Janina Nagel, eine Pegnitzerin und 2009 Mitglied im ersten Pegnitzer Jugendrat, lebt seit März dieses Jahres zusammen mit ihrem Freund in Berlin. Sie ist als Sozialversicherungsfachangestellte Kundenberaterin bei der AOK. „Was mich am meisten aufgeregt hat, ist, dass gerade eine Zeitung wie die SZ, die ja eigentlich ein anderes Leserniveau hat, sich an solchen Äußerungen beteiligt“, sagt Nagel.

Aktion wurde auf Twitter gestartet

Wir versuchen seit Geburt von dem Wort „Zwerg“ wegzukommen und eine Zeitung macht alles wieder kaputt“, so die junge Frau weiter. Was das Schlimme für sie und ihren Freund sei, dass es sich eigentlich um legitime Begriffe handle. „Aber das ist ja, als wenn man einen Schwarzen als Nigger bezeichnet“, ist Nagel sauer. Der Bundesverband kleinwüchsiger Menschen und ihrer Familien (BKMF), aber auch viele normalwüchsige Menschen haben sich darüber empört und eine aufsehenerregende Aktion via Twitter und Facebook gestartet.

Unterstützt wurde die Aktion von Ninia La Grande – eine prominente, kleinwüchsige Autorin und Moderatorin. Sie rief dazu auf, dass alle Betroffenen sich mit dem gleichen Schild – Kein Zwerg, Mensch – zeigen. Das haben Janina Nagel und ihr Freund auch gemacht. Und die Resonanz war groß. „Da haben wir erst einmal gesehen, wie viele Freundschaften wir auf Facebook haben“, ist die 24-Jährige immer noch begeistert. Die Solidarität war riesig. „Die erste war eine Kollegin von der Arbeitsstelle, wo ich erst seit März bin“, erinnert sie sich.

Diskriminierende Äußerungen

Im Alltag begegnet Nagel immer wieder diskriminierenden Äußerungen, was ihre Kleinwüchsigkeit angeht. „Aber ich reagiere eigentlich nur, wenn es wirklich böse ist“, sagt sie. Was sie erschreckt, wenn die Kommentare von Kindern kommen und sie merkt, dass die von ihren Eltern aufgestachelt wurden. „Guck mal, der fette Arsch – solche Ausdrücke habe ich als Kind nicht gekannt“, sagt Nagel. Ansonsten hat sie gelernt, Beleidigungen nicht mehr zu hören. Auch als Kind hat sie das nicht so mitbekommen. Das kam erst mit der Pubertät, als die anderen auf einmal gewachsen sind, die ersten Freunde und Freundinnen kamen.

Den Umgang mit ihrer Kleinwüchsigkeit hat Janina Nagel auch durch den BKMF gelernt, der einmal im Jahr ein deutschlandweites Treffen für alle organisiert, für Jugendliche auch unter dem Jahr. „Mir hat es auch geholfen, dass mein Freund kleinwüchsig ist“, sagt sie. Mit ihm und anderen „Gleichen“ hilft der Austausch.

Gleich eine Entschuldigung gewünscht

Von der Süddeutschen Zeitung hätte sich Nagel gewünscht, dass gleich eine Entschuldigung kommt, dass sie reagiert. Aber das ist erst passiert, als die Bildzeitung auf die Sache aufmerksam wurde und darüber berichtet hat. Dann erst habe auch die SZ reagiert und sich entschuldigt.

"Der eigentliche Erfolg für uns war, dass die Solidarität bei der Aktion so groß war, dass allein 300 Kleinwüchsige sie mit einem Bild unterstützt haben“, sagt Michel Arriens, Vorstandsmitglied des Bundesverbands kleinwüchsiger Menschen und ihrer Familien (BKMF). Ursprünglich ist die Kein-Zwerg-Aktion von Twitter ausgegangen, wo der Beitrag rund 500 mal retweeted wurde, so Arriens. Auf Facebook gab es an die 10 000 Likes. Eine Bild-Redakteurin wurde dann darauf aufmerksam, erzählt er. Und zusammen mit Ninia La Grande hat Arriens dann eine Beschwerde an den Presserat eingereicht. Bislang wurde diese aber noch nicht behandelt. „Dann hat die SZ reagiert und sich online entschuldigt“, so Arriens weiter. Seiner Meinung nach wollte die Tageszeitung so einen Shitstorm abwenden.