Rotmainhalle: Entscheidung schon jetzt

Fünf Fakten zur Rotmainhalle

Marktkaufleute zu Kompromissen bereit

Das Minuten-Protokoll der Infoveranstaltung der Stadt zur Rotmainhalle

So war die Informationsveranstaltung der Stadt

So tief ist der Graben zwischen Befürwortern und Gegnern

So haben Sportler die Rotmainhalle erlebt