Plastikteile landen in der Biotonne

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Von der Biotonne aus gelangen Plastikteilchen in Boden und Gewässer. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Von abgepackten Äpfeln bis zum eingeschweißten Salat: Wer Obst und Gemüse einkauft, nimmt oft Plastikverpackung mit. Forscher der Universität Bayreuth haben jetzt in einer Studie nachgewiesen, dass in den Biotonnen zu viele Plastikteile landen.

 
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In den Biotonnen von Privathaushalten finden sich neben organischen Abfällen auch Kunststoffe. Und das belastet die Umwelt. Viele Kommunen gewinnen aus diesen Abfällen Biogas und verarbeiten die Rückstände zu organischem Dünger. Der Dünger wird wiederum von den Landwirten auf den Feldern ausgebracht. „Wenn da erst einmal Plastik drin ist, dann bleibt es drin.“

Kompost aus ganz Bayern

Trotz umweltschonender Verfahren bleiben regelmäßig kleinste Kunststoffpartikel im Dünger zurück, wie die Untersuchung von Professor Ruth Freitag (Bioprozesstechnik) und Professor Christian Laforsch (Tierökologie) ergab. So gelangen die Plastikteile auch in Böden und Gewässer.

Die neue Studie konzentriert sich auf Mikroplastikpartikel, die zwischen fünf und einem Millimeter groß sind. Kleinere Partikel wurden nicht berücksichtigt. Sie sind aber eventuell genauso in organischen Abfällen enthalten. „Die Komposte stammten aus Biogasanlagen in ganz Bayern“, sagt Freitag über die fächerübergreifende Studie.

Eine Tonne Kompost enthält bis zu 440.000 Mikroplastikpartikel

Während sie sich für das Sortieren und die ingenieurwissenschaftliche Seite interessiert habe, verfüge der Kollege über die entsprechende Analytik, um „Störstoffe“ ausfindig zu machen. Ausgehend von den jetzt erhobenen Daten der Bayreuther Wissenschaftler, enthält eine Tonne Kompost zwischen 7000 und 440.000 Mikroplastikpartikel. Umgerechnet auf die fünf Millionen Tonnen Kompost, die in Deutschland pro Jahr erzeugt werden, könnten hochgerechnet mehrere Milliarden Mikroplastikpartikel auf diesem Weg in die Umwelt gelangen.

Besonders die organischen Abfälle aus Haushalten weisen den Forschern zufolge eine auffallend hohe Zahl an Kunststoffpartikeln auf. Die meisten dieser Teilchen bestehen aus Polystyrol oder aus Polyethylen. Das sind Materialien, die häufig für Verpackungen von Lebensmitteln und anderen Konsumartikeln verwendet werden. Oft sehe man den Partikeln an, dass es sich um Fragmente von Tüten, Beuteln und Behältern handelt, die in die Biotonnen hineingeraten sind.

Plastik kommt zum Mensch zurück

„Die kleinste Gurke wird heutzutage in Plastik verpackt“, kritisiert die Professorin. „Bringt der Mensch Plastik in den natürlichen Kreislauf ein, kommt es wieder zu ihm zurück. Was wir aber tun können, ist die Größenordnung zu reduzieren.“ In den Anlagen werde das organische Material häufig händisch grob vorsortiert. Dann werde es gesiebt und erneut sortiert. Selbst wenn die vergorenen Rückstände sorgfältig gesiebt würden, könnten Kunststoffe in der Größe von wenigen Millimetern nicht herausgefiltert werden. Organische Abfälle aus Industrie und Handel enthalten dagegen einen hohen Anteil von Polyestern. Diese Kunststoffe stammten vielfach von Behältern und Schutzhüllen, die beim Transport großer Mengen von verpackten Früchten und Gemüse zum Einsatz kommen.

Völlig anders sieht es bei Biogasanlagen aus, die sich allein auf nachwachsende Rohstoffe stützen. Hier haben die Bayreuther Forscher keine oder nur sehr wenige Kunststoffpartikel gefunden. Ähnlich verhält es sich bei Biogasanlagen, die das Gas aus der in landwirtschaftlichen Betrieben anfallenden Gülle gewinnen. Kunststoffpartikel sind hier – wenn überhaupt – nur sehr vereinzelt zu entdecken.

Gar nicht erst in den Bioabfall werfen

Wie hoch der Plastikanteil ist, hängt nicht allein von der Herkunft des Biomülls ab. Entscheidend sei zudem, wie die Abfälle aufbereitet und bearbeitet werden. „Es ist mit einem gewissen Aufwand möglich, Fremdkörper wie Kunststoffe, Metalle oder Glas bereits vor der Vergärung aus dem Gärgut auszusortieren. Besser wäre es natürlich, sie gar nicht erst in den Bioabfall zu werfen“, stellt Freitag fest. „Organische Abfälle sind eine wichtige Ressource in einer verantwortungsbewussten Kreislaufwirtschaft, die es auch zukünftig offensiv zu nutzen gilt. Unsere Studie zeigt, dass eine Verunreinigung mit Mikroplastikpartikeln weitgehend vermeidbar ist. Hierfür müssen aber Bürger und Anlagenbetreiber verantwortlich handeln“, mahnt sie.

Die steigende Belastung der Umwelt durch Kunststoffe ist schon seit mehreren Jahren ein Forschungsschwerpunkt an der Universität Bayreuth. Federführend ist hier Professor Laforsch, der unter anderem die Mikroplastik-Belastung von Flüssen und Seen in Deutschland untersucht hat. „Damit wir den Folgen dieser bedenklichen Entwicklung auf die Spur kommen und begegnen können, müssen wir zunächst einmal wissen, auf welchen Wegen die Kunststoffpartikel in die Ökosysteme gelangen“, erklärt er. „Die Ergebnisse zeigen beispielhaft, dass alle Bürger in ihrem eigenen häuslichen und kommunalen Umfeld einen Beitrag für den Naturschutz und eine ökologische Kreislaufwirtschaft leisten können.“

"Vermeiden, vermeiden, vermeiden"

Kompost entstehe auf lokaler Ebene und sei nicht Teil eines globalen Müllstroms. Zu bedenken sei, dass der Bioabfall meistens in der Erde bleibe. „Deshalb gilt vermeiden, vermeiden, vermeiden.“ Das gelte für die Verbraucher, die nur das in die Biotonne werfen sollten, was hineingehört. Auch die Anlagenbauer seien gefragt, Rückstände von Kunststoffen noch besser auszuschließen. Eine Aufgabe von Materialwissenschaftlern wäre, biologisch abbaubare Müllbeutel zu entwickeln. Nicht zuletzt könnte der Gesetzgeber das Verwenden von Plastik stärker reglementieren, ist Freitag der Ansicht.

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