Stadtdirektor Ulrich Pfeifer soll Rechte bekommen, die kein anderer Referent in Bayreuth hat Pfeifer: Mehr Macht für den Mächtigsten

Von Thorsten Gütling
Stadtdirektor Ulrich Pfeifer bei einer Bürgerversammlung im vergangenen Jahr. Der 63-Jährige ist der ranghöchste Beamte der Stadt Bayreuth. Und seine Macht könnte gegen Ende seiner Karriere noch einmal wachsen. Foto: Archiv/Andreas Harbach Foto: red

Es ist ein Paukenschlag in der Sommerpause. Der bis heute mächtigste Beamte der Stadt soll noch mächtiger werden. Offenbar gegen den Willen von Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe wollen die Fraktionen von CSU, SPD, FDP und Junges Bayreuth Stadtdirektor Ulrich Pfeifer zum berufsmäßigen Stadtrat wählen. Als einziger Referent hätte Pfeifer dann Rede- und Antragsrecht im Stadtrat. Und würde dem Gremium, anstatt im übernächsten Jahr in Ruhestand zu gehen, für weitere zweieinhalb Jahre erhalten bleiben.

 
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Der Antrag, der Pfeifers Aufwertung und Erhalt fordert, trifft die Oberbürgermeisterin im Urlaub. Und Brigitte Merk-Erbe zeigt sich verwundert. Sowohl was den Zeitpunkt als auch was die Eile betrifft, mit der in Bayreuth eine Stelle geschaffen werden soll, die es seit nunmehr 28 Jahren nicht mehr gegeben hat. „Ich bin seit Donnerstag im Urlaub. Der Antrag ging am Montag ein“, sagt Merk-Erbe. Und: Warum Pfeifers Weiterbeschäftigung über die Altersgrenze hinaus mit einer Berufung verknüpft werden soll „erschließt sich mir so nicht“.

Den Sachverstand erhalten

Wie es dazu kam, erklären die Antragsteller damit, dass man den Sachverstand Pfeifers möglichst lange für Stadtrat und Verwaltung erhalten wolle. Pfeifers Dienstzeit endet offiziell im März 2020 und bei der Ausschreibung der jüngsten Referentenstellen habe man erlebt, was gemeinhin als Fachkräftemangel bezeichnet werde, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Bauske. Demnach hätten die Profile der Bewerber oftmals nicht den Erwartungen des Stadtrats entsprochen. Die Stelle des Sozialreferenten musste gar ein zweites Mal ausgeschrieben werden, ehe sich mit Manuela Brozat eine geeignete Bewerberin gefunden habe. Und beim Rechtsreferat, das Pfeifer leite, handle es sich schließlich um das Schlüsselreferat innerhalb der Stadtverwaltung, sagt CSU-Fraktionschef Stefan Specht.

Stephan Müller, Vorsitzender der BG-Fraktion, die die Oberbürgermeisterin stellt, widerspricht. Die jüngst erfolgten Neubesetzungen zeigten, dass ein problemloser Wechsel in der Spitze eines Referats möglich sei.

Generationswechsel auf der Referentenbank

Tatsächlich vollzieht sich auf der Bayreuther Referentenbank gerade ein Generationswechsel. Erst vor wenigen Monaten musste der Stadtrat neben dem Posten des Sozial- auch den des Stadtbaureferenten neu besetzen. Im Januar endet außerdem der Vertrag mit Kulturreferent Fabian Kern. Ob die Stelle überhaupt noch einmal ausgeschrieben wird, steht noch nicht fest. Danach stünde der Abschied des Stadtdirektors an, ein Jahr später wäre Umwelt- und Verkehrsreferent Ludolf Tyll an der Reihe. Zu wichtige Personalentscheidungen gleich zu Beginn für einen nach der Kommunalwahl im Frühjahr 2020 verjüngten Stadtrat, findet Bauske. Immerhin rechnet FDP-Sprecher Thomas Hacker damit, dass ein Viertel der amtierenden Stadträte zur nächsten Wahl nicht mehr antritt. Genauso ungünstig sei es, dem Gremium diese Entscheidung noch kurz vor der Stadtratswahl vorwegzunehmen. Und klar, hätte man den Antrag auch erst im nächsten oder übernächsten Jahr stellen können. Dann aber wäre das Gremium in seiner neuen Zusammensetzung noch zu lange an die Personalentscheidung gebunden gewesen, sagt Bauske.

Pfeifer soll den Anfang machen

Neben Bayreuths Problemen bei der Personalsuche macht der Antrag aber noch etwas anderes deutlich. Im Stadtrat macht der Plan die Runde, die Referate neu zu ordnen. Und Pfeifers Wahl könnte dafür den Anfang bilden. Bayreuth leiste sich schließlich zwei Referenten mehr als Bamberg, sagt Stefan Schuh, Stadtrat der Fraktion Junges Bayreuth, und spricht von einem „großen Verwaltungswasserkopf“, der sich ausgebildet habe. Eine Umstrukturierung könne demnach nicht nur Kosten sparen, sondern die Stadtratsarbeit „um Sichtweisen bereichern“, sie „dynamischer“ machen und zu guter Letzt auch „politischer“.

Pfeifer soll im November auf fünf Jahre gewählt werden

Genau das befürchtet auch BG-Sprecher Müller. Denn das Einzige, worum es bei der Wahl Pfeifers zum berufsmäßigen Stadtrat gehe, sei, dass dieser reden und Anträge stellen dürfe. „Wenn Pfeifer über das Erreichen der Altersgrenze hinaus seine derzeitige Position beibehalten möchte, ist dies nach dem Bayerischen Beamtengesetz jederzeit möglich“, sagt Müller. Dadurch, dass der Antrag bereits jetzt gestellt werde, öffne man Spekulationen Tür und Tor.

Es ginge auch anders

Tatsächlich könnte Pfeifer dem Stadtrat auch ohne eine Aufwertung erhalten bleiben. Nach dem Bayerischen Beamtengesetz könnte das Gremium Pfeifers Vertrag ab März 2020 insgesamt drei Mal für je ein weiteres Jahr verlängern. Immer vorausgesetzt, dafür fände sich eine Mehrheit im Stadtrat, könnte Pfeifer so bis März 2023 als Stadtdirektor im Amt bleiben. Das wäre sogar noch ein Vierteljahr länger, als es die Antragsteller jetzt planen. Dem Antrag zufolge soll Pfeifer im November auf fünf Jahre gewählt werden.

Niemand will Merk-Erbe ärgern

„Die Oberbürgermeisterin zu ärgern, steht nicht im Vordergrund unserer Entscheidung“, sagt Stadtrat Schuh und schiebt eilig hinterher: „Es ist auch kein Nebeneffekt.“ Ein wenig tiefer blicken lässt Stefan Specht, wenn er von einem „Beitrag, der die politische Kultur und Auseinandersetzung bereichern wird“ spricht. Und davon, dass Redebeiträge Pfeifers von der Oberbürgermeisterin künftig nicht mehr abgewürgt werden könnten, wie in einer Diskussion über den idealen Standort des Möbelriesen Lutz geschehen. Damals wurde offensichtlich, dass sich Merk-Erbe und Pfeifer nicht einig waren; und die Oberbürgermeisterin stimmte schließlich gegen einen von ihr selbst unterzeichneten Verwaltungsvorschlag. Eine alljährliche Dienstzeitverlängerung Pfeifers sei alleine schon deshalb keine Option, weil man ihn sich ganz bewusst in der Position des berufsmäßigen Stadtrats wünsche, sagt Specht. Ob das Dienstverhältnis des Stadtdirektors andernfalls drei Mal verlängert würde, sei aufgrund unvorhersehbarer Stimmenverhältnisse im künftigen Stadtrat reine Spekulation.

Pfeifer hält sich zurück

Und Pfeifer selbst? Der beruft sich darauf, dass er um Vertraulichkeit gebeten worden sei und sich daran halte. Er sei vor einigen Monaten von den Fraktionen gefragt worden, ob er zur Verfügung stünde und habe sich unter der Voraussetzung bereit erklärt, dass eine Mehrheit im Stadtrat das möchte. Er kenne den genauen Inhalt des Antrags außerdem nicht und könne sich schon alleine deshalb nicht dazu äußern. Auch von welchen Fraktionen er angesprochen wurde, will Pfeifer, selbst seit Jahrzehnten SPD-Mitglied und einst Bürgermeisterkandidat gegen Michael Hohl, nicht sagen. Genauso wenig, ob es vorab ein Gespräch mit der Oberbürgermeisterin über einen anderen Weg der Dienstzeitverlängerung gegeben habe.

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