Nelsons Abgang: Eine Katastrophe

Von Michael Weiser
Archivfoto: Andreas Harbach Foto: red

Theater vorm Theater – das ist in Bayreuth ganz normal. Und sicher ist am Grünen Hügel nur das eine: dass es keine Sicherheit gibt.

 
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Heuer zum Beispiel sorgt das neue Sicherheitskonzept für viel Unmut: Ein massiver Zaun, der weite Teile des Festspielgeländes einfasst und das Festspielhaus wie ein Gefängnis wirken lässt. War es die Stimmung wie in einem Hochsicherheitstrakt, die Andris Nelsons von Grünen Hügel vertrieb? Oder waren es doch Streitigkeiten mit Musikdirektor Thielemann, die den sensiblen Maestro die Flucht ergreifen ließen? Das Ergebnis bleibt unabhängig von der Ursache dasselbe: Andris Nelsons Abdankung.

Der 37-jährige Lette ist ein Star, der seine Bayreuth-Tauglichkeit beim „Lohengrin“ von Hans Neuenfels bewiesen hat. Mehr als das: Ein Künstler, der das Publikum erobert hat. Ein stiller Dirigent, der sich nicht in den Vordergrund stellt, der auf seine Musiker und Sänger eingeht. Was ihm in Bayreuth und in der Welt viel Wertschätzung eingetragen hat. Es gibt nicht viele Dirigenten, die diese Lücke füllen könnten. Vor allem nicht sehr viele, die im Augenblick gerade mal ein paar Wochen Zeit übrig haben. Von Bayreuths Einzigartigkeit wird oft geredet. Die Wahrheit ist: Die Festspiele in Bayreuth sehen sich vielfältiger Konkurrenz ausgesetzt und verlieren an Boden. Was von Weltgeltung noch übrig ist, droht in schlechter Stimmung unterzugehen.

Nelsons Abgang ist daher nicht mit dem üblichen Theaterdonner zu verwechseln. Er ist eine Katastrophe für die Festspiele und die Stadt, fast schon der größte anzunehmende Unfall.

michael.weiser@nordbayerischer-kurier.de

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