Momo bringt die Zeit zurück

Von Michael Weiser
 Foto: red

Schöne Inszenierung, schwacher Besuch: Das Theater Hof zeigt in dem Kinderstück "Momo" spielerisch und bunt, wie wichtig Zeit ist. Am Dienstag gibt es eine letzte Gelegenheit.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Es war schön, mit magischen Farben und gut aufgelegten Schauspielern. Und es war ein bisschen traurig. Weil der Besuch (zumindest beim zweiten Termin am Montag Morgen) katastrophal schwach war und an manche Tiefpunkte während des Wagner-Jubiläumsjahres erinnerte. Da kommt das Theater Hof mit Michael Endes berühmter "Momo", mit der effektsicheren und flott auf die Bühne gesetzten Inszenierung Bernd Plögers. Und beim zweiten Termin um halb elf vormittags verliert sich gerade mal eine Grundschulklasse und ihre Betreuer sowie eine Handvoll einzelner Besucher in der  großen Stadthalle. Und das, obwohl das Stück sehr geeignet für sehr junge Besucher ist. Und obwohl das Theater Hof, so war es auf Anfrage zu erfahren, gezielt die Schulen eingeladen hatte. 

Man hat derlei immer wieder erleben können, ganz besonders deutlich im vergangenen Jahr. Da kam mit "Verrücktes Blut" endlich mal ein hochaktuelles und brisantes Stück nach Bayreuth, in der Reihe von "Theater auf Touren". Und auch bei diesem Stück für junge Menschen waren ausgerechnet die jungen Menschen krass in der Minderheit. Wenn schon die Schulen ihre Klientel nicht fürs Theater begeistern können, muss einem bange werden um die Theaterkultur in Bayreuth. Vielleicht aber waren auch drei Termine zu viel. Auch an Vormittagen wie diesen wird klar, wie wichtig ein  Kulturkonzept wäre. Was das betrifft: Kulturreferent Fabian Kern hat Lieferung versprochen.

Wichtige Fragen in 75 Minuten

In 75 Minuten schafft es das Theater Hof jedenfalls, wichtige Fragen zu verhandeln. Zeit ist wichtig, aber in einerm anderen Sinne, als es die Herren in Grau behaupten: Man kann sie nicht verzinsen noch ansparen, schon gar nicht, indem man immer mehr arbeitet und sich selbst aufs Funktionieren trimmt. Es kommt vielmehr darauf an, im Hier und Jetzt die Zeit zu nützen: Für Lesen, für Freunde beispielsweise, fürs schöne Leben. Sachen, Konsumgüter jedenfalls sind kein Ersatz für Zeit. Wer darauf setzt, spielt nur den grauen Herren in die Karten. Momo, das Kind, das zuhören kann, schafft es am Ende, die gefrorene Zeit der Kontrolle der Zeitdiebe zu entreißen.

Annette Mahlendorf hat eine Kulisse auf die Bühne gestellt, das je nach Szene und Beleuchtung Amphitheater, Kneipe oder Zeitsparkasse sein kann. Die Bühne ist in bunte, magische Farben getaucht, es gibt Musik und Tanz, die Schauspieler lassen sich auch von der Leere in der Stadthalle nicht von ihrer Spiellaune abbringen. Marina Schmitz zum Beispiel ist eine so berührende wie stimmsichere Momo. Und sogar ein bisschen Medienkunde haben die Hofer eingebaut. Von Smartphones und Selfies konnte "Momo"-Autor Michael Ende wirklich noch nichts wissen. Ist aber nicht verkehrt, das junge Publikum auch mal darauf hinzuweisen, wie diese Technik von tückischen Zeitdieben genutzt werden kann.

Am Dienstag um 8.30 Uhr gibt es nochmals in der Stadthalle die Gelegenheit, sich "Momo" anzuschauen. Die Zeit sollte man sich mal nehmen.

INFO: In der Wochenendausgabe des Kuriers hatten wir für Dienstag die falsche Uhrzeit genannt. Richtig ist: 8.30 Uhr. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. Die Aufführung ist vor allem für Schulklassen, zusehen dürfen natürlich auch interessierte Einzelbesucher.