Morddrohungen gegen Zirkus Krone

Von Susanne Will
Max Siemoneit-Barum vor dem Seelöwen-Becken, das 100 000 Liter fasst. Foto: Susanne Will Foto: red

Zirkusmitarbeiter gegen Tierschützer. Von Tierschützern bekommen die Menschen im Zirkus Krone sogar Morddrohungen. Diesen Mittwoch ist Premiere.

 
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Max Siemoneit-Barum ist der Zweite Betriebsinspektor im Zirkus Krone. Der 35-Jährige hätte eigentlich den Veterinär begleitet, er muss aber die vielen Wagen rangieren. 2008 hatte sein Traditionszirkus „Siemoneit-Barum“ die Manege für immer geschlossen. „Einmal Zirkus, immer Zirkus“, sagt er und heuerte 2012 bei der Konkurrenz Zirkus Krone an.

Quelle: Circus Krone

Es sind die Stunden vor der Premiere, in denen fast alles steht und einiges noch nachgebessert werden muss. Währenddessen schieben Eltern ihr Kind am Löwengehege vorbei, lässt sich eine Schulklasse die Dressur der Seelöwen erklären. „Unsere Politik des Hauses ist die der offenen Tür“, sagt er. Das geschieht nicht ohne Eigennutz, aber das scheint nichts zu nutzen: „Vor allem die Tierrechtler verbreiten viele falsche Tatsachen über uns.“

Peta verschickte Video an Stadträte

Es ist die Macht der Bilder, die sich beispielsweise die umstrittene Organisation Peta zu Eigen macht. Peta hat an alle Stadträte Bayreuths im Vorfeld ein Video verschickt, das Tiere des Zirkus Krone zeigt. Eine Löwin ist darauf zu sehen, wie sie am Gitter auf und ab läuft. Eine „Verhaltensstörung“ nennt das Peta. In dem Moment, als Siemoneit-Barum mit dem Kurier redet, läuft auch eine Löwin am Zaun auf und ab. Im Hintergrund kracht und scheppert es. „Das ist keine Verhaltensstörung. Sie hört am Lärm, dass gerade ihr Futter kleingehackt wird und ist einfach gespannt darauf“, erklärt der 35-Jährige das Verhalten.

Quelle: Peta

Auf und ab tigern die Tiger auch, als kurz danach die Pferde direkt am Zaun vorbeigeführt werden. „Diesen Instinkt, dass da gerade ein Frühstück vorbei läuft, können wir den Tieren nicht abtrainieren.“ Sie springen an den Gittern hoch, Adrenalin scheint die Tierkörper zu fluten – wie in freier Wildbahn auch, nur dass sie sich hier das Jagen sparen können: Die Kraft dafür müssen sie nicht aufwenden, hier kommt das Futter portioniert, für 20 000 Euro im Monat für alle Raubtiere im Zirkus. „Wenn ich aber solche Bilder produzieren will, dann kann ich das tun. Ein wenig traurige Musik drunterlegen, ein paar Behauptungen – und schon werden Emotionen transportiert“, sagt Siemoneit-Barum.

Bald keine Elefanten mehr bei Zirkus Krone

Die Haltungsbedingungen hätten sich seit den 70er Jahren „extrem verbessert“, sagt er. Aus dieser Zeit gibt es noch Elefanten. Dickhäuter, die „weben“, die ständig hin- und herkippeln oder mit dem Kopf wackeln.  „Das kriegt man aus diesen Tieren nicht mehr heraus.“ Bei den Elefanten spielt zumindest die Zeit in die Hände der über Wildtiere im Zirkus erbosten Tierrechtler. „Wir haben sechs Elefantenkühe, keinen Bullen. Wenn die Kühe einmal sterben, dürfen wir keinen Ersatz mehr einkaufen, das ist verboten. Hätten wir eine Nachzucht, dürften wir weitermachen.“

Pro Tag werden 112 Elefanten in Freiheit getötet

Die Elefanten Aicha und Kenia sind 33 Jahre alt, sie können bis zu 80 Jahre alt werden. Schätzungen zur Folge werden jährlich mindestens 40 000 Elefanten getötet. Das wären 112 am Tag. Bis zu 2000 Euro kostet ein Kilo Elfenbein auf dem Schwarzmarkt, mit dem auch Kriege und Terrororganisationen auf der ganzen Welt finanziert werden.

Es leben nur noch etwa 470 000 Dickhäuter in Afrika

In Zoos bemüht man sich um Nachzuchten für das größte Landlebewesen. In den 1940er Jahren liefen bis zu fünf Millionen Dickhäuter durch Afrika, heute sind es nur noch etwa 470 000.

Den sechs Elefanten im Zirkus Krone ist es draußen zu kalt. Sie sind in einem großen Zelt untergebracht, eine Heizung befeuert die Luft auf kuschelige 20 Grad, sie können liegen oder stehen oder sich ein paar Meter bewegen. Auch das Breitmaulnashorn Tsavo lässt sich nicht blicken und bleibt bei sieben Grad Außentemperatur lieber unter der Wärmelampe. 42 Jahre alt ist es. Für Max Siemoneit-Barum ist Tsavo ein alter Bekannter, „der stammt aus unserem Zoo und ist dann vom Zirkus Krone aufgenommen worden“. In der freien Wildbahn gelten 40 Jahre als Obergrenze für ein Nashorn.

Im Zirkus Krone lebt der älteste Löwe Europas

Zwei Löwen lungern in der frischen Streu in Käfigen nebeneinander, ihre Spielklötze sind aus stabiler Palme, die Kaubälle zeigen deutliche Spuren. Zwei Alpha-Tiere nebeneinander? In der freien Natur wäre das nicht von Dauer. Martin Lacey heißt ihr Dompteur, die beiden Löwen sind miteinander aufgewachsen, deshalb funktioniert die Harmonie. Zu Laceys Tiergruppe gehört der älteste Löwe Europas mit 28 Jahren. In einem anderen Käfig kabbeln sich weiße Tiger und weiße Löwen. Sie spielen, sie jagen sich, während andere im Transportwagen dösen. Stress? Fehlanzeige. Der weiße Löwe ist so entspannt, dass er die weiße Tigerin besteigt. Daraus könnten „Liger“ werden, wenn die  Weibchen keine Verhütungshormone via Chip unter der Haut hätten. Im Zoo funktioniert das genauso. „Den Löwen können wir kein Verhütungsmittel geben – sie würden ihre Mähnen verlieren“, sagt Siemoneit-Barum.

"Wir wollen niemanden umdrehen"

Immer mehr Menschen kommen, um sich hinter den Kulissen umzusehen. „Genau das wollen wir. Sie sollen sich selbst ein Bild machen. Wir wollen niemanden umdrehen.“ Gegen Kritik habe er nichts, er wisse selbst, dass er die Natur nicht zu 100 Prozent nachahmen könne. „Aber die Tierrechtler werden immer aggressiver“, hat er beobachtet. Er erhält Todeswünsche via Facebook, „auch Morddrohungen“. Oder Ankündigungen, dass das Zelt abgefackelt werde. „Plakate werden zerstört, Bremsleitungen von Zugmaschinen durchgeschnitten, es fliegen Backsteine gegen die Wohnwagen, Zeltplanen werden zerschnitten“, zählt er auf. „Wir haben Nachtwachen organisiert, vor allem zum Schutz der Tiere – aber auch für unseren Schutz.“

Morddrohungen, Hetze, Hohn

„Schockierend“, findet er die Hetze, die Anfeindungen, die Drohungen. In Lauf an der Pegnitz, wo sie vorher standen, wurden er und Dr. Susanne Matzenau, die Pressesprecherin und Biologin, öffentlich und per Lautsprecher verhöhnt.

Genaue Kontrolle durchs Veterinäramt

Auch das Veterinäramt bestätigt die Meinungen der Tierrechtler und Tierschützer, der Zirkus Krone würde Tiere quälen, nicht. Dr. Kai Braunmiller untersuchte Transportwagen, Futtervorräte, Zelte, Bodengrund, die Dokumentationen der Tierpfleger, die Zulassung, das Bestandsbuch. „Das nimmt mittlerweile Formen an, die auch ich teilweise für etwas übertrieben halte“, sagt der Veterinärdirektor. „Wenn ein Amtstierarzt beispielsweise mit einem Laser versucht, die genaue Quadratmeterzahl zu ermitteln“, nennt er als Beispiel. Doch Vorgabe ist Vorgabe. „Wichtig ist, dass man den Tieren wie beispielsweise den Pferden genügend Auslauf gibt. Und den haben die.“ Dass die Elefanten im Zelt gewesen sind, hat Braunmiller notiert. Er wird am Wochenende – es soll wärmer werden – erneut kontrollieren, ob die Dickhäuter dann im Freien sind.

"Krone macht teilweise mehr, als verlangt wird"

 „Eine ausgezeichnete Haltung gibt es nicht. Zum einen, weil ich immer etwas verbessern kann und zum anderen, weil sich  die Tiere selbst etwas anderes vorstellen würden.“ Aber „unter rechtlichen Bedingungen passt es, Krone macht teilweise mehr, als verlangt wird.“ Es seien Beschäftigungsmaterialen in den Käfigen, „das ist wichtig, dass sich keine Stereotypen entwickeln, und es ist immer jemand da, der sich um die Tiere kümmert.“ Natürlich könne dennoch ein Pferd lahmen oder ein Huf schon über dem nächsten Pediküretermin sein.  Zur Premiere wird er sich ansehen, wie die Tiere in der Manege präsentiert werden. „Wir begutachten auch die Trainingsmethoden.“

"Eine Zwei plus"

Sein Fazit nach dem ersten Rundgang: „Der Zirkus Krone bekommt von mir eine Zwei. Eine Zwei plus.“

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