Mit zunehmendem Druck und Kontrollen sollen Händlernetze enttarnt werden Polizei kämpft gegen zerstörerisches Crystal

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Die gefährliche Modedroge Crystal Meth breitet sich immer weiter aus. Sie kommt vor allem aus illegalen Laboren in Tschechien und wird über die Grenze nach Sachsen und Bayern geschmuggelt. Foto: dpa Foto: red

"Teufelszeug" nennt die oberfränkische Polizei die gefährliche Droge Crystal. Oberfranken gilt als Hauptschmuggelroute für den illegalen Stoff. Crystal kursiert auch in Kulmbachs Drogenszene. Die Polizei spricht von einer steigenden Anzahl der Delikte.

 
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Während im Jahr 2011 noch 26 Straftaten in Zusammenhang mit Crystal in der Stadt Kulmbach registriert wurden, waren es im Jahr 2012 bereits 33 und im Jahr 2013 sogar 42 Fälle. Die Zahlen des Jahres 2014 sind dem Polizeipräsidium Oberfranken zufolge noch nicht aussagekräftig. „Jedoch scheint sich der Trend weiter fortzusetzen“, lautet die Einschätzung der Polizei.

Rauschgiftdelikte fallen nicht einfach so auf: In den meisten Fällen werden sie bei Kontrollen der Polizei und durch deren Ermittlungen entdeckt. Die Aufklärungsquote ist sehr hoch und liegt bei 97,5 Prozent (2013). Deshalb ist die höhere Zahl der Rauschgiftfälle hauptsächlich auf den hohen Polizeieinsatz zurückzuführen. Im Vorjahr stellte die oberfränkische Polizei 3423 Gramm Crystal sicher, 225 Gramm mehr als 2012.

Die Kulmbacher Polizei unternehme "größte Anstrengungen" im Kampf gegen Crystal, sagt der Leiter der Kulmbacher Polizeiinspektion Gerhard Renk. Allein in diesem Jahr wurden von der Kulmbacher Polizei 14 Drogenfahrten festgestellt. Viele Einzelfälle fliegen bei den Kontrollen auf, kleine Endabnehmer. Die Polizei arbeitet intensiv daran, die Beziehungen von Konsumenten und Händlern "wie das untere Ende eines Seiles aufzudrößeln".

Crystal ist eine künstlich hergestellte Droge: N-Methylamphetamin stammt größtenteils aus tschechischen Drogenlaboren. Crystal kann das Gehirn schwer schädigen und dauerhaft Psychosen verursachen. Der Name kommt vom Aussehen der Drogen, die kleinen, weißen Kristallen ähneln.

Wie gefährlich die Drogenszene der rund 27 000-Einwohner-Stadt tatsächlich ist, sei schwer einzuschätzen, so Renk. Da müsste man mehr wissen über die beschlagnahmte Menge zum Beispiel oder die Zahl der Drogendelikte in vergleichbaren Städten.

Im Juni dieses Jahres gelang den Rauschgiftspezialisten der Bayreuther Kripo und der Staatsanwaltschaft Bayreuth ein Schlag gegen einen Kulmbacher Händlerring. Bei der Durchsuchungsaktion in Stadtgebiet und Landkreis Kulmbach wurden mehrere Personen zwischen 26 und 48 Jahren festgenommen. Sie sollen seit Dezember 2013 im Raum Kulmbach in großem Stil mit bis zu zwei Kilogramm Crystal gehandelt haben. Bei der Razzia in Kulmbach wurden neben Drogen, Waffen, Bargeld und Diebesgut sichergestellt.

Oberstaatsanwalt Herbert Potzel bestätigte am Freitag, dass vier Beteiligte festgenommen wurden und noch im Gefängnis sitzen. Die Strafkammer des Bayreuther Landgerichts werde gegen alle vier Anklage erheben. Den Beschuldigten drohen mindestens vier Jahre Haft. Die Razzia sei die größte in Kulmbach in Zusammenhang mit Crystal gewesen.

Verstöße mit anderen unerlaubten Drogen wie beispielsweise Heroin oder Kokain im Stadtgebiet Kulmbach habe die Polizei vereinzelt festgestellt und angezeigt. „Hauptsächlich konzentriert sich jedoch ein Großteil der Straftaten auf die Drogen Crystal und Cannabisprodukte“, so ein Polizeisprecher. LSD, Heroin und Kokain tauchten kaum auf in der Stadt Kulmbach, weiß auch Amtsgerichtsdirektor Christoph Berner zu berichten. Als Jugendrichter hat er mit den 14- bis 21-Jährigen zu tun, die Drogen entweder unerlaubt erwerben oder besitzen.

Dabei gehe es meistens um den Eigengebrauch und weniger um den Handel von Crystal oder Cannabis. "Verkauf oder Anbau von Drogen kommt selten vor." Allerdings gebe es eine Reihe von Leuten, die nach einer Durchsuchung ihren Drogengebrauch einschränkten oder völlig sein ließen. Berner kennt aber auch die andere Seite. "Betrübliche Einzelfälle", die er immer weiter sinken sieht. Das Gericht könne regelmäßige Haar- und Urinproben anordnen oder den Beginn einer Suchttherapie. "Wer süchtig ist, braucht fachliche Hilfe", sagt Berner, der Drogen als gesellschaftliches Problem sehr ernst nimmt. "Letztendlich bekommen wir es nur mit dem kleinen Ausschnitt eines größeren Geschehens zu tun."

Seit einigen Jahren sind in Kulmbach auch sogenannte Kräutermischungen im Umlauf, erläutert Peter Stenglein, bei der Polizei zuständig für Drogenprävention in Bayreuth und Kulmbach. Die Jugendlichen, die den Kulmbacher Busbahnhof und Bahnhof unsicher gemacht hatten, rechnet er der Drogenszene zu. Andere halten die Basteigasse in der Innenstadt für einen Szenetreff. Die „Kräuter“ seien nicht natürlich, würden vielmehr synthetisch in China und Indien hergestellt. „Beim einen führen sie vielleicht zu einem Flash, beim anderen entsteht Panik und Atemnot“, warnt der Kripobeamte. Ein Kulmbacher Arzt habe ihm unlängst gesagt, er warte nur noch auf den ersten Kräutertoten. Ohnmacht und Nierenversagen, Halluzinationen, Aggression: Stenglein kennt viele dramatische Fälle. Stenglein ist jedoch überzeugt: „Jede Suchtkarriere beginnt mit Alkohol.“ Wenn er in Schulen geht, dreht sich das Gespräch mit den Jugendlichen weniger um Substanzen. Vielmehr versucht Stenglein zu erkunden, warum Menschen nur mittels Drogen glücklich zu sein glauben. „In Wahrheit manipulieren sie ihre Gefühle."

Hinweise zu Drogenverstößen im Zusammenhang mit Schulen sind derzeit nicht bekannt.

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