"Müssen ein Volk von Investoren werden"

Karl Matthäus Schmidt Foto: red

Es sind schwierige Zeiten für Anleger. Dennoch bieten sich Chancen, ist Bankier Karl Matthäus Schmidt überzeugt. Im Interview spricht er auch über die Entwicklung seiner Quirin Bank.

 
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Herr Schmidt, die Quirin Bank ist vor etwas mehr als zehn Jahren als erste Honorarberaterbank im Markt gestartet. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Karl Matthäus Schmidt: Wir sind zufrieden mit unserer Entwicklung. Wir haben als erste deutsche Honorarberaterbank damals Neuland betreten und haben in den vergangenen zehn Jahren viel geschafft. Wir haben bundesweit mittlerweile 13 Standorte. Mit 80 hoch qualifizierten Beratern betreuen wir insgesamt ein Kundenvermögen in Höhe von drei Milliarden Euro. Was wir aufgebaut haben, erfüllt uns mit Stolz. Aber wir haben noch viel vor. Auch in Oberfranken.

Welche Chancen sehen Sie im Bezirk?

Schmidt: Oberfranken ist meine Heimat, deshalb sei mir ein gewisser Lokalpatriotismus gestattet. Ich glaube fest an die Region, die sich in den vergangenen Jahren wirtschaftlich sehr gut entwickelt hat und auf einem guten Weg ist. Die Quirin Bank hat hier bereits einen starken Kundenstamm. Und ich bin überzeugt, dass wir weiter wachsen. Unsere Niederlassung in Hof, die Kunden in ganz Oberfranken und Teilen Thüringens und Sachsens betreut, leistet ausgezeichnete Arbeit. Bei internen Kundenbefragungen ist sie Dauersieger.

Es gibt Stimmen, die behaupten, die Deutschen seien nicht bereit für Finanzberatung zu zahlen. Was entgegnen Sie?

Schmidt: Dieses Vorurteil hält sich leider hartnäckig. Es bedarf zwar einiger Aufklärungsarbeit, aber das Konzept der Honorarberatung überzeugt immer mehr Menschen. Es gibt eine aktuelle Studie, wonach 70 Prozent der Befragten angeben, sie würden für eine unabhängige Finanzberatung zahlen. Viele Bürger sind in Finanzangelegenheiten skeptischer geworden. Sie merken, dass Bankberater ihnen nicht diejenigen Produkte verkaufen, die sie benötigen, sondern die dem Berater beziehungsweise der Bank die meisten Provisionen einbringen. Bei uns hingegen zahlt der Kunde eine transparente Gebühr und erhält eine von Abschlussprovisionen unabhängige Beratung. Die Weiterempfehlungsbereitschaft unserer Kunden liegt bei 90 Prozent. Das zeigt, dass unser Ansatz funktioniert.

Wo sehen Sie die Quirin Bank in fünf Jahren?

Schmidt: Wir streben ein betreutes Kundenvermögen von fünf Milliarden Euro an. Allein in diesem Jahr wollen wir zehn neue Berater einstellen. Es ist allerdings nicht so einfach, die richtigen Leute für unsere Philosophie zu finden. Wir brauchen keine Produktverkäufer, sondern Berater, die einen objektiven Blick auf die Finanzen unserer Kunden richten und Anlagestrategien entwickeln, die auf deren Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Die Zeiten für Anleger sind schwierig. Es gibt kaum Zinsen, aber die Inflation steigt. Was empfehlen Sie?

Schmidt: Ich rate dazu, sich intensiv mit dem Thema Geldanlage zu beschäftigen und zu handeln. Wenn die Realzinsen wegen steigender Inflation weiter sinken, wird Vermögen vernichtet. Auskömmliche Renditen lassen sich nicht erzielen, wenn man das Geld auf Spar- oder Tagesgeldkonten liegen lässt. Dagegen bieten die Aktienmärkte gute Chancen.

Die Börsen boomen, aber die meisten Deutschen sind bei der Aktienrally nicht dabei. Schade, oder?

Schmidt: Ja, das ist ein Jammer. Viele Menschen glauben fälschlicherweise, Aktien-Investments seien Spekulation. Nein, Aktieninhaber sind Investoren, die an der Wertschöpfung der Unternehmen partizipieren. Schauen Sie sich die beeindruckende Leistungskraft der deutschen Wirtschaft an. Warum sollten Anleger nicht mit Aktien von Dax-oder MDax-Unternehmen davon profitieren? Das ist auch volkswirtschaftlich sinnvoll, weil die Unternehmen dann mehr Eigenkapital zur Verfügung haben, das sie wiederum für Investitionen nutzen können. Sparen allein reicht – besonders in Zeiten von Mini-Zinsen – nicht aus. Deutschland braucht eine Aktienkultur. Wir müssen ein Volk von Investoren werden.

Vielen Menschen sind die Aktienmärkte suspekt. Dabei ging die globale Finanzkrise von den Immobilien-, Derivate- und Anleihemärkten aus. Ist das eine verzerrte Wahrnehmung von Risiken?

Schmidt: Absolut! Nehmen Sie als Beispiel die enorme Verschuldung mancher Länder in der Euro-Zone. Die Annahme, Staatsanleihen seien garantiert sicher, gilt doch nicht mehr. Natürlich gibt es an den Börsen erhebliche Schwankungen. Aber wer mittel- und langfristig in Aktien investiert, der erwirtschaftet – das belegen wissenschaftliche Studien immer wieder – ordentliche Renditen.

Was sollten Anleger generell in Finanzangelegenheiten beachten?

Schmidt: Viele Menschen haben ein Problem, in Sachen Geldanlage rationale Entscheidungen zu treffen. Es bedeutet für sie Stress, sich mit Finanzmärkten zu beschäftigen. Umso wichtiger ist es, mithilfe einer unabhängigen Beratung eine Anlagestrategie zu entwickeln und diese konsequent umzusetzen und langfristig zu verfolgen.

Gibt es in puncto Anlagestrategie so etwas wie eine Grundphilosophie bei der Quirin Bank?

Schmidt: Unser Vermögenverwaltungsteam hat unter der Leitung des Kapitalmarktforschers Professor Stefan May ein fundiertes Konzept erstellt. Es bringt das Wissen unserer Experten mit den Erkenntnissen der Kapitalmarktforschung zusammen. Unter anderem ist die wissenschaftliche Expertise der Wirtschafts-Nobelpreisträger Eugene Fama und Robert Shiller berücksichtigt. Diversifikation steht für uns im Mittelpunkt. Wir investieren breit gestreut in Indexfonds und senken dadurch Kosten und Risiken.

Noch eine Frage zur Finanzmarktregulierung. US-Präsident Trump will maßgebliche Reformen nach der Finanzkrise nun zurücknehmen. Droht eine Deregulierungs-Spirale?

Schmidt:Banken haben eine zentrale Rolle in der Wirtschaft. Aufgrund ihrer Systemrelevanz muss es eine gewisse Strenge bei der Regulierung geben. Es mag zuletzt in einzelnen Feldern Übertreibungen gegeben haben, aber man sollte die internationalen Finanzmarktreformen nicht generell in Frage stellen. Wichtig ist für mich die klare Unterscheidung zwischen dem klassischen Bankgeschäft und riskanten Zockereien. Zum Schutz der Kunden sollte bei Finanzinstituten deshalb das Einlagen- und Kreditgeschäft vom Eigenhandel, also dem Wertpapiergeschäft, getrennt werden.

Das Gespräch führte Matthias Will

Info

Karl Matthäus Schmidt, Jahrgang 1969, wurde im Alter von 25 Jahren Deutschlands jüngster Vorstandsvorsitzender. Nach seinem BWL-Studium gründete er 1994 den Discount-Broker Consors, den er fünf Jahre später an die Börse führte. Die Wirtschaftswoche zeichnete Schmidt als „Unternehmer des Jahres“ aus. 2002 verkaufte er Consors an die französische BNP Paribas. In den Folgejahren war Schmidt Sprecher des Vorstands der CCB Bank AG in Berlin und entwickelte ein völlig neuartiges Konzept für das Privatkundengeschäft. 2006 formierte sich unter seiner Führung die Quirin Bank – eine Honorarberaterbank mit Hauptsitz in Berlin, die auch in Hof eine Niederlassung betreibt. Schmidt ist Vater von vier Kindern und lebt mit seiner Familie in Berlin und Kulmbach.

Die Quirin Bank AG erwirtschaftete nach vorläufigen Zahlen im vergangenen Geschäftsjahr einen Jahresüberschuss nach Steuern in Höhe von 3,2 Millionen Euro – nach 4,3 Millionen Euro 2015. Damit liegt der Jahresüberschuss 2016 oberhalb der Prognose von bis zu 2,5 Millionen Euro, wie die Bank mitteilt. Der geprüfte Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2016 wird den Angaben zufolge am 31. März veröffentlicht.

Lindenstraße 37, 95028 Hof

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