Trasse läuft mitten über fremdes Grundstück - Vor dem Verwaltungsgericht fließen Tränen - Verfahren eingestellt Nachbarn streiten um Abwasserkanal

Von Peter Engelbrecht
Ein Abwasserkanal sorgt im Landkreis Kulmbach für Streit. Bei dem Foto handelt es sich um ein Symbolbild. Foto:Lammel/Archiv Foto: red

Seit nunmehr fünf Jahre streiten zwei Nachbarn im Landkreis Kulmbach um einen Abwasserkanal. Er entsorgt das Anwesen einer Frau, läuft aber mitten über das Grundstück des Nachbarn. Doch eine Grunddienstbarkeit wurde nie eingetragen. Die Emotionen vor dem Verwaltungsgericht in Bayreuth kochten hoch, die Nachbarin vergoss Tränen.

 
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Das Verhältnis der beiden ist zerrüttet. Nein, sie wolle sich nicht nach vorne an den Tisch neben den Nachbarn setzen, sagte die Frau zur entsprechenden Frage von Gerichtsvizepräsident Otto Schröppel. Dieser versuchte händeringend eine Einigung zu erzielen, die ihm schließlich auch gelang: Das Verfahren wird eingestellt, die Parteien wollen sich nun doch gütlich einigen.

Richter: Da war der Schlamassel da

Das Landratsamt Kulmbach hatte im November 2014 einen Bescheid erlassen, wonach der Nachbar verpflichtet wurde,  den Abwasserkanal über sein Grundstück zu dulden. Dagegen hatte der Mann nun vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Der Kanal sei vermutlich Anfang der 60er Jahre errichtet worden, erläuterte Schröppel, er sprach von einem "etwas ungewöhnlichen Sachverhalt". Die Vorbesitzer seien sich wohl einig gewesen, den Kanal über das Nachbargrundstück laufen zu lassen. Doch vor Jahren hatte die Frau das Nachbarhaus gekauft, "da war der Schlamassel da", kommentierte Schröppel.  Durch den Kanal werde eine spätere Bautätigkeit des Klägers behindert, betonte dessen Rechtsanwalt Klaus Dierkes.

Gemeinde weiß von nichts

In dem betreffenden Baugebiet, das in den 60er Jahren erschlossen wurde, seien Abwasserkanäle auf fremden Grundstücken kein Einzelfall, erläuterte Schröppel, "aber die Leute verstehen sich halt". Der Kläger berichtete, er sei vor dem Kauf beim Bürgermeister gewesen, dieser habe ihm versichert, es bestünden keine Lasten auf dem Grundstück. Der Bürgermeister habe über die Kanalführung keine Angaben machen können. Dies wunderte den Kläger, schließlich müssten die Kanäle laut Satzung alle zehn Jahre von der Gemeinde untersucht werden.

"Landratsamt soll sich raushalten"

Die Nachbarin versicherte, beim Kauf des Hauses habe sie nicht gewusst, wo der Kanal verläuft. Sie habe dafür 70 000 Euro bezahlt. Die Gemeinde wiederum hatte den alternativen Hausanschluss ihres Anwesens auf 60 000 Euro beziffert. Dies sei finanziell nicht machbar, klagte die Frau unter Tränen.  "Warum hat sich das Landratsamt vor den Karren spannen lassen?", fragte Schröppel. Das Landratsamt sollte den Bescheid aufheben, "soll sich raushalten", sagte er mit Blick auf Regierungsrat Lars Peetz, der die Behörde vertrat. Dieser entgegnete, das Ziel sei gewesen, eine vernünftige Lösung zu finden. Er stimmte dem Vorschlag Schröppels zu, den Streit privatrechtlich auszufechten.

Schröppel diktierte schließlich ein Protokoll "um des lieben Frieden willens", wonach das Landratsamt den Bescheid innerhalb der nächsten neun Monate aufheben könnte. Ein möglicher Rechtsstreit sei zivilrechtlich zu lösen, "man sollte nicht das Landratsamt dazwischenschalten." Der Kläger habe eine außergerichtliche Verhandlung angeregt, dass die Nachbarin oder die Gemeinde einen neuen Kanalanschluss zu schaffen habe. Sollte dies in den nächsten zehn Jahren nicht gelingen, stehe dem Kläger eine Entschädigung zu. Regierungsrat Peetz erklärte schließlich, der Bescheid werde aufgehoben. "Damit ist der Rechtsstreit erledigt", verkündete Schröppel.   

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