Musen, Autorinnen, Baumeisterinnen

und Michael Weiser

Diese Liste ist eines natürlich nicht: vollständig. Soll sie auch nicht sein. Sie soll unterhalten, mit Persönlichkeiten, die im großen wie im kleinen ihre Rolle in unserer Heimat spielten. Und zwar ebenso wie die Männer, wenn auch in den Geschichtsbüchern meist vernachlässigt. Zum Weltfrauentag präsentieren wir große und kleinere Namen, von großen Geist und großer Güte, die eines gemeinsam haben: Anders die notorischen Unruhestifter, deren Taten ganze Bibliotheken füllen, haben sie sie sich nicht durch Kriege Namen gemacht.

 
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Kreisch! Wenn wir diese Frau vergessen hätten, hätten wir Entenhausens deutsche Gründerin übersehen. Erika Fuchs (1906 bis 2005) war nicht einfach eine Übersetzerin, sie war die Schöpferin einer eigenen Welt, bevölkert von Dagobert Duck, Donald Duck und ihren Freunden. Sie lebte in Schwarzenbach an der Saale. Die Ortsnamen ihrer Wahlheimat schmuggelte sie immer wieder in Walt Disney’s lustige Bildergeschichten.

Noch so eine Stadtgründerin: Wir wissen nicht, was ohne Markgräfin Wilhelmine (1709 bis 1758) hier am Roten Main stehen würde, es wäre jedenfalls nicht das Bayreuth, wie man es kennt und schätzt. Neues Schloss, Markgräfliches Opernhaus, weite Teile der Eremitage, Sanspareil – die Markgräfin und ihr Mann Friedrich verordneten Bayreuth eine Schönheitskur. Wilhelmine hatte Esprit, schrieb, komponierte und pflegte Freundschaften mit erlauchten Geistern wie Voltaire.

Malwida von Meysenbug (1816 bis 1903) – eine begnadete Netzwerkerin. Und mehr als das. Unter anderem die erste Frau, die für den Literaturnobelpreis nominiert wurde. Sie setzte sich für Frauenrechte ein, kannte Gott und zumindest die halbe Welt, darunter Garibaldi, Mazzini, Baudelaire, Berlioz und Nietzsche, dem sie noch zu Zeiten seiner Umnachtung die Treue hielt. Besonders dicke war sie mit Richard Wagner, bei dessen Hochzeit mit Cosima sie Trauzeugin war. In Bayreuth wohnte sie an der Dammallee.

Alzire, so lautet der Titel einer Tragödie von Voltaire, der Wilhelmine anbetete. Alzire ist auch der Name der ersten Frau aus der Fremde, die in Bayreuth aus dem Dunkel der Vergessenheit tritt. Sie war die Hofdame von Wilhelmine und hatte einen weiten Weg hinter sich: Sie stammte aus Surinam. Gestorben ist sie, von den Markgrafen offenbar gut angesehen, im Jahre des Herrn 1751, noch keine 25 Jahre alt.

Hilde Marx (1911 bis 1986): Journalistin und Dichterin aus Bayreuth: Ihr Leben zeigt, wie es einem ergehen kann, wenn andere bestimmen, wer dazu gehört und wer nicht. Sie war Jüdin, floh vor den Nazis in die USA. Das Verhältnis zu Bayreuth? Zwiespältig. Es war Heimat, das schon. Aber verlorene Heimat. Mit Menschen, die sie nicht gut behandelt hatten. Wie auch Richard Wagners Enkel. Damals war Hilde Marx eine wichtige Stimme der Exilliteratur. Und heute noch liefert sie Argumente gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung. Im Herbst vergangenen Jahres holte eine Ausstellung Hilde Marx aus der Vergessenheit. Das offizielle Bayreuth erinnert weiterhin nicht an sie.

Cosima Wagner (1837 bis 1930): Die starke Frau hinter Richard Wagner, Festspielretterin, „Gralshüterin“, Antisemitin, gefühlskalte Patronin. Ohne sie (und einige andere, darunter ihr Vater Franz Liszt) hätten die Festspiele den Tod Wagners nicht überlebt. Cosimas Wirken ist dennoch höchst umstritten: Unter ihr erstarrten die Festspiele, sie stellte auch die Weichen für die Verstrickung des Wagner-Clans in die Nazi-Ideologie. Eine zwiespältige Frau, kaum weniger als ihre Schwiegertochter Winifred.

Thea von Harbou (1888 bis 1954) stammt aus der Gegend von Hof, genau: aus Tauperlitz. Und eroberte die große weite Welt des Films. Die Drehbücher zu „Metropolis“ und „M“, zum „Indischen Grabmal“ – alle stammten sie von ihr. Extrem einflussreich für die Entwicklung des deutschen Films – gerade zur NS-Zeit.

Claire Born (1898 bis 1965): Eine Tochter Oberfrankens, die in ihrer Heimat irgendwann nicht mehr gelitten war. Wegen ihrer jüdischen Abkunft ging sie 1933 ins Exil, erst nach Österreich, nach dem „Anschluss“ nach England. In ihrer Heimatstadt Bayreuth sang sie die Eva und die Gutrune.

In ihrem Stübchen spann sich Jean Paul seine Welt am liebsten zusammen: Anna Dorothea Rollwenzel (1756 bis 1830) aus Melkendorf hielt für den exzentrischen Autor stets Bier und gekochte Kartoffeln bereits, gute Gespräche und Fürsorge. Ihre Rolle ist kaum zu überschätzen, das wusste schon Jean Pauls Gattin Karoline: „Sie liebt meinen Mann aus wahrem Gefühl seines Wertes, und sie wird mit ihm zur Unsterblichkeit gelangen.“

Auch die Reformation war nicht nur Männersache: das Kloster Himmelkron beispielsweise führte Margarete von Döhlau zum neuen Bekenntnis. 1569 starb die „evangelische Äbtissin“, 63 Jahre alt.

Mozart war eben doch in Bayreuth - Maria Anna Thekla Mozart (1758 bis 1841). Was da genau zwischen dem Komponisten-Genie und seinem Augsburger „Bäsle“ lief? Wir wissen es nicht, können es nach der Lektüre der Briefe nur vermuten. Egal, die bezaubernde, hoch gebildete Cousine Wolfang Amadés lebte von 1814 an in Bayreuth.

Wer sich fragt, warum die Luisenburg Luisenburg heißt, findet die Antwort im Starkult des frühen 19. Jahrhunderts: Luise von Preußen (1776 bis 1810), schöne Königin und Widerpart Napoleons. Im Fichtelgebirge war sie übrigens wirklich. Die Gegend war damals ja preußisch. Auch am Rande Bayreuths hätte man ihr fast ein Denkmal gesetzt: Der Sophienberg wäre damals beinahe in Luisenberg umbenannt worden.

Kinderlähmung in Deutschland? Gibt’s nicht mehr. Auch dank Kathi Baur (1898 bis 1984), der Frau des Burgkunstädter Firmengründers Friedrich Baur. Sie litt an Kinderlähmung. Grund, die Baur-Stiftung auch der Bekämpfung neuromuskulärer Erkrankungen zu widmen. Die Freude am Tempo übrigens ließ sie sich nie nehmen. „Das war damals immer eine Schau, wenn sie in ihrem 600er Mercedes vorbeikam“, erinnert sich Günter Dippold, Heimatpfleger des Bezirks.

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