Der Petitionsausschuss des Landtags muss entscheiden Pferdehof: Vorwürfe gegen Ministerium und Stadt

Von Frank Schmälzle
Von dem einstigen Hof am Sorgenfliehweg ist nicht mehr viel übrig. Ein Architekt will dort eine Pferdepension aufbauen. Nach einem Ortstermin im November stimmte der Bauausschuss diesem Vorhaben zu. Eine Baugenehmigung ist aber noch nicht erteilt. Foto: Wittek Foto: red

Was nicht passt, wird passend gemacht. Dieser Vorwurf wiegt schwer, er richtet sich gegen das Bayerische Landwirtschaftsministerium und gegen die Stadtverwaltung Bayreuth. Worum es geht? Um eine geplante Pferdepension für bis zu 25 Tiere am Sorgenfliehweg, am südlichen Rand der Stadt. Und darum, wer mitmischt, damit diese Pferdepension gebaut werden kann. In einem Landschaftsschutzgebiet.

 
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Vergangene Woche im Bayerischen Landtag: Der Petitionsausschuss tritt zusammen. Es geht um die umstrittene Pferdepension in Bayreuth, die Petition hatte der Bund Naturschutz (BN) eingereicht. Weil ihrer Meinung nach das Landschaftsschutzgebiet Vorrang hat. Aber auch, „weil wir den Genehmigungsweg nachvollziehen wollen“, sagt BN-Kreisgeschäftsführer Peter Ille. Die Sache ist komplex, sagt Ille. Und der Genehmigungsweg zumindest ungewöhnlich. Ille hat ein Schreiben vorliegen, dass er in weiten Teilen für fundiert hält. Wer es verfasst hat, weiß Ille nicht. Was drin steht, hält er für brisant.

Kritik am Ministerium: In dem Schreiben heißt es zum Beispiel, dass das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bayreuth das Projekt nicht befürwortet hatte. Das bestätigt das Amt auf Kurier-Anfrage. Im April und noch einmal im Dezember 2013 habe man festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Privilegierung in diesem Fall nicht gegeben seien. Aber nur wenn ein Projekt als privilegiert anerkannt wird, darf ein Antragsteller im Außenbereich bauen. Der Sorgenfliehweg ist Außenbereich.

Am 31. Juli 2014, sagt die Bayreuther Landtagsabgeordnete Ulrike Gote (Die Grünen) setzt das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten genau diese Entscheidung seines eigenen Amtes außer Kraft. „Und das obwohl, der Antragssteller kein Landwirt ist, qualitativen und quantitativen Auswirkungen des Betriebs und des Tierbestands auf den Wasserhaushalt und den Baumbestand zu erwarten sind.“ Ob es häufiger vorkommt, dass ein Ministerium die Entscheidung seiner Außenstelle vor Ort kassiert? „Vor allem dann, wenn jemand ein Interesse daran hat. Wenn jemand nachbohrt“, sagt Gote. Der Antragssteller also, der gute Kontakte haben soll. Nach Kurier-Informationen ist der Bescheid aus dem Ministerium an das Bayreuther Amt wachsweich. Viele Konjunktive, viele Vorbehalte.

Das Ministerium stellt die Angelegenheit vor dem Petitionsausschuss inzwischen ohne Konjunktive dar: Aufgrund der vorhandenen landwirt-schaftlichen Flächen im Eigentum des Antragstellers handele es sich bei der geplanten Pferdehaltung um landwirtschaftliche Tätigkeit. Maschinen sind vorhanden. Der Antragsteller, im Hauptberuf Architekt, sei qualifiziert, eine Pferdepension zu betreiben. Die baurechtlichen Voraussetzungen seien gegeben. Also: grünes Licht.

BN-Kreisgeschäftsführer Peter Ille stellt fest: Zwischen der Ablehnung in Bayreuth und der Zustimmung aus München ist viel geschehen. Aus einer Hofstelle mit wenigen Pferden sei eine ganze Pferdepension geworden. „Diese Aufwertung ist unserer Meinung nach geschehen, um das Projekt als landwirtschaftlichen Betrieb genehmigungsfähig zu machen.“ Und weil ein solcher Betrieb eine Aussicht haben muss, wirtschaftlich arbeiten zu können, lohne sich der Blick auf die geplante Investition. Von 550 000 Euro gehe der Antragssteller aus, Ille hat Zweifel. Unter 700 000 Euro gehe nichts, das hätten ihm erfahrene Landwirte bestätigt. Die Kosten seien also geschönt. Aus dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten war gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Die Pressestelle des Ministerium stellte sie für heute in Aussicht.

Kritik an der Stadtverwaltung: Im November 2014 hat der Bauausschuss des Stadtrates den Aus- und Umbau des alten Hofes am Sorgenfliehweg zur Pferdepension genehmigt. Auf ausdrückliche Empfehlung des Rechtsreferenten Ulrich Pfeifer, sagt Stadtrat und Bauauschussmitglied Stefan Schlags (Die Grünen und Unabhängigen). „Die Mehrheit hat sich leider davon beeindrucken lassen, dass im Fall einer Ablehnung ein Prozess droht, den die Stadt verlieren könnte.“ Mit einer Anfrage an die Oberbürgermeisterin will Schlags, Ehemann der Grünen-Landtagsabgeordneten Ulrike Gote, nun den Lauf der Dinge klären: Stimmt es, dass die Stadt ein Vorkaufsrecht genutzt, drei Hektar Land in der Nähe der geplanten Pferdepension gekauft und sie an den Antragsstelle weiterverkauft hat? „Wenn das der Fall ist, hätte die Verwaltung ein Gremium des Stadtrates reingelegt. Sie hätte dem Bauausschuss erklärt, dass es zu einer Genehmigung des Projektes keine Alternative gibt. Und zuvor hätte sie gehandelt, um dem Antragssteller auf die Sprünge zu helfen.“ Der braucht das Land für seine Pferdepension.

Rechtsreferent gibt Kontra: „Stimmt nicht. Das ist eine unhaltbare Behauptung“, sagt Rechtsreferent Ulrich Pfeifer. Keinen Quadratmeter habe die Stadt an den Antragssteller verkauft. Damals nicht, heute nicht und auch in der Zukunft nicht. Er habe dem Bauausschuss nach dem eindeutig positiven Votum aus dem Ministerium empfehlen müssen, dem Projekt auch seinerseits zuzustimmen. „Ich habe mich daran zu halten, was das Ministerium vorgibt. Denn wir in der Stadtverwaltung können nicht prüfen, ob ein Vorhaben privilegiert ist.“

Scharf weist Pfeifer Spekulationen zurück, er habe aufgrund persönlicher Verbindungen zu dem Antragssteller dessen Vorhaben gefördert. „Diese Behauptung ist sogar noch übler als die Unterstellung, wir hätten ein Stadtratsgremium ausgetrickst.“ Er habe keinerlei persönlichen Kontakt zu dem Architekten, der die Pferdepension am Sorgenfliehweg aufbauen will. Einziger Berührungspunkt: „Wir waren vor Jahrzehnten auf derselben Schule. Aber nicht einmal in der gleichen Klasse.“

Das sagt der Bauherr: Klaus Peter versteht die Welt nicht mehr. Warum gibt es um die Pferdepension, die er am Sorgenfliehweg aufbauen will, ein solches Geschrei? Vor ein paar Monaten war er bei einer Tagung des Amtes für Ernährung und Landwirtschaft in Bayreuth. Dort erfuhr er: Das Amt will die Grünlandbewirtschaftung fördern. Das Amt begrüßt es, wenn alte Höfe wieder aufleben. Das will er tun. Aber genau dieses Amt hatte sein Projekt nicht gutheißen wollen, sagt Peter.

Das haben dann die Experten des Pferdezentrums des Landwirtschaftsamtes in Fürstenfeldbruck getan. Die kamen laut Peter zu dem Ergebnis: Dieses Vorhaben wird nicht nur rentabel sein. Es ist auch ein privilegiertes Projekt im Außenbereich. Es kann gebaut werden.

Wie die Sache weitergeht: BN-Kreisgeschäftsführer Peter Ille nennt es „einen Achtungserfolg“. Der Petitionsausschuss habe die Anfrage nicht verworfen, sondern komme zu einem Ortstermin nach Bayreuth. Wenn die Ausschussmitglieder zu dem Ergebnis kommen, die Baugenehmigung für die Pferdepension sei rechtens, werde der BN dies akzeptieren. „Aber ich möchte die Frage geklärt wissen, ob in dieser Sache tatsächlich alles so ablief, wie es sich gehört.“ Ein Termin für den Bayreuth-Besuch des Petitionsausschusses soll noch in dieser Woche festgelegt werden, sagt die Landtagsabgeordnete Ulrike Gote.

Bis zu der Entscheidung des Petitionsausschusses wird die Stadtverwaltung die Baugenehmigung für die Pferdepension nicht erteilen. Sollte der Ausschuss die Eingabe als gerechtfertigt ansehen, entstehe eine neue Situation, heißt es aus dem Rathaus. Dies würde dann neue Prüfungen nach sich ziehen.

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