Lebensmittel-Experte antwortet mit Gastkommentar Neue Mensa entfacht Debatte über vegane Ernährung

Von Norbert Heimbeck
 Foto: red

Gesunde Diät oder Mangelernährung? Das Angebot veganer Gerichte in der Mensa der Universität hat eine Kontroverse auf den Leserbriefseiten des Nordbayerischen Kurier ausgelöst. Prof. Stephan Clemens, Inhaber des Lehrstuhls für Pflanzenphysiologie an der Universität Bayreuth und Direktor der Forschungsstelle für Nahrungsmittelqualität, beleuchtet in seinem Gastkommentar die wissenschaftlichen Fakten dieser Ernährungsweise.

 
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Der Gastkommentar von Prof. Stephan Clemens aus der Samstagsausgabe (10. Mai) im Wortlaut:

Wie gesund ist vegane Diät?

"Der Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit ist höchst komplex. Es bedarf noch großer Forschungsanstrengungen, um besser zu verstehen, wie sich die Kombination tausender Stoffe in unserem Essen auf die biochemischen Reaktionen in und zwischen den Zellen des menschlichen Körpers auswirkt. Weiter verkompliziert wird das Bild durch die Aktivitäten der unseren Darm bewohnenden Mikroorganismen.

Einige durch Studien sehr gut belegte Feststellungen sind jedoch möglich: Eine Ernährung mit einem hohen Anteil pflanzlicher Produkte ist gut für die Gesundheit. Ballaststoffe, Vitamine wie C und E, sowie viele andere bioaktive Substanzen in Pflanzen senken das Risiko von Herz-/Kreislauferkrankungen, Krebs und Diabetes erheblich. Veganer essen mehr Obst, Gemüse und Nüsse. Damit nehmen sie auch mehr für die Gesundheit günstige Stoffe auf. Außerdem vermeiden sie den Konsum von ungesunden Fleischbestandteilen wie Cholesterin und gesättigten Fettsäuren.

Doch gibt es Mangelerscheinungen? Das Risiko besteht ohne Zweifel, da wichtige Nährstoffe wie Eisen, Calcium, Vitamin D, Vitamin B 12 und Omega-3-Fettsäuren vor allem tierischer Herkunft sind. Eisen zum Beispiel ist in den in Pflanzen vorliegenden Formen weniger gut für die Aufnahme in unsere Darmzellen verfügbar als das Eisen in tierischen Produkten. Dies erklärt sich leicht dadurch, dass Eisen in tierischen Geweben wegen der biologischen Ähnlichkeit schon in einer für unseren Körper günstigen chemischen Umgebung (dem Häm) vorliegt. Vitamin B 12 kommt praktisch nur in tierischen Produkten vor. Fisch ist eine sehr gute Quelle von Omega-3-Fettsäuren, denen viele günstige Wirkungen wie etwa die Hemmung von Entzündungsprozessen zugesprochen werden können.

Um Mangel zu vermeiden, muss die vegane Ernährung deshalb genau geplant sein. Dies ist ja auch schon ganz richtig von einigen Kurier-Lesern angemerkt worden. Große Vielfalt der nicht-tierischen Produkte und der gezielte Zusatz von Stoffen wie Vitamin B 12 werden generell empfohlen. Werden diese Bedingungen erfüllt, ernähren sich Veganer ganz bestimmt gesünder als Menschen, die wenig Ballaststoffe, viel Zucker und große Mengen prozessiertes Fleisch essen.

Ist die vegane Ernährung also eine Art Königsweg zum gesünderen Leben? Eine solche Aussage wäre schwer zu rechtfertigen angesichts des Risikos der Mangelernährung. Wenn ich nur den Zusammenhang von Ernährung und Gesundheit betrachte ohne ethische Argumente gegen den Konsum von Fleisch zu bewerten, spricht sehr viel dafür, den Verzehr von Vollkornprodukten, pflanzlichen Eiweißen und Ölen, Obst und Gemüse durch geringe Mengen tierischer Produkte guter Qualität zu ergänzen. Dies wäre der sogenannten „mediterranen Diät“ ähnlich, deren gesundheitsförderliche Effekte in großen Studien gut belegt sind."

Prof. Stephan Clemens, Direktor der Forschungsstelle für Nahrungsmittelqualität

Die Leserbriefe, die den Kurier in den vergangenen Tagen zu diesem Thema erreicht haben, können Sie hier nachlesen:

Nordbayerischer Kurier vom 7. Mai 2014

zum Download

Nordbayerischer Kurier vom 10. Mai 2014

zum Download

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