Privater Anbieter eröffnet Einrichtung für Kinder und Eltern Neue Frühförderung in Bayreuth

Von Katharina Wojczenko
Abgetaucht im Bällebad: Michaela Stemmler (36) hat in Bayreuth ein privates Frühförderzentrum eröffnet. Die Bälle helfen Kindern, die schlecht das Gleichgewicht halten, ihre Motorik zu schulen. Noah (sechs, links) und Constantin (drei) testen das. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Für Eltern und Kinder, die behindert oder in ihrer Entwicklung verzögert sind, gibt es eine weitere Anlaufstelle als die Diakonie: Mit der Firma „Step by Step“ hat erstmals ein privater Anbieter für Frühförderung in Bayreuth eröffnet. Die Diakonie, der bisherige Platzhirsch, sieht das nicht als Konkurrenz.

 
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Inhaberin Michaela Stemmler (36) ist Logopädin und Ergotherapeutin. Sie führt zwei Logopädiepraxen in Bayreuth und Creußen. „Es war mein Traum, eine eigene Frühförderung zu eröffnen“, sagt Stemmler. Ihre Mutter hilft in der Verwaltung, ihre Schwester, die Ergotherapeutin ist, ist fachliche Leiterin der Praxis in Creußen.

Drei Jahre hat es gedauert, bis sie alle Mitarbeiter für die Frühförderung auf dem leergefegten Markt beinander hatte, Räume gefunden und das Genehmigungsverfahren abgeschlossen war.

In ihrem Frühförderzentrum arbeiten zehn Mitarbeiter - Logopäden, Ergotherapeuten, Heilpädagogen, und in Vollzeit die Psychologin Heike Rabuffetti. Die Physiotherapeuten sind bei einer kooperierenden Praxis angestellt.

"Der Bedarf nimmt zu"

Der Bedarf für Frühförderung nehme zu, sagt Stemmler: „Die Symptomatiken bei Kindern werden immer komplexer.“ Heißt: Wenn ein Kind Probleme in der Entwicklung hat, betrifft das meist mehrere Bereiche gleichzeitig wie Wahrnehmung, Sprache, Verhalten. Und das betrifft immer mehr Kinder, sagt Rabufetti.

Sie sieht eine Ursache dafür in den Medien. „Zu mir kommen Kinder, die mit dem Handy umgehen können, aber keinen Bleistift halten, die sich nicht konzentrieren können.“ Das sei unabhängig vom Bildungsstand oder Einkommen der Eltern. Stemmler: „Es fehlt oft an der Zeit daheim, schließlich arbeiten die Eltern. Und die Kinder sind weniger als früher draußen zum Spielen. Das schlägt sich auf die Motorik und das Sozialverhalten nieder.“

Inhaberin und Leiterin arbeiteten für Diakonie

Sie wolle einen Schwerpunkt auf sensorische Integrationstherapie und Reflextherapie bei Kindern setzen, sagt Stemmler. Die Leitung des Frühförderzentrums übernimmt ab Januar Ina Weber. Sie wechselt von der Diakonie zum privaten Anbieter. Nicht im Groll, betont sie. „Das Team war toll, die therapeutische Arbeit auch. Aber ich hatte Lust auf etwas Neues, Kleineres.“

Auch Stemmler hat jahrelang für die Diakonie in der ambulanten Frühförderung im Landkreis gearbeitet. Ihr neues privates Zentrum will sie nicht als Konkurrenz zum Angebot verstehen, sondern als Ergänzung: „Der Bedarf in Bayreuth ist riesengroß.“

Schafft sie, woran die Diakonie fast gescheitert wäre?

Dem stimmt Diakonie-Geschäftsführer Franz Sedlak zu: "Ein ergänzendes Angebot tut der Stadt Bayreuth gut. Frau Stemmler war unsere Kooperationspartnerin, wir schätzen ihre Arbeit." Ob Stemmler mit ihrem Angebot gelingt, woran die Diakonie fast gescheitert wäre, wird sich zeigen: Die Frühförderung der Diakonie war schon im zweiten Jahr ihres Entstehens defizitär - und war hauptsächlich dafür verantwortlich, dass das gesamte Diakonische Werk Bayreuth in finanzielle Schieflage geriet. Ein Grund bei der Frühförderung: Eltern, die Zeiten buchten, aber nie mit ihren Kindern erschienen.

Hinter der Frühförderung der Diakonie steckt die gemeinnützige GmbH Hilfe für das behinderte Kind. Bis Ende 2015 waren der gleichnamige Verein und die Diakonie ihre Gesellschafter. Bis das Unternehmen in die Insolvenz abrutschte. Seit Abschluss des Verfahrens darf der Verein unternehmerisch nicht mehr mitreden. Der Vorsitzende, Notar Markus Eberl, will sich zu dem neuen Frühförderungs-Angebot nicht äußern und lässt ausrichten, der Kurier solle sich an die Diakonie wenden.

Hintergrund: Diakonie sucht neues Haus

Für die Frühförderung sucht die Diakonie derzeit ein neues Gebäude. "Es ist relativ unwahrscheinlich, dass wir in die Richard-Wagner-Straße zurückkehren", sagt Geschäftsführer Franz Sedlak. "Die dort anfallenden baulichen Maßnahmen sind eine längerfristige Sache." Weil Teile der Statik in der Richard-Wagner-Straße "nicht mehr akzeptabel" waren, mussten die Mitarbeiter im September umziehen.

Seitdem arbeitet ein Teil in der Schulvorbereitenden Einrichtung in der Carl-Schüller-Straße, der Rest im Heilpädagogischen Zentrum. Wo sie künftig zuhause sein wird? "Wir prüfen derzeit zwei Objekte", sagt Sedlak. Welches es wird, hängt von den Krankenkassen ab, die dieses als Kostenträger genehmigen müssen.

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