Mord aus Leidenschaft?

Von Lisa Forster und
Ermittler der Polizei stehen am 12.09.2017 unmittelbar neben dem Fundort einer verkohlten Frauenleiche am Feringasee in Unterföhring (Bayern). Foto: Matthias Balk/dpa Foto: red

Für die Ermittler ist klar: Ein junger Mann aus dem Landkreis Hof hat in München seine Freundin auf brutal Weise getötet. Die Tat verstört Bekannte in der alten Heimat zutiefst.

 
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Der Gärtner war der Erste bei der Leiche, der Mörder aber scheint im wirklichen Leben ein anderer zu sein. Am Montag war es, als ein Landschaftsgärtner beim Rasenmähen am Ufer des Feringasees bei Unterföhring im Landkreis München einen verkohlten Leichnam fand. Dieser Baggersee gilt unter den Großstädtern als beliebtes Ausflugsziel. An schönen Septembertagen genießen hier Tausende den Spätsommer – am Montag war alles anders.

Haftbefehl gegen Lebensgefährten

Experten der Spurensicherung untersuchten die Leiche, fanden Hinweise auf Brandbeschleuniger. Schnell war klar, dass es sich bei der toten Frau um Beatrice F. handelt. Die Managerin eines Hightech-Unternehmens aus der Autobranche war am Montag nicht zur Arbeit erschienen. Unentschuldigt. Das waren die Kollegen von ihr nicht gewohnt.

Gestern Nachmittag nun erging Haftbefehl gegen ihren langjährigen Freund. „Wir haben von innen nach außen ermittelt, die Lebensgewohnheiten untersucht und dabei hat sich der Verdacht gegen den Lebensgefährten erhärtet“, erklärte gestern Herbert Linder, Chef der Münchner Mordkommission.

Frau konnte nur durch Zahnstatus identifiziert werden

Der aus dem Raum Naila im Frankenwald stammende Verdächtige soll die Frau bereits in der Nacht zum Samstag ermordet haben. Nach Informationen der „ Süddeutschen Zeitung“ erdrosselte er sie, brachte sie zum See, legte sie am Rande eines Parkplatzes im Gras ab, überschüttete sie mit Benzin und zündete sie an. Es blieb so wenig von ihr übrig, dass Experten Beatrice F. später erst mithilfe ihres Zahnstatus’ identifizieren konnten. Der vermutlich bekleidete Körper muss nach Ansicht der Ermittler regelrecht in Brennstoff getränkt worden sein. Er verbrannte komplett.

Seit Mittwochnachmittag sitzt der 32-Jährige im Gefängnis Stadelheim in Untersuchungshaft. Vorausgegangen waren stundenlange Befragungen. Am Donnerstag wurde er dann dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Die Staatsanwaltschaft beantragte Haft wegen Mordes.

Tatverdächtiger hüllt sich in Schweigen

Drei Tage zuvor hatte der Verdächtige die Beamten noch auf eine falsche Fährte locken wollen, indem er seine Freundin als vermisst meldete. Sie habe sich, so erklärte er, am Sonntag mit einer Kollegin treffen wollen und sei abends nicht nach Hause gekommen. In Wirklichkeit hatte die Frau letztmals am Freitagabend ein Lebenszeichen gegeben. Da war sie bei einer Freundin zu Besuch. Der Lebensgefährte galt zunächst als Zeuge. Erst als seine Aussagen dann immer weniger mit den Ermittlungsergebnissen übereinstimmten, nahm ihn die Mordkommission fest. Nach Angaben des Chefermittlers habe der Verdächtige dies „wortlos“ hingenommen. Sein Anwalt riet ihm dazu, zu schweigen – daran hält er sich seither eisern.

Die Aufklärung der Tat wird erheblich dadurch erschwert, dass das Handy des Opfers bislang unauffindbar ist. Über den Netzanbieter bekam die Kripo Daten ihrer letzten Aktivitäten. Aufgrund von „massiven Einschränkungen“ bei der Vorratsdatenspeicherung seien diese Auskünfte aber mager. „Das ist sehr ärgerlich“, klagte Hauptkommissar Herbert Linder.

Polizei findet geparkten BMW des Opfers

Dagegen hat die Polizei den Wagen des Opfers, einen 1er BMW, bereits im Laufe des Montags ausfindig machen können. Er stand in der Nähe ihrer Arbeitstätte. Das Auto wird seither auf Spuren untersucht. Die Ermittler halten es für möglich, dass der Wagen am Tatort gewesen ist. Manchmal lässt sich anhand von Schmutz- und Erdspuren am Wagen oder im Reifenprofil feststellen, an welchen Orten ein Auto bewegt wurde.

Offen ist die Frage nach dem Motiv. Hinweise auf ein Sexualverbrechen gebe es nicht, aber: „Eine Vielzahl der Indizien zeigen Mordmerkmale aus niedrigen Beweggründen“, sagte Oberstaatsanwältin Anne Leidig während einer Pressekonferenz am Donnerstag und Kommissar Linder ergänzte: „Oft sind Tötungsdelikte Beziehungstaten im weitesten Sinne.“ Die Aussage sowie der Tathergang könnten nach Ansicht der Ermittler auf ein Verbrechen aus Leidenschaft hindeuten. In der Kriminalistik sprechen Fachleute vom „Übertöten“, wenn Täter Handlungen durchführen, die zum Tod führen würden, wäre das Opfer nicht bereits verstorben. Meist spielen Gefühle wie Wut, Hass oder verletzte Gefühle in solchen Fällen eine Rolle.

Tatverdächtiger mit tadellosem Ruf

Bislang galt der nun dringend Tatverdächtige als völlig unbescholtener Mensch. Im Gegenteil: Freunde und Bekannte, die ihn zum Teil von klein auf kennen, wissen nur Gutes über ihn zu sagen. Einer meinte auf Anfrage unserer Zeitung: „Er gehört zu der Sorte Mensch, über die man sagen würde: So etwas macht der niemals. Völlig undenkbar!“ Ob unter einstigen Mitschülern am Gymnasium, bei Studienkollegen oder auch in Fußballerkreisen – überall hatte der junge Mann offenbar einen tadellosen Ruf.

Mit seiner Freundin war er bereits seit einigen Jahren zusammen. Die beiden hatten sich kennengelernt, als die aus dem Raum Leipzig stammende Beatrice F. in Plauen lebte. Später gingen sie gemeinsam nach München, teilten dort ihre Leidenschaft fürs Golfspielen und hatten auch beruflich Erfolg – sie als „Advanced Projekt Managerin“ in einem BMW-Zuliefererbetrieb, er als Key Account Manager bei einer international tätigen Firma.

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