"Nicht akzeptabel, aber Teil der Musikkultur"
Der Echo ist der wichtigste deutsche Musikpreis, eine Art deutscher Grammy. Er wird nach Verkaufszahlen und Juryempfehlung vergeben. In strittigen Fällen wird ein Beirat angerufen. Im Fall des Rap-Albums hieß es vor der Verleihung, die künstlerische Freiheit sei in dem Text «nicht so wesentlich übertreten», dass ein Ausschluss gerechtfertigt wäre.
Der Sprecher des Beirats verteidigte die Entscheidung. «Grenzüberschreitungen sind nicht akzeptabel, aber sie sind ein Teil der Musikkultur», sagte der CDU-Politiker Wolfgang Börnsen der Deutschen Presse-Agentur. Der Beirat habe die Entscheidung gemeinsam getroffen, sagte Börnsen. Das Gremium habe die Texte der Rapper für unvertretbar und unwürdig gehalten.
Campino: Eine Grenze überschritten
Zugleich unterstrich Börnsen: «Uns mangelt es an Eigenverantwortung der Künstler.» Er will die Diskussion nach vorne lenken. Man müsse daraus lernen. «Es braucht ein neues Wertesystem.» Es gehe auch um Themen wie Hass, Frauenfeindlichkeit und Sympathien für Terrorismus.
«Imponierend» habe er den Echo-Auftritt von Campino gefunden, so Börnsen. Der Frontmann der Toten Hosen hatte während der Show erklärt, wenn es um frauenverachtende, homophobe, rechtsextreme und antisemitische Beleidigungen gehe, sei für ihn die Grenze überschritten.
Kritik an Kriterien der Preisvergabe
Der SPD-Bundespolitiker Martin Rabanus sagte laut «t-online.de», die Veranstalter des Echos hätten versagt. «Der Echo muss insgesamt neu aufgesetzt werden. Offensichtlich sind die Kriterien dieser Preisverleihung nicht geeignet, um antisemitische, fremdenfeindliche und menschenverachtende Werke auszuschließen.» In der Jugendkultur sei offensichtlich rechtsextremes Gedankengut salonfähig geworden.
Der Grünen-Bundespolitiker Erhard Grundl sagte laut «t-online.de», dass sich die Politik bei der Regulierung von Musik «zurückhalten» solle. «Antisemitismus wie bei Kollegah muss man nicht noch durch einen Preis unterstützen - ganz klar», so Grundl. «Aber ich rate zur Zurückhaltung. Es ist ein sensibles Spannungsfeld zwischen Kunstfreiheit und Jugendschutz.» Der Echo sei eine Selbstbeweihräucherung der Musikindustrie und ein Kommerzpreis. «Das Selbstverständnis der Musikbranche ist, dass das gut ist, was sich gut verkauft. Das muss sich ändern.»
Thomas M. Stein: Nicht alles auf die Goldwaage legen
Echo-Mitentwickler Thomas M. Stein sagte dem Portal, beim Rap dürfe man nicht alles auf die Goldwaage legen. «Ich bin nicht der Meinung, dass Farid Bang und Kollegah prädestinierte Antisemiten sind. Ich glaube, dass hier jetzt viel hineininterpretiert wird, was vorher gar nicht geplant war. Aber jetzt haben sie es nun einmal gesungen, jetzt wird es so interpretiert und jetzt müssen sie damit fertig werden.»