Pfarrerin Brigitte Häusler hilft nachts denen, die nicht mehr weiter wissen Einsatz in Bayreuth: Die Seelsorgerin

Von Christophe Braun
 Foto: red

Die Stunden zwischen Abenddämmerung und Morgengrauen können unendlich wirken - besonders für Menschen, die einsam, verzweifelt, ratlos sind. Ihnen bietet die Telefonseelsorge Hilfe - anonym, kostenlos und ohne Vorbehalte. In Bayreuth leitet Pfarrerin Brigitte Häusler die Telefonseelsorge. Hier beschreibt sie ihre Nachtschicht.

 
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1. „Ich fange mit einer Frage an: Warum geraten so viele Menschen nachts ins Grübeln? Auch nach Jahren als Telefonseelsorgerin habe ich darauf keine Antwort. Ich weiß nur, dass sie es tun - und dass manche von ihnen jemanden brauchen, mit dem sie sprechen können. Dafür sind wir da.“

2. „Für eine Nacht am Telefon brauche ich Wurst, Käse, Brot, Schokolade, Kaffee, Tee und Wasser, eine Liege, eine Lampe und Lust auf Nachtmenschen. Dann kann’s losgehen.“

3. „Am Telefon muss ich alle möglichen Rollen einnehmen: Unterhaltungstante, Notnagel im Notfall, Schmerz- oder Scherz-Teiler, Seelentrösterin, Dunkelheits-Überbrückerin, Nacht-Philosophin. Wer bin ich heute?“

4. „ Es ist still, Du bist allein, konzentriert, niemand stört, alles ist dunkel. Jetzt die Sorgen anderer teilen, für andere da sein. Gibt es etwas Sinnvolleres?“

5. „Die Nacht verändert uns. Viele Gespräche sind intensiver - auf beiden Seiten.“

6. „Am schwierigsten sind Gespräche mit Menschen, die sich das Leben nehmen wollen. Ihnen beizustehen, ihnen zu vermitteln, dass es sich lohnt, weiterzuleben - das ist fordernd.“

7. „Zwischen 3 und 4 Uhr erreiche ich meinen Tiefpunkt. Null Energie. Nur Notfälle bekommen dann meine volle Aufmerksamkeit.“

8. „Größte Befürchtung: Hoffentlich lalle ich nicht selber vor lauter Müdigkeit!“

9. „Immer wieder rufen Leute an, die sich bloß einen dummen Scherz erlauben wollen. Oder Betrunkene. Für die Scherz-Anrufer habe ich kein Verständnis. Den Betrunkenen erkläre ich, dass sie sich melden sollen, wenn sie wieder nüchtern sind.“

10. „Wenn am Ende der Nachtschicht der Morgen graut und die Vögel das Zwitschern anfangen - wunderbar.“

Brigitte Häusler, 56, leitet seit 2012 die Telefonseelsorge Ostoberfranken in Bayreuth. Gemeinsam mit ihrem Team von 35 ehrenamtlichen Seelsorgern steht sie rund um die Uhr Menschen zur Verfügung, die mit den Herausforderungen ihres Lebens nicht alleine zurechtkommen. Unter 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 stehen sie und ihre Kollegen Hilfesuchenden zur Seite.

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