Paul Hanf: Karriereende mit 21 Jahren

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Paul Hanfs letzter Wettkampf: Bei der Sommer-DM der Kombinierer in Oberstdorf erreicht der Warmensteinacher Rang zehn. Foto: imago Foto: red

Deutscher Newcomer des Jahres, ein Hoffnungsträger für die deutschen Kombinierer und Aushängeschild seiner Heimatregion Fichtelgebirge – sein Weg in Richtung nationale Spitze schien vorgezeichnet, sogar die Weltelite war nicht außer Reichweite. Paul Hanf wollte in die Phalanx der Frenzels, Rydzeks, Kircheisens, Edelmanns oder Rießles einbrechen. Nun ist der Warmensteinacher selbst eingebrochen – Karriereende mit 21 Jahren.

 
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Der Grund: Kapitulation vor dem eigenen Körper. Es ist das linke Knie. Das kommt nicht zur Ruhe. Seit drei Jahren laboriert der ehemalige Junioren-Vizeweltmeister nun schon an einem Belastungssyndrom. Immer wieder Zwangspausen, kein kontinuierliches Training. Gerade die für den Sprung so elementaren Krafteinheiten werden unmöglich. Punktuell stellt sich zwar Besserung ein, die Schmerzen aber kehren immer wieder zurück und werden chronisch. Mit dem Kampf gegen die Schmerzen beginnt ein Kampf in seinem Kopf. „Zum Schluss war jeder Tag eine Qual. Lust und Motivation sind auf der Strecke geblieben – und irgendwann stellst du dir die Sinnfrage.“

"Mein Lebensinhalt, mein Mittelpunkt"

Die hat Paul Hanf nun beantwortet. Leicht gemacht hat er es sich nicht. Wie auch? „Die Nordische Kombination war mein Lebensinhalt, mein Mittelpunkt.“ Und so beginnt ein Wochen andauernder Prozess. Der Warmensteinacher hat lange mit sich gerungen, Freunde, Trainer, Eltern und Ärzte konsultiert. Das Ergebnis seiner Entscheidungsfindung: „Es hat keinen Sinn mehr. Ich hätte natürlich einmal ein halbes Jahr pausieren können, aber auch das wäre keine Garantie dafür gewesen, dass es danach besser wird.“ Deshalb macht er Nägel mit Köpfen.

Das sei einerseits schade, sagt sein Trainer Nico Reichenberger, andererseits zeuge der Entschluss auch von einer gewissen Reife und starken Persönlichkeit. „So konsequent wie ich ihn in den letzten vier Jahren als B-Kader-Trainer und sein Ausbilder bei der Bundespolizei kennengelernt habe, so konsequent hat er nun auch diese Entscheidung getroffen.“ Zweifelsohne, so ergänzt der frühere Oberwarmensteinacher, gehe dem Deutschen Skiverband ein Hoffnungsträger verloren. An sein Potenzial habe er Hanf während des Entscheidungsprozesses auch noch einmal erinnert, sagt der 46-Jährige. Zu überreden versucht, so betont er im selben Atemzug, habe er ihn aber nicht. „So etwas ist auf einer gewissen Leistungsebene nicht sinnvoll und dann eher kontraproduktiv.“

Erstaunlich aufgeräumt

Wenige Tage nach seinem Entschluss präsentiert sich Paul Hanf erstaunlich aufgeräumt. Selbst Wettbewerbe seiner nun ehemaligen Mannschaftskameraden im Fernsehen kann er sich anschauen, ohne besonders sentimental zu werden. Ein bisschen ungewohnt sei das, seine Teamkameraden aus dieser Warte zu verfolgen: „Aber es ist jetzt nicht so, dass ich mich unter der Decke verkriechen muss und nur mit einem Auge auf den Bildschirm schaue.“

Dass Paul Hanf so gelassen mit der Situation umgeht und es sogar schafft, ein wenig Aufbruchsstimmung zu versprühen, liegt an seinem positiven Naturell. Er blickt nach vorne, freut sich auf einen nun ganz neuen Lebensabschnitt. Der wird zunächst einmal geprägt sein von seiner Ausbildung zum Bundespolizisten in Bad Endorf am Chiemsee. Hat er diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, kann er sich durchaus vorstellen, seiner großen sportlichen Liebe wieder mehr Raum zu geben, irgendwann nebenbei vielleicht sogar als Trainer zu arbeiten. „Natürlich, warum nicht. Ich bin da ganz offen.“

Spätere Trainerkarriere?

Dem deutschen Kombinierer-Nachwuchs würde ein Trainer wie Paul Hanf sicher gut tun. Nicht nur fachlich. Denn er hat in Anbetracht des Kampfes um Medaillen, Pokale und Punkte etwas Wesentliches anscheinend nicht aus den Augen verloren. Gefragt danach, was ihm am nachhaltigsten aus seiner Laufbahn in Erinnerung bleiben wird, antwortet er: „Vor allem diese überragende Zeit – mit meinen Teamkollegen, aber auch mit den Athleten anderer Nationen. Diesen Spaß, den wir zusammen hatten, ungeachtet aller Rivalität. Das alles nimmt mir keiner mehr.“

Trotz seiner erst 21 Jahre hat es Paul Hanf auf eine längere Liste an Erfolgen gebracht. „Für mich herausragend“, sagt er, „war vor allem die Silbermedaille bei der Junioren-WM 2015 in Almaty.“ Hinter Österreich, aber noch vor den Norwegern kam die deutsche Staffel damals als Zweite ins Ziel. Die kasachische Millionenstadt hatte sich für den Warmensteinacher schon vorher als gutes Pflaster erwiesen. Denn hier feierte er im Jahr 2013 als 18-Jähriger sein Weltcup-Debüt. Damals verpasst er als 31. die Punkteränge nur um Haaresbreite. Mehrere Top-Ten-Platzierungen beim Continentalcup, darunter fünfte Ränge in Klingenthal und Planica, und weitere Weltcup-Starts brachten Paul Hanf 2015 den Titel „Newcomer des Jahres“.

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