Wie die ICIJ-Journalisten an die Daten, die auch Firmenregister von 19 Steueroasen enthalten, herankamen, wurde nicht preisgegeben. Der in Russland lebende US-Whistleblower Edward Snowden begrüßte die Veröffentlichungen via Twitter mit den Worten: «Leak day is my favorite day» - übersetzt: «Ein Datenleck-Tag ist mein Lieblingstag.» Im Jahr 2013 hatte Snowden massenhaft Dokumente des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) gestohlen und an Journalisten weitergeben - die Enthüllungen lösten schwere Verwerfungen aus.
Kluft zwischen Arm und reich wird vertieft
Das Ausnutzen von Steuerschlupflöchern ist nicht per se kriminell - aber dadurch entfallen Milliarden-Steuerzahlungen, die sonst dem Gemeinwohl zugute kommen würden - zudem wird die Kluft zwischen Arm und Reich vertieft. Der Chef der britischen Labour Party, Jeremy Corbyn kritisierte: «Es gibt eine Regel für die Super-Reichen - und eine andere für den Rest, wenn es um das Zahlen von Steuern geht.»
Insgesamt waren mehr als 90 Medien und 380 Journalisten beteiligt, in Deutschland neben der «SZ» auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) sowie der Westdeutsche Rundfunk (WDR), zudem unter anderem die «New York Times», die BBC, der «Guardian» und «Le Monde». Die Daten wurden über ein Jahr ausgewertet und bieten tiefe Einblicke, wie versucht wird, mit den Steuer- und Finanzkonstrukten den eigenen Reichtum zu mehren.
Datenleck oder Cyber-Angriff?
Die auf den Bermudas ansässige Anwaltskanzlei Appleby hatte vor wenigen Tagen eingeräumt, dass möglicherweise illegal Datenmaterial dem ICIJ zugespielt worden sei; man habe entsprechende Medienanfragen bekommen. Die Firma betont, auf legale Offshore-Praktiken zu setzen und im Einklang mit den Gesetzen zu handeln. Man nehme alle Vorwürfe aber «extrem ernst». Nach sorgsamer und intensiver Prüfung sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass es keinerlei Belege für Fehlverhalten seitens der Firma oder ihrer Klienten gebe. Appleby sprach nicht von einem Datenleck, sondern von einem illegalen «Cyber-Angriff».
Die vorherigen «Panama Papers»-Enthüllungen führten 2016 weltweit zu Ermittlungen. Unterlagen der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, die von ICIJ-Journalisten weltweit ausgewertet wurden, zeigten, dass zahlreiche Politiker, Sportler und andere Prominente Vermögen in Offshore-Firmen hielten - was nicht unbedingt strafbar ist. Die 11,5 Millionen Dateien umfassten E-Mails, Urkunden und Kontoauszüge zu 214 000 Gesellschaften vor allem in der Karibik.
Steuern vermeiden durch Steueroasen
Dabei tauchten die Namen von 140 Politikern und engen Vertrauten auf, darunter die Staatschefs Argentiniens und der Ukraine, Mauricio Macri und Petro Poroschenko. In Island führte die Veröffentlichung zum Rücktritt des Ministerpräsidenten Sigmundur Gunnlaugsson und zum Verzicht des Staatschefs Ólafur Ragnar Grímsson auf eine Wiederwahl. In Pakistan wurde Ministerpräsident Nawaz Sharif des Amtes enthoben. Das ICIJ erhielt für die Enthüllungen der «Panama Papers» 2017 die höchste Auszeichnung im US-Journalismus, den Pulitzer-Preis.
Die Offshore-Industrie mache die Armen ärmer und vertiefe die Vermögensungleichheit, sagt Brooke Harrington, Autorin des Buches «Kapital ohne Grenzen», der «Süddeutschen Zeitung». Das System der Steueroasen ermögliche es nicht nur, Steuern zu vermeiden, sondern auch, Gesetze gezielt zu umgehen, die Reichen nicht passen. «Für die Superreichen gibt es eine Welt außerhalb des Rechts», so Harrington.