Ankläger sind überzeugt, dass Michael Krause mit „hochgradiger krimineller Energie“ 3,7 Millionen Euro abgezweigt hat NKD-Prozess: Staatsanwaltschaft beantragt neun Jahre Haft

Von Manfred Scherer

Nach 13 Monaten Verhandlungsdauer haben am Montag am 59. Prozesstag im NKD-Prozess die Staatsanwälte Uwe Demuth und Peter Glocker in ihrem Plädoyer neun Jahre Haft gegen den ehemaligen NKD-Chef Michael Krause beantragt. Sie warfen dem 38-jährigen, ehemaligen Manager vor, mit „hochgradiger krimineller Energie“ 3,7 Millionen Euro veruntreut zu haben.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Nach Überzeugung der Ankläger ist Krause dafür verantwortlich, dass im Jahr 2012 insgesamt 3,7 Millionen Euro von NKD-Konten zunächst an eine in Hongkong sitzende Auslandstochter und von dort an eine in Zypern sitzende Beratungsfirma transferiert wurden. Hier versickerte das Geld in ein Firmengeflecht. Demuth und Glocker halten es für erwiesen, dass hinter dem Firmengeflecht Krause selbst steht. Man habe auch nachweisen können, dass Krause selbst Eigentümer der zypriotischen Beratungsfirma sei und über diese Firma ein Großteil der Millionen an Krause geflossen sei. Der 38-Jährige habe NKD-Geld für den Kauf einer Villa und von Eigentumswohnungen in Berlin verwendet. Mit dem Geld habe Krause unter anderem auch ein Arbeitgeberdarlehen der NKD zurückgezahlt. Staatsanwalt Demuth erklärte, der Verbleib einer Million sei noch nicht geklärt. Uwe Demuth sagte, der Geldabfluss sei „exzellent verschleiert“ worden.

Ehemaliger Finanzgeschäftsführer als Belastungszeuge

Staatsanwalt Glocker skizzierte in seinem Teil des Plädoyers die Beweisführung zulasten des Angeklagten: Entscheidend für die Ankläger ist dabei die Aussage des ehemaligen Finanzgeschäftsführers der NKD, der ursprünglich mit auf der Anklagebank gesessen hatte. Dieser habe ausgesagt, dass die Zahlungen von Krause mündlich angeordnet worden seien. Daraufhin hatten der Finanzgeschäftsführer und die Geschäftsführerin der NKD-Hongkong-Tochter die Zahlungen ausgelöst. Nach Glockers Überzeugung ist diese Aussage glaubhaft. Das Verfahren gegen den mitangeklagten Finanzgeschäftsführer war Anfang Dezember 2014 gegen eine Auflage von 30.000 Euro und wegen geringer Schuld eingestellt worden.

Nur der Angeklagte komme als Ideengeber für die getarnten Zahlungen in Betracht

Laut Glocker ist Krause aber auch aufgrund anderer Indizien überführt: Die 3,7 Millionen waren in vier Teilbeträgen von 500.000 Euro, 200.000 Euro, einer Million Euro und zwei Millionen Euro zwischen April und Oktober 2012 ausgezahlt worden. Für jeden Teilbetrag habe die Auslandstochter einen entsprechenden Finanzbedarf für Provisionen anmelden müssen, damit derartig hohe Zahlungen überhaupt anzuweisen waren. Über diesen Finanzbedarf habe niemand außerhalb des Unternehmens Bescheid wissen können - niemand außer dem Angeklagten komme also als Ideengeber für die „getarnten“ Zahlungen in Betracht.

Angebliche Gegenleistungen gehören für die Ankläger ins Reich der Fantasie

Zur Kernfrage des Prozesses, ob es – wie von Krause behauptet – eine Gegenleistung der zypriotischen Beratungsfirma gegeben habe, erklärten die Staatsanwälte: Nein, diese habe es nicht gegeben. Nicht ein Zeuge aus der NKD oder der Auslandstochter habe je eine Leistung gesehen. Dass der angeklagte Ex-Geschäftsführer nach seiner Behauptung als einziger eine derartige Gegenleistung – in Rede stehen geheime Preisinformationen für profitableren Einkauf in asiatischen Textilfabriken – sei vielmehr auszuschließen: Bei der Beweisaufnahme habe nicht nachgewiesen werden können, dass derartige Spezialdaten an die NKD-Einkäufer gegangen seien. Zudem seien die Verträge mit der zypriotischen Beratungsfirma erst im Oktober 2012, und mithin nachträglich, geschlossen worden. Staatsanwalt Glocker verwies die Verteidigungseinlassung des Angeklagten ins Reich der Fantasie: Brauchbare Informationen über hersteller- oder Lieferantenpreise könnten ohne produktbezogene Infos gar nicht zustande kommen. Es sei nicht anzunehmen, dass es in asiatischen Textilfabriken etwas gebe, was man als Kosten- und Leistungsrechnung bezeichnen könne. Glocker sagte: „So etwas gab es ja noch nicht mal bei NKD selbst.“  

Als belastend für den Angeklagten bezeichneten die Ankläger auch Versuche, Zeugen zu beeinflussen, erwiesen durch aus dem Gefängnis herausgeschmuggelte und abgefangene Kassiber.

Die Ankläger beantragten auch, das beschlagnahmte Privatvermögen Krauses in Höhe von rund 4 Millionen Euro für weitere drei Jahre einzufrieren. Hieraus sollen auch die Prozesskosten - Staatsanwalt demuth bezifferte die bislang aufgelaufenen Kosten auf 150000 Euro - bestritten werden.

Die Verteidiger sollen am Dienstag plädieren.

Lesen Sie auch:

NKD will seinem Ex-Chef an den Geldbeutel

Mordkomplott: Zweiter Prozess gegen Ex-NKD-Chef

Der NKD-PRozess ist auf der Zielgeraden

Ex-Verteidiger im Zeugenstand

Bilder