Jan Burdinski, der Intendant des Fränkischen Theatersommers, wohnt im Schlossturm Oberaufseß Oberaufseß: Wohnen mit dem Siebenschläfer

Von Thorsten Gütling
Es gibt Menschen, die leben in keinem gewöhnlichen Haus. Ihr Zuhause sind Schlösser, frühere Kinos, Polizeistationen.Jan Burdinski’s Wohnzimmer ist der chinesische Salon des Dichters Max von Aufseß. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Zwischen Drachenköpfen, Bambus und chinesischen Tapeten. Jan Burdinski wohnt im Schlossturm von Oberaufseß. In seinem holzvertäfelten Wohnzimmer gibt es Spinnen und Siebenschläfer. Bevor der Intendant des Fränkischen Theatersommers sich darin einmietete, war es das Raucherzimmer des Schriftstellers Max von Aufseß.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

1898 gebaut steht in großen Lettern über dem Eingangstor. Der Turm, in dem Burdinski wohnt, ist einer der jüngsten Teile des Oberaufseßer Schlosses. Teile der Anlage gehen bis auf das 17. Jahrhundert zurück. Schloss Oberaufseß wurde von Karl Heinrich von Aufseß gebaut, nachdem er sich auf dem benachbarten Schloss Unteraufseß mit seinem Bruder Friedrich verstritten hatte. Die Familie von Aufseß ist eines der ältesten fränkischen Adelsgeschlechter. Der Herolt von Uffsaze wird 1114 zum ersten mal urkundlich erwähnt. Einer der bekanntesten Vertreter der Familie ist Hans von Aufseß. Der Altertumsforscher ist der Begründer des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. Sein Großneffe Max von Aufseß, in dessen Räumen Burdinski heute wohnt, gilt als einer der bedeutendsten fränkischen Schriftsteller.

Politik bei Zigarrenrauch und Wein

Politische Gespräche bei Zigarrenrauch und Wein fanden wahrscheinlich dort statt, wo Burdinski heute seine Feierabende verbringt. In einem holzvertäfelten Salon, der in feinster chinesischer Bauart eingerichtet wurde. Bambushölzer stützen die Decken, Drachenköpfe zieren die Ecken. Feinste chinesische Tapeten, wohin das Auge reicht. Max von Aufseß muss überwältigt von den Eindrücken gewesen sein, vermutet Burdinski, die die deutsche Bevölkerung nach Ausbau der Handelsbeziehungen mit China zu Beginn des 20. Jahrhunderts überkamen.

Als der Fränkische Theatersommer 1998 den Betrieb aufnahm und Burdinski, der Intendant aus Schussenried am Bodensee, in der Region ein Zuhause suchte, verliebte er sich auf den ersten Blick in das Zimmer. Aufgrund seiner eigenen asiatischen Wurzeln. Burdinskis Vater wurde auf Java geboren. Sein Großvater arbeitete dort im Dienste der niederländischen Regierung, wurde mit der Planung einer Eisenbahnlinie über die indonesische Insel betraut. „Verliebt haben sich bestimmt schon viele in den Raum“, sagt Burdinski. „Aber ich war der einzige, der sich sofort vorstellen konnte, darin zu wohnen.“

Von Spinnen und Siebenschläfern

Warum das nicht jedermanns Geschmack ist, erklärt er so: In den Hohlräumen hinter der Holzvertäfelung poltern nachts die Siebenschläfer. „Ganz wundervolle Wesen, wenn man sie entdeckt, erstarren sie und laufen nicht weg“, schwärmt Burdinski. Für viele Frauen sei die Wohnung aber nicht nur wegen der mausähnlichen Nager ein Graus. Das alte Gemäuer sei ein Paradies für Spinnen. „Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu diesen sensiblen Tieren“, sagt Burdinski. Die Zahl der Tiere in seiner Wohnung sei so hoch, dass er jede Woche Spinnweben beseitigen müsse und dennoch die Wohnung nie ganz davon befreit sei. Burdinski sagt: „Ich kann sie im Bad minutenlang beobachten, bei den Kämpfen und beim Einwickeln ihrer Beute.“ Die allermeisten Frauen schrecke das ab. Unter anderem deswegen ziehe er das Alleinleben vor. Denn für den Intendanten steht fest: „Diese Wohnung ist ein Traum.“