Mittelschüler machen dem Handwerk Sorgen

Von Thorsten Gütling
Die Mittel- und Realschüler strömen nach den Abschlussprüfungen im Herbst auf den Arbeitsmarkt. Die Handwerksbetriebe klagen über mangelnde Kenntnisse in Mathematik und Rechtschreibung. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Notenschluss! Seit gestern steht in vielen Schulen fest, wie die Zwischenzeugnisse der Abschlussjahrgänge ausfallen werden. Der Jahrgang wird nicht schlechter sein, als vorherige auch, schätzen die Schulleiter in der Region. Die Ausbildungsbetriebe klagen derweil über fehlende  Rechtschreib- und Rechenkompetenzen, vor allem unter den Absolventen der Mittelschulen.

 
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Thomas Zimmer ist Präsident der Handwerkskammer für Oberfranken und Bäckermeister. Er sagt: „Ich suche seit einem Dreiviertel Jahr nach Auszubildenden und finde keine.“ Dabei stelle er bestimmt keine hohen Ansprüche. Probleme bereiten demnach vor allem die Absolventen der Mittelschulen. Oft seien Kenntnisse über Grundrechenarten oder Rechtschreibung Mangelware.

Von wegen nicht ausbildungsreif

„Wir versuchen das sicherzustellen und in den allermeisten Fällen schaffen wir das auch“, sagt Bernd Zimmermann. Der Rektor der Christian-Sammet-Mittelschule in Pegnitz verweist auf die Kompetenzen, die die Absolventen einer Mittelschule mitbrächten: ein gutes Sozialverhalten und Teamfähigkeit. Die Defizite, die Schüler hätten, seien nichts, was die Berufsschulen nicht noch in den Griff bekommen könnten, sagt der Rektor der Christian-Sammet-Schule Pegnitz. Und auch an der Mittelschule Auerbach sagt die stellvertretende Schulleiterin Renate Schmidt: „Wir sollten nicht von Defiziten, sondern von unterschiedlichen Begabungen sprechen. Unsere Absolventen sind eben eher handwerklich begabt.“ Kammerpräsident Zimmer hält dagegen: „Wir sind den Umgang mit den Defiziten der Mittelschüler gewohnt.“ Die Berufsschulen hätten schließlich andere Aufgaben zu erfüllen, als den Schülern die Grundrechenarten beizubringen.

Die andere Seite der Medaille

Immer mehr Realschüler und Gymnasiasten bewerben sich um Ausbildungsplätze. Damit steige das Niveau der Bewerber am Ende sogar noch an, sagt Zimmer. Kam noch vor fünf Jahren jeder vierte Auszubildende von einer Realschule, sei es heute bereits jeder Dritte. Und während heute jeder zehnte Gymnasiast einen Ausbildungsberuf ergreife – meist als Vorstufe zu einem späteren Studium – war es vor fünf Jahren gerade einmal jeder Zwanzigste.

 

Bäcker und Metzger suchen händeringend

2500 Ausbildungsstellen stehen in diesem Jahr im oberfränkischen Handwerk zur Verfügung. „Und wir könnten die Zahl locker steigern, wenn wir mehr geeignete Bewerber hätten“, sagt Handwerkskammerpräsident Thomas Zimmer. Im vergangenen Jahr blieben mehr als 400 Ausbildungsplätze unbesetzt. Ein Drittel aller Stellen stehen in den drei Bereichen Elektro-, Kfz- und Sanitär-/Heizung-/Klimatechnik zur Verfügung. Am dringendsten sucht das Lebensmittelhandwerk nach Auszubildenden. „Bäcker und Metzger haben es am schwersten“, sagt Zimmer. Beim Bäckerhandwerk seien die Arbeitszeiten der Grund, den Metzgern werde es zum Verhängnis, dass der Umgang mit Fleisch und Blut gerade nicht angesagt sei.

Flüchtlinge drängen auf den Arbeitsmarkt

Wenn im nächsten Jahr vermehrt Flüchtlinge auf den Arbeitsmarkt drängen, rechnet Zimmer damit, dass die Schere zwischen den guten und den schlechten Bewerbern weiter auseinandergeht. Handwerkskammerpräsident Zimmer rät: „Die Schüler sollten die Ferien nutzen und in den ein oder anderen Beruf hineinschnuppern.“

In einer Bildergalerie erzählen Absolventen unserer Mittel- und Realschulen von ihren Berufswünschen.