Oberfranken: 50.000 Jobs in zehn Jahren

Das Industriegebiet Bayreuth-Bindlach: In den vergangenen zehn Jahren entstanden in Oberfranken rund 50000 neue Arbeitsplätze. Foto: Archiv Foto: red

Genau 50.141 Arbeitsplätze sind in den vergangenen zehn Jahren in Oberfranken neu entstanden, meldet die Industrie- und Handelskammer (IHK) für Oberfranken Bayreuth. Für dieses Jahr erwartet sie einen neuen Rekord an Beschäftigten.

 
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Zum Vergleich: 2016 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Stadt Bamberg laut IHK bei 53.070, etwas weniger, 46.269, sind es in der Stadt Bayreuth. 2016 verzeichnete Oberfranken insgesamt 417.401 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Nur einmal lag deren Zahl höher, nämlich 1992, als Oberfranken stark von der Wiedervereinigung und der Öffnung der deutsch-tschechischen Grenze profitierte. "Ich rechne fest damit, dass der bisherige Beschäftigtenrekord von 419.583 noch in diesem Jahr übertroffen wird", wird IHK-Präsidentin Sonja Weigand in einer Mitteilung zitiert.

Seit 2007 gab es demzufolge nur ein Jahr mit einer rückläufigen Beschäftigtenzahl. "Dies war der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2007 geschuldet, die erst 2009 auf die Beschäftigtensituation durchschlug", wird Malte Tiedemann, Konjunkturreferent der IHK für Oberfranken Bayreuth zitiert. Den höchsten Beschäftigtenzuwachs gegenüber dem Vorjahr verzeichnete der Wirtschaftsraum Oberfranken 2011 mit einem Plus von 10.832. Im Jahr 2016 lag der Zuwachs bei immerhin 5.419 Mitarbeitern.

Einzelhandel ist größter Arbeitgeber

Größter Arbeitgeber ist laut IHK der Einzelhandel mit 33.978 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, gefolgt vom Gesundheitswesen mit 31.095 Beschäftigten. Die öffentliche Verwaltung kommt auf 19.638 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, dicht gefolgt von den Herstellern von Kfz-Teilen, dem Ausbaugewerbe und dem Maschinenbau. Diese Reihenfolge hat sich in den vergangenen zehn Jahren nicht geändert.

Boom im Sozialwesen

Mit 8029 war die Beschäftigtenzunahme seit 2007 im Sozialwesen am höchsten, insbesondere im Bereich der Betreuung älterer und behinderter Menschen oder der Tagesbetreuung von Kindern. Hier spiegeln sich einerseits die demografischen Veränderungen wider, andererseits der deutlich gestiegene Stellenwert der Kinderbetreuung. Gerade letzteres ermöglicht es vielen Frauen überhaupt erst, eine Beschäftigung aufzunehmen.

Überalterung der Gesellschaft

Auch der Zuwachs im Gesundheitswesen um 5959 ist vor allem auf die zunehmende Überalterung der Bevölkerung zurückzuführen. Mit 4374 Mitarbeitern legte auch der Einzelhandel ordentlich zu. Tiedemann schränkt hierzu allerdings ein, dass dieses Plus vor allem auf die steigende Zahl von Teilzeitbeschäftigten zurückzuführen ist.

Absolut gesehen besonders hohe Steigerungsraten verzeichneten außerdem die Speditionen, der Maschinenbau, wirtschaftsnahe Dienstleistungen, der Sektor "Gebäudebetreuung, Garten- und Landschaftsbau", das Ausbaugewerbe und die Hersteller von Metallerzeugnissen.

Es gab aber auch Branchen, die vom allgemeinen Aufschwung nicht profitieren konnten, vor allem die Glas- und Keramikhersteller. Hier ging die Beschäftigtenzahl um 2631 zurück. Betroffen waren außerdem die Textilunternehmen, die Hersteller von elektrischen und optischen Erzeugnissen, aber auch die Finanzdienstleistungen und das Druckgewerbe.

Mitarbeiterzahl verdoppelt

Prozentual den höchsten Zuwachs mit 150 Prozent verzeichnet der Wirtschaftszweig "Unternehmensführung, Public Relations und Unternehmensberatung". 2016 waren dort 5401 Beschäftigte tätig. Ihre Mitarbeiterzahl mehr als verdoppelt haben in den vergangenen zehn Jahren außerdem das Sozialwesen, unternehmensnahe Dienstleistungen sowie freiberufliche und wissenschaftliche Tätigkeiten.

Rauf und runter

Die Beschäftigtenentwicklung ist jedoch alles andere als kontinuierlich. Über alle Branchen hinweg betrachtet, war der größte Zuwachs vor allem in der jüngsten Vergangenheit zu verzeichnen. Im Bekleidungsgewerbe war die Mitarbeiterzahl bis einschließlich 2012 rückläufig, seitdem nimmt sie wieder zu. Die Hersteller von Kfz-Teilen mussten 2009 und 2010, also im Nachgang zur Wirtschaftskrise, 2878 Mitarbeiter abbauen. Seit 2011 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dort aber wieder um 3420. Der Großhandel wiederum ist bis 2011 deutlich gewachsen, die Beschäftigtenzahl stieg gegenüber 2007 um 1608, ging danach aber wieder um 932 zurück. Der Forschungs- und Entwicklungssektor verzeichnete vor allem in den letzten Jahren spürbare Beschäftigtenzuwächse, gleiches gilt für die Werbung und Marktforschung, die Wach- und Sicherheitsdienste sowie das Sozialwesen mit der Senioren- und der Kinderbetreuung.

Die oberfränkische Wirtschaft kann sich der deutschen Konjunkturentwicklung nicht entziehen, auch wenn sich die Wirtschaftsstruktur grundlegend von der in Gesamtdeutschland unterscheidet. So spielt das Verarbeitende Gewerbe, also Industrie und produzierendes Handwerk, eine wesentlich wichtigere Rolle als im Rest des Bundesgebietes. Auch innerhalb der Industrie gibt es Unterschiede, so ist der Anteil der Beschäftigten bei Verbrauchsgüterproduzenten in Oberfranken deutlich höher als anderswo.

Fachkräftelücke wächst

Der demografische Wandel wirft bereits heute seine Schatten voraus. Richtig spürbar wird er allerdings erst, wenn die Jahrgänge zwischen 1960 und 1970 in den Ruhestand gehen. Dann wird die Fachkräftelücke in Oberfranken noch deutlich spürbarer werden als heute. Weigand: "Bis 2030 wird die Fachkräftelücke im Kammerbezirk der IHK für Oberfranken Bayreuth laut IHK-Prognose von aktuell 17.000 auf rund 47.000 steigen. Neue Ideen, neue Ansätze sind also gefragt."

red

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