Polizei entdeckt Facebook und Twitter

Von Marie-Christine Fischer
Immer mehr Polizeien gehen auf Twitter und Facebook. Vor ein paar Jahren oft noch als "Schmarrn" abgetan, erkennen jetzt nach der guten Pressearbeit in München während des Amoklaufs auch Polizeibeamte andernorts, dass es gerade zu aktuellen Einsätzen sinnvoll ist zu twittern und die Menschen über Facebook zu informieren. Foto: dpa / Montage: Julia Frankenberger Foto: red

Die unterfränkische Polizei ist seit August auf Facebook und Twitter aktiv. Die Polizeipräsidien in Oberfranken und der Oberpfalz planen, bis Jahresende nachzuziehen. Der plötzliche Eifer hat auch mit dem Amoklauf in München zu tun.

 
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Freitag, 10.15 Uhr. Anrufer melden der Polizei Schweinfurt, dass sich in der Stadtgalerie, einem Einkaufszentrum, eine dunkel gekleidete, verdächtig wirkende Person herumtreibt. Was dann passiert, darüber informiert das Polizeipräsidium Unterfranken unter dem Hashtag #StaGaSW auf Twitter: Das Gebäude wird geräumt, Straßen sind deshalb gesperrt, das Parkhaus wird dicht gemacht. Auch auf das, was andere Nutzer posten, gehen die Polizisten ein: "Bitte keine Spekulationen. Diese sorgen nur für Verunsicherung!", heißt es in einem Beitrag. Gegen 14 Uhr dann: Entwarnung, nichts Verdächtiges gefunden.

Innerhalb von vier Wochen über 10.000 Follower

Seit vier Wochen ist die Polizei Unterfranken mit Sitz Würzburg in sozialen Netzwerken vertreten. Über  10.000 Internetnutzer haben seither auf ihrer Facebook-Seite "Gefällt mir" geklickt. Über 1800 Menschen folgen ihnen auf Twitter - 300 davon haben sie an dem #StaGaSW-Freitag dazugewonnen.

Von den Zahlen ist Pressesprecher Enrico Ball "erfreut". Seit April hatte er mit Kollegen am Konzept für den Umgang mit sozialen Medien gebarbeitet. "Ich dachte erst, das sei kein Stress." Aber: Mal eben schnell ein Profil anlegen und losposten - so einfach ging es bei der Polizei dann doch nicht. Stattdessen überlegten die Mitarbeiter der Pressestelle ausführlich, welche Infos es auf welchem Kanal geben soll. Ergebnis: Während auf Facebook Prävention ("Vorsicht, Enkeltrickbetrüger") und Service ("Jetzt ist Zeit für Winterreifen") vorherrschen sollen, wollen sie auf Twitter Einsätze begleiten (etwa die Heimspiele der Würzburger Kickers).

Meistens wird geduzt

Auch über den Ton der Posts haben sich die Polizisten Gedanken gemacht. Sie entschieden sich dafür, ihre Freunde und Follower zu duzen und sich auch in der Wortwahl ein Stück weit den Gepflogenheiten der sozialen Netwerke anzupassen.  "Wir müssen vom Behördendeutsch wegkommen", sagt Ball.

Oberfranken und Oberpfalz müssen auch ran

In den kommenden Monaten wollen auch die Pressesprecher der Polizeipräsidien Oberfranken und Oberpfalz so weit sein - beziehungsweise: Sie müssen. Das bayerische Innenministerium hat verpflichtend angeordnet, dass bis Ende des Jahres alle Polizeipräsidien auf Facebook und Twitter sein müssen, wie die stellvertretende Pressesprecherin Kathrin Fändrich mitteilt. Die Planungen laufen in Bayreuth und auch in Regensburg schon länger, als es die Verpflichtung durch das Ministerium gibt.

Amoklauf und Pressearbeit in München waren Bestärkung

Der Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum in München Ende Juli, das bestätigen beide Präsidien, hat sie in ihrem Vorhaben bestärkt. "Das hat vielen die Augen geöffnet, die davor sagten, diesen Schmarren brauchen wir nicht", sagt Marco Müller, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberpfalz.

Wie der Münchner Polizeisprecher Marcus da Gloria Martins und sein Team aus der Pressestelle des Polizeipräsidiums München die Menschen in der Stadt während des Amoklaufs über Twitter informiert haben, wurde so viel gelobt, dass es den Gelobten schon fast wieder unangenehm ist. "Bei uns funktioniert auch noch viel nach der Methode 'Trial and Error'", sagt Thomas Baumann, stellvertretender Leiter der Abteilung, bescheiden.

Die Münchner waren die Ersten in Bayern

Seit September 2014 arbeiten die Münchner mit sozialen Medien, sie waren die ersten Polizisten damit in Bayern. Fazit: "An Facebook und Twitter führt heute kein Weg vorbei. Alles andere ist unprofessionell und nicht mehr zeitgemäß, zumal bei der aktuellen Terrorgefahr."

Für Baumann überwiegen die positiven Erfahrungen - wenngleich es auch negative gab: Als die Polizisten mit einem Facebook-Post ihren muslimischen Kollegen ein schönes Opferfest wünschten, brach eine nur schwer zu bändigende Diskussion los. "Erst hieß es, wo wir denn seien, dass die Polizei jetzt schon den Muslimen gratuliert. Dann hetzten Tierschützer wegen des Schächtens von Tieren." Zwei Tage lang mussten die Polizisten die Diskussion Tag und Nacht moderieren, "um wenigstens die größten Ausfälle zu verbergen."

Keine zusätzlichen Mittel

Für die Öffentlichkeitsarbeit in den sozialen Medien gab es zunächst keine zusätzlichen Mittel. "Wir mussten uns das Personal aus dem eigenen Fleisch herausschneiden." Zwischenzeitlich hat die Staatsregierung im Zuge ihres Anti-Terror-Konzepts angekündigt, weitere Stellen zu schaffen. Auch Experten für soziale Medien könnten so eingestellt werden. Mindestens drei Mann sollten es sein, empfiehlt Baumann den anderen Präsidien, "sonst ist man schnell hoffnungslos überfordert". Axt-Angriff in Würzburg, Anschlag in Ansbach. "Ein Großereignisse kann jedes Präsidium treffen", sagt Baumann - eine ausufernde Diskussion sowieso.

Bundesbereitschaftspolizei schon länger auf Twitter

(kfe). Die Bundesbereitschaftspolizei mit ihren zehn Bereichsabteilungen, darunter auch Bayreuth, ist bereits seit Mitte Mai auf Twitter (knapp 3900 Follower). Hier ist die Arbeit mit dem Netzwerk aber zentral in Fuldatal gebündelt. Das Twitter-Team der Bundesbereitschaftspolizei stehe dabei aber im ständigen Austausch mit den lokalen Bundespolizeiabteilungen und twittere anlassbezogen, stationär oder auch direkt vom Einsatzort. Zwei Beamte sind für den "Twitter-Dienst" abgestellt.

Und so sieht das dann aus:

 

 

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