Papier schöpfen wie die alten Chinesen

Von Gabi Fölsche
Auf einer ehemaligen Lederpresse wird das Wasser aus dem geschöpften Papier gepresst. Rechts im BIld Dozent Wolfgang Lukas.⋌Foto: Gabi Fölsche Foto: red

Wer Papier von Hand schöpfen will, muss entschleunigen: Bei den Sommerkunstwochen erfuhren die Teilnehmer von Papiermacher Wolfgang Lukas, wie man vom Holz zum Papier gelangt.

 
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Lukas steht mit Claudia Jobst vor dem großen schwarzen Bottich, in dem sich eine weißliche, wabernde Masse befindet. Die Buchauerin taucht den Rahmen, unter dem sich ein Sieb befindet, ein. Schöpft den bereits gelösten Zellstoff heraus. „Langsam nach oben heben, jetzt beruhigen lassen und entwässern.“ Danach kommt auf den Rahmen mit der Masse ein Filz. Erst mit Gefühl und dann mit Druck wird das restliche Wasser mittels eines Nudelholzes (Gautschen) herausgepresst.

Im besten Falle, so der Plan, bleibt beim schwungvollen Wenden des Rahmens nun der verdichtete Zellstoff noch feucht am Filz hängen. Susanne Tomis-Nedvidek aus Bad Berneck bringt ihr Werkstück nun zur Presse. Mit Kraftaufwand dreht sie die große Kurbel, während Lukas peinlichst darauf achtet, dass die dünne Platte ohne Falten den Pressvorgang durchläuft. Ja, Papiermachen ist Handarbeit und auch mal anstrengend. Jetzt noch zwei Mal bei über 100 Grad durch den Trommeltrockner und fertig ist das Stück Papier.

Verschiedene Papiersorten

Zwei Sorten Papier wurden in drei Kursen für Erwachsene und Kinder in den Werkräumen der Oberen Schule hergestellt. „Wir machen geleimtes Papier für die Verwendung von feuchten Schreib- beziehungsweise Malgeräten wie Füller, Filzstift, Wasser- oder Aquarellfarben. Aber auch ungeleimtes Papier, das mit Blei, Farbstift oder Wachsmalkreide beschriftet werden kann“, erklärt der Papiermacher. Auch wenn das ungeleimte Papier nicht so vielseitig beschreib- und bemalbar ist, sind sich die Teilnehmer doch einig darüber, dass es mit seiner groben Maserung schöner, antiker aussieht.

Dozent Lukas erläutert, dass die Idee zu dem Workshop „Papiermachen“ am Stammtisch in der Kommunbräu mit der Organisatorin der Sommerkunstwochen, Jutta Lange, geboren wurde. „Ich habe mich gerne angeboten“, sagt der Kulmbacher, der anstatt Honorar zu verlangen um Spenden für den Paul-Gerhardt-Kindergarten bittet.

„Die Papierpresse war einst eine Lederpresse, die 1912 hergestellt wurde. Ich habe sie für 80 Euro erwerben können und mit Hilfe von Kollegen für diesen Zweck umbauen können“, sagt Lukas. Den Trommeltrockner habe er von der Uni in Darmstadt leihen können, freut er sich.

Lukas erläutert, dass es sich bei dem Grundmaterial für die Papierherstellung um gebleichten und gemahlenen Fichtenholzzellstoff handelt. „Auf jedes Gramm des Rohstoffes kommt zum Lösen ein Liter Wasser“, erklärt er. Die Ursprünge der Papiermacherei seien in China zu finden. „Der chinesischer Minister Tsai Lun gilt als Erfinder des Papiers. Neuesten Erkenntnissen zufolge ist diese hohe Kunst jedoch weit älter. Ausgrabungen zufolge wurden Funde auf das Jahr 100 vor Christus datiert.“

Das erste selbst geschöpfte Papier

Nach gut einer Stunde halten alle Teilnehmer ihr erstes selbst geschöpftes Papier in der Hand. Susanne Tomis-Nedvidek sagt: „Ich habe bisher ein geleimtes Exemplar. Ich möchte es für das Malen von einem Aquarell oder für Kalligrafie nutzen. Es werden sicher noch mehr Blätter entstehen“, ist sie überzeugt. Aber auch an dem ungeleimten Papier möchte sie sich noch versuchen. Die Bad Berneckerin ist ein Fan der Sommerkunstwochen: „Ich habe schon am LP-Coverpainting und an der Vedutenmalerei teilgenommen“, erzählt sie. Elisabeth Burkholz begutachtet gerade ihr Blatt: „Mich hat die alte Technik des Papierschöpfens schon immer interessiert. Das ungeleimte Papier hat eine viel schönere, gröbere Struktur. Schade, dass es nicht mit Tinte beschreibbar ist“, sagt die Kulmbacherin.

Ganz andere Wertigkeit

Zusammen mit ihrem Mann nimmt Claudia Jobst aus Buchau an dem Kurs teil. „Eigentlich wollte mein Mann mit unserem Sohn hierher kommen, heute morgen hat der beschlossen, mit seinem Freund etwas zu unternehmen, dafür bin ich nun da“, nimmt sie es mit Humor und lacht. „Ich habe mich entschlossen, mit meinem selbst hergestellten Papier einer guten Freundin einen Brief zu schreiben, nicht dass das Papier am Ende für ewige Zeit in der Schublade verschwindet“, sagt Claudia Jobst. Auch Tischkärtchen und andere Basteleien können daraus entstehen, so ihre Überlegung. Sie freut sich über die guten Ergebnisse, die heute erzielt worden sind: „Alles was man selbst herstellt, bekommt doch eine ganz andere Wertigkeit.“

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