Elf-Millionen-Euro-Bauwerk in der Soldatensiedlung Netzaberg: US-Armee baut extravagante Kirche

Von Udo Fürst

Es wird ein Gebäude, das die Oberpfalz so noch nicht gesehen hat: Die US-Armee baut in Netzaberg eine 2400 Quadratmeter große, monumental-futuristisch anmutende Kirche, die bis zu 600 Gläubigen Platz bieten wird. Der 16 Millionen US-Dollar (elf Millionen Euro) teure Kirchenkomplex mit seinem 36 Meter hohen Turm entsteht beim Community-Center der US-Wohnsiedlung und soll im April nächsten Jahres fertig sein.

 
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Für Krzysztof Kopec und Junghun Park dürfte der Wechsel vom hölzernen Kirchenflachbau am Wasserturm auf dem Truppenübungsplatz zum Neubau in Netzaberg eine Art Quantensprung sein. Der gebürtige, längst eingebürgerte Pole und sein aus Korea stammendes Pendant sind als katholische Chaplains (Kaplane) für das Seelenheil ihrer Schäfchen in der US-Garnison Grafenwöhr verantwortlich.

Neben den Katholiken, die in Grafenwöhr etwa 60 Prozent aller Christen stellen, sind die Priester auch für die anderen Glaubensrichtungen zuständig, von denen es in der US-Army sehr viele gebe, wie Kopec betont. „Wir sind für alle vier christlichen Communitys in Grafenwöhr da.“ Der katholische Priester im Range eines Majors freut sich auf die neue Kirche. Schon wegen des Platzes. „Bisher haben wir maximal 170 Leute untergebracht. In Netzaberg passen bis zu 600 Menschen rein“, sagt er. Das dürfte aber die Ausnahme sein; denn bisher besuchen durchschnittlich etwa 200 Katholiken die Sonntagsmessen, jeweils 120 die evangelischen sowie die Gospel-Gottesdienste.

Andrea Hösl betrat mit diesem außergewöhnlichen Bauvorhaben komplettes Neuland. „Ja, das ist natürlich meine erste Kirche, die ich baue“, lacht die Architektin, die für die US-Planungsabteilung am Standort Grafenwöhr arbeitet und für die Abwicklung des Projekts verantwortlich ist. Die Kirche ist architektonisch etwas Besonderes, mit einem deutschen Gotteshaus nicht zu vergleichen.

Als extravagant kann man die Pläne des Architekturbüros Brückner und Brückner aus Tirschenreuth bezeichnen. Die für ihre außergewöhnlichen Ideen bekannten und mehrfach preisgekrönten Planer verzichteten auf das Banale, setzten dafür auf einmalige Formen. Eine geschwungene Decke aus Textilstoff, die erwärmt und in die gewünschte geschwungene Form gebracht werden kann; Bögen im Kirchenschiff, von denen keiner dem anderen gleicht; ein fast 40 Meter hoher Altarraum und ein begehbares, baptistisches Taufbecken, das eher an einen kleinen Swimming-Pool erinnert.

Alles Besonderheiten, die das Gotteshaus zu einem unvergleichlichen Bauwerk machen. Links und rechts entlang des durch eine bewegliche Wand teilbaren Gotteshauses mit Taufraum entsteht ein Multifunktionsbereich mit Sakristei, Seminarräumen, Bibliothek, Büros und Küche. Ein großes Thema bei dem Projekt ist die Technik. So wird eine spezielle Lichtanlage hinter dem Textilstoff an der Decke für eine ganz spezielle Beleuchtung sorgen. Beamer, Hifi-Anlagen und Multimedia-Ausrüstung sowohl im Gebetsraum als auch in den Büros und den Gemeinschaftsräumen lassen ahnen, warum die Gebäudetechnik allein 35 Prozent der Gesamtkosten verschlingt.

„Man kann eine US-Kirche nicht mit einer europäischen vergleichen“ verdeutlicht Kaplan Krzysztof Kopec. Amerikanische Christen verbrächten wesentlich mehr Zeit in der Gemeinschaft. „Das ist mehr als ein Gotteshaus. Hier verbringt man viel Freizeit und hier wird auch außerhalb der Messe gesungen, getanzt oder gekocht.“ Auf den Bühnen fänden zudem Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Auch auf dem Sektor „Behindertengerecht“ ist die US-Army vorbildlich: Das Gebäude ist komplett barrierefrei, die Türschilder können auch Blinde lesen.

Noch pfeift der eisige „Böhmische“ durch sämtliche Ritzen des aus Sicherheitsgründen komplett in Betonbauweise errichteten Gebäudes. Trotz des unwirtlichen Wetters herrscht im und am Gebäude geschäftiges Treiben. Die wohl imposanteste Aufgabe haben die Gerüstbauer erledigt: Vorne im Altarraum, der wegen der verschiedenen Glaubensrichtungen später einmal neutral gestaltet werden kann, haben die Spezialisten ein meterhohes Ungetüm aus Stahl und Metall aufgebaut, auf dem einige Arbeiter fast traumwandlerisch sicher herumturnen.

Material für Hunderttausende Dollar wurde inzwischen schon verbaut, Hunderte Quadratmeter Boden- und Wandplatten, Fliesen und hektoliterweise Farben werden in den nächsten Monaten noch verarbeitet. Die Baustoffe kommen fast ausnahmslos aus der Region.

Wenn ab April 2016 die ersten Messen und Gospelgottesdienste in der Netzaberg Chapel gefeiert werden, müssen Einheimische draußen bleiben. Das Gotteshaus ist den amerikanischen Christen vorbehalten.