Neustart in Neuseeland? Mollath will auswandern

Klaus Tscharnke,
 Foto: red

Derzeit bereitet er sich auf sein Wiederaufnahmeverfahren im kommenden Frühjahr vor. Zukunftspläne hat Gustl Mollath erst mal zurückgestellt. Erst gelte es, den Prozess vor dem Landgericht Regensburg zu einem guten Ende zu bringen. Mollath war sieben Jahre in Straubing und Bayreuth in der Psychiatrie untergebracht. Welche Gedanken sich der 57-Jährige trotzdem über seine Zukunft macht, darüber sprach er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Dabei denkt er sogar übers Auswandern nach.

 
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Herr Mollath, wie geht es Ihnen? Haben Sie inzwischen wieder eine eigene Wohnung?
Gustl Mollath: Bisher bekomme ich Obdach bei verschiedenen Freunden und Bekannten – und das in ganz Deutschland. Die Solidarität und Hilfsbereitschaft von Bürgern ist sehr groß. Dafür bin ich auch sehr dankbar.

Im Moment sind Sie bei Bekannten in der Region Nürnberg untergekommen?
Mollath: Im Moment, ja. Für ein paar Tage. Gäbe es keine ordentlichen Menschen, müsste ich mir die Brücken suchen.

Wie finanzieren Sie sich derzeit? Haben Sie Hartz IV beantragt?
Mollath: Nein, noch nicht. Ich muss mich erst mal informieren über die Möglichkeiten. Ich möchte aber eigentlich meinen Lebensunterhalt selbst verdienen, wie ich es immer gemacht habe. Andererseits sehe ich es nicht ein, dass ich null Unterstützung bekommen soll. Und andere werden sehr wohl unterstützt.

In den letzten Tagen war bekannt geworden, dass das Landgericht Regensburg plant, sie während des Prozessverlaufs von einem psychiatrischen Gutachter beobachten zu lassen. Es läuft also auf eine weitere Psychiatrische Begutachtung hinaus. Was sagen Sie dazu?
Mollath: Ich kann es nicht beeinflussen, dass das Gericht sagt, Herr Professor Nedopil soll ein Gutachten über mich machen. Auf keinen Fall werde ich mich persönlich Herrn Nedopil ausliefern. Ich persönlich rechne mit einem Spagat des Gutachters: Wahrscheinlich wird er mit seinem Gutachten seine Kollegen und das Obrigkeitssystem in Form von Staatsanwaltschaft und Gericht schützen wollen, so gut er kann. Und wahrscheinlich wird er mich nur begrenzt in die Pfanne hauen. Aber in die Pfanne komme ich. Und das kann er dann gern über ein Aktengutachten tun.

Wie stellen Sie sich denn Ihre weitere Zukunft vor?
Mollath: Wenn ich sehe, was in diesem Land abgeht, frage ich mich, ob ich länger in diesem Land bleiben möchte.

Was wollen Sie damit sagen?
Mollath: Ich habe mir mit 16 mal überlegt, auszuwandern. Das einzige vernünftige Land, das dafür in Frage kam, war Neuseeland. Mittlerweile bereue ich ein bisschen, dass ich mich mit 16 nicht dazu entschlossen habe, nach Neuseeland auszuwandern. Inzwischen befasse ich mich wieder ernsthaft mit der Frage.

Mit welcher Erwartung gehen Sie in das Wiederaufnahmeverfahren?
Mollath: Ich wünsche mir, dass das ganze Verfahren von vorne aufgerollt wird. Ich wünsche mir, dass auch alle Zeugen geladen werden, mindestens die, die auch damals schon geladen waren. Es waren ja damals etliche Geladene gar nicht vor Gericht erschienen.

Wie werden Sie Weihnachten in diesem Jahr verbringen?
Mollath: Ich werde wahrscheinlich Weihnachten nicht unter dem Weihnachtsbaum sitzen, sondern unterm Auto. Wenn andere ihre Schweinswürstel oder ihre Gans essen, werde ich wahrscheinlich in der Werkstatt sitzen und arbeiten. Ich repariere gerade den Wagen eines guten Freundes – auch um auszuprobieren, ob ich es nach den vielen Jahren noch kann.

Sie könnten sich als früherer Oldtimer-Restaurateur vorstellen, beruflich wieder in Sachen Automechanik oder Autotechnik Fuß zu fassen?
Mollath: Freilich. Es gibt auch Angebote. Ich könnte unter Umständen auch jetzt schon einen Fulltime-Job ausüben. Aber wenn ich acht Stunden in einer Werkstatt bin, kann ich in dieser Zeit nichts machen, was wirklich wichtig ist für mein Verfahren. Und ich erachte es als das Wichtigste, dass die Sache erst einmal abgeschlossen ist.

Wenn Sie jetzt durch Nürnberg gehen, werden Sie dann von Passanten erkannt? Gibt es Leute, die Ihnen spontan die Hände schütteln?
Mollath: Ja, schon. Das war ja vorhersehbar. Aber ich wünsche mir das nicht. Und ich stelle bei mir deswegen auch keine Veränderung fest. Ich bin noch immer derjenige, der ich schon immer war. Solche Dinge sind dann auch vergänglich.

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