Haftbeschwerde bleibt erfolglos - Ehemaliger Mitangeklagter im Zeugenstand NKD-Prozess: Krauses zweites Weihnachten im Knast

Von Manfred Scherer
Foto: Archiv/ Ritter Foto: red

Vielleicht hatte der Ex-NKD-Chef Michael Krause einen Funken Hoffnung, das zweite  Weihnachten hintereinander nicht im Knast, sondern diesmal zuhause mit seiner Familie zu verbringen. Dieser Funke erlosch am Freitag im NKD-Untreueprozess. Die 3. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hof ging auf eine Haftbeschwerde von Krauses Verteidiger nicht ein.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Krause sitzt seit 11. Juli 2013 in U-Haft, seit 18. März 2014 läuft der Prozess. Am letzten Verhandlungstag dieses Jahres, dem 40., stand die Zeugenaussage des ehemals mitangeklagten kaufmännischen Leiters Uwe K., der seinen Ex-Chef weder belastete noch entlastete.

Der 47-jährige Bindlacher Uwe K. war, wie berichtet, ursprünglich Mitangeklagter in dem Verfahren um das dubiose Verschwinden von 3,7 Millionen Euro gewesen. Im Jahr 2012 war diese Summe, in vier Teilbeträgen von 500000, 200000, einer und zwei Millionen zunächst auf das Konto der NKD-Auslandstochter Sunfortune in Hongkong überweisen, und von dort an die zypriotische Beratungsfirma Zarando weitertransferiert worden. Dort verschwand das Geld in einem geflecht von Firmen, die nach Ansicht der Wirtschaftsstaatsanwaltschaft eigens dafür aufgebaut worden waren, das Geld unauffällig versickern zu lassen. Tatsächlich erbrachten parallel zum Untreueprozess laufende Finanzermittlungen, dass der Chef der Zarando ein Jugendfreund von Krause ist, und dass von seinen Konten mindestens 1,6 bis 1,8 Millionen Euro an Krause zurückgeflossen sein könnte. Dass Uwe K. profitiert haben könnte, ergaben die Ermittlungen nicht - ein wesentlichen Grund für die Einstellung des Verfahrens gegen Uwe K. wegen geringer Schuld.

Uwe K., seinerzeit der kaufmännische Leiter von Krause, kam auf der Anklagebank, weil es in seine Zuständigkeit fiel, die Zahlungen von Bindlach nach Hongkong anzuweisen und auch die Zahlungen von Hongkong nach Zypern mit freizugeben. Die zweite Person, die es dazu brauchte, war die Geschäftsführerin der NKD-Tochter Sunfortune. Eine Frau, die den laut Uwe K. "autoritär" regierenden Geschäftsführer Krause hasste und ihn Anfang Dezember 2012 wegen der Millionenzahlungen beim Firmeneigner Claas Daun anschwärzte

Uwe K. berichtete über die Reaktion des Multimillionärs und Textilunternehmers Daun aus Rastede: Daun habe Krause trotz der Denunziation durch die Kollegin aus Hongkong den Rücken gestärkt und erklärt: "Krause ist der Mann. Er bleibt an Bord." Hintergrund: Zu gleichen Zeit, in der die 3,7 Millionen vom NKD-Konto abflossen, machte der Discounter Profite. Der kaufmännische Leiter Uwe K. - und auch andere - stellten fest, dass sich die Erlösssituation der in wirtschaftlicher Schieflage befindenen NKD signifikant verbesserte: Vor allem die "sensationell" gesunkenen Einkaufspreise hätten dazu beigetragen. 

Hintergrund: Der Hauptangeklagte Krause behauptet, die 3,7 Millionen seien für geheime Hersteller- und Preisinformationen über Textilfabrikanten in Asien geflossen, mit denen die NKD-Einkäufer vor Ort in Bagladesh, China oder anderen Ländern die Preise bis zu Schmerzgrenze hätten drücken können. Krauses Problem bei dieser Verteidigungsstrategie: Er kann die Existenz dieser Geheiminformationen nicht nachweisen - angeblich hatte er sich verpflichten müssen, die Infos nach Gebrauch zu vernichten. So sah auch Uwe K. nie irgendeine Unterlage oder Preisliste, allerdings: Krauses "Projekt" sei ihm schlüssig vorgekommen, er habe vom Ergebnis, also den verbesserten Einkaufspreisen, den Rückschluss gezogen, dass es die Informationen gab.

Das Treubekenntnis des Multimillionärs Claas Daun vom Dezember 2012 zu Krause hielt nicht lange: Krause wurde im Frühjahr geschasst. Firmenintern begannen Ermittlungen, bei denen Uwe K. befragt wurde. Ergebnis war eine von NKD-Anwälten vorformulierte eidesstattliche Versicherung, die Uwe K. unterschrieb und in der es zunächst hieß, die von Krause behaupteten Geheiminformationen habe es nie gegeben. Tatsächlich hatte K. vergeblich versucht, diese Formulierung aus dem Dokument streichen zulassen. Im Zeugenstand betonten er und sein Anwalt: Der Justiziar der NKD habe empfohlen, die eidesstattliche Versicherung könne so unterschrieben werden. Das Dokument ist für Krauses Verteidiger das herausragende Beispiel dafür, dass in der NKD versucht worden war, den plötzlich so ungeliebten Chef mit manipulierte Eigenermittlungen loszuwerden und ihn zum Sündenbock zu machen.

Der Prozess geht im Januar weiter.

Bilder