Mitfahrbänke für ganz Oberfranken

Von Peter Rauscher
Bitte mitnehmen: Gemeinderat Florian Festel und Bürgermeister Reinhardt Schmalz auf der Mitfahrbank in Sparneck. Foto: Archiv/Ronald Dietel Foto: red

Eine neue Form des Trampens soll Bewohnern kleiner Orte mit schlechter Verkehrsanbindung mehr Mobilität ermöglichen. Gleich zwei Institutionen in Oberfranken haben unabhängig voneinander Initiativen für „Mitfahrbänke“ gestartet. (Mit Umfrage zum Projekt "Mitfahrbank" im Artikel)

 
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Die Idee, die in anderen Bundesländern bereits erprobt wurde, ist simpel: An einem markanten Punkt in einem Dorf an einer Ortsverbindungsstraße wird eine Sitzbank aufgestellt, die als Mitfahrbank gekennzeichnet ist. Wer darauf Platz nimmt, möchte von einem Auto in einen Nachbarort mitgenommen werden. Fahrpreis wird keiner fällig. In dem Nachbarort gibt es die gleich aussehende und gekennzeichnete Bank, quasi die Zwillingsschwester, für den Rückweg.

Kein VGN-Taktverkehr

Die wahrscheinlich erste Mitfahrbank Oberfrankens steht seit etwa fünf Jahren am äußersten südwestlichen Zipfel des Regierungsbezirks in der Gemeinde Langensendelbach (Landkreis Forchheim). Genauer gesagt: im Ortsteil Bräunlingshof. Dort wohnen gut 1000 Bürger. Es gebe dort weder Einkaufsmöglichkeiten noch Ärzte oder Gasthäuser, sagte Bürgermeister Oswald Siebenhaar dem Kurier. Das alles und ein S-Bahn-Halt ist erst zu finden im 1,8 Kilometer entfernten Bubenreuth bei Erlangen. Doch von Bräunlingshof fährt nach dort kein Linienbus. „Die Gemeinde hätte 20.000 Euro im Jahr zahlen müssen, damit der VGN einen Probe-Taktverkehr einrichtet“, berichtet Siebenhaar. Das war den Gemeinderäten zu viel Geld.

Umfrage

 
(Dies ist eine nicht repräsentative Umfrage.)

Und so ließen sie die Mitfahrbank am Feuerwehrhaus und eine zweite für die Rückfahrt in Bubenreuth errichten – mit freundlicher Genehmigung der dortigen Gemeinde. Nutzungszahlen hat Siebenhaar nicht erheben lassen, aber er sagt: „Es funktioniert sehr gut und wird von allen Altersgruppen genutzt.“ Manche Bewohner nähmen die Mitfahrgelegenheiten sehr intensiv in Anspruch. Bei einem Test habe eine Gemeinderätin den ganzen Tag an den Bänken nur auf Mitfahrgelegenheiten gewartet – sie habe nie länger als zehn Minuten warten müssen.

Man kennt sich im Ort

„In unserem kleinen Ort kennt man sich gegenseitig und weiß, wen man mitnimmt oder wo man einsteigt“, sagt Siebenhaar. Gewünscht sei, dass nur Personen ab 18 Jahren die Bänke nutzen, aber zu kontrollieren sei das nicht. Über lange Strecken erscheine ihm das Modell weniger sinnvoll. Außerdem müsse man aufpassen, dass man dem öffentlichen Personennahverkehr keine Konkurrenz mache. Bei ihm habe sich nur einmal ein Taxifahrer beschwert. Und einen Verkehrsunfall habe es auch noch nicht gegeben.

Gemeinden können sich bewerben

Das Beispiel soll in Oberfranken Schule machen. Das Kompetenzzentrum Demographie, getragen vom Verein „Oberfranken Offensiv“, will in den kommenden drei Jahren insgesamt 15 Orte mit jeweils zwei Mitfahrbänken ausstatten. Ab diesem Sommer sollen sich Gemeinden bewerben können, derzeit läuft noch bis 25. Mai die Ausschreibung für einen Entwurf der Bänke. Sie sollen wetterfest sein, für zwei bis drei Personen Platz bieten und alle gleich aussehen, um einen hohen Wiedererkennungseffekt zu erzielen. Eine Bank soll nicht mehr als 1000 Euro kosten.

Kein Ersatz für ÖPNV

Frank Ebert, Geschäftsführer von „Oberfranken Offensiv“, sieht in den Mitfahrbänken keinen Ersatz für Öffentlichen Personennahverkehr, wohl aber eine Ergänzung. „Meine Vision ist es, dass ein ganzes Netz von gleich aussehenden Bänken entsteht“, sagt er. Es gebe in Oberfranken viele Orte mit ähnlichen Problemen wie Bräunlingshof mit schwieriger Verkehrsanbindung. Mitfahrbänke könnten zudem wieder den innerörtlichen Zusammenhalt stärken, wie ein „sozialer Klebstoff“ wirken. Ebert hofft, dass Gemeinden auf den Geschmack kommen und sich auch auf eigene Initiative und Kosten solche Bänke anschaffen – über die 15 Zweier-Sets hinaus, die von Oberfranken offensiv bezahlt werden. Anfragen von Bürgermeistern gebe es schon.

Doppelgleisige Aktion

Interesse besteht auch bei den Mitgliedern der ILE Fränkisches Markgrafen- und Bischofsland, der 14 Städte und Gemeinden aus den Landkreisen Bayreuth, Kulmbach und Hof angehören. „Wir bereiten gerade eine Aktion zur Einführung von Mitfahrbänken vor“, sagte der Himmelkroner Bürgermeister und ILE-Vorsitzender Gerhard Schneider auf Anfrage. In der ILE habe es dazu viel Zustimmung gegeben. Konkret soll das Vorhaben im Sommer werden. Dass „Oberfranken Offensiv“ parallel eine ähnliche Aktion gestartet hat, stört Schneider nicht, im Gegenteil: „So bekommt das Ganze mehr Durchschlagskraft.“

Genutzt von jungen Leuten

Eine gemischte Bilanz nach eineinhalb Jahren Mitfahrbank zieht der Bürgermeister von Sparneck (Landkreis Hof), Reinhard Schmalz. Die Idee, so eine Bank für Fahrten ins gut sieben Kilometer entfernte Münchberg aufzustellen, wo viele Sparnecker arbeiten und einkaufen, sei aus der Bürgerschaft der 1600-Einwohner-Gemeinde gekommen. „Eigentlich hatten wir vor allem Senioren im Blick, nun wird die Bank überraschenderweise von vielen jungen Leuten genutzt, die preiswert fahren wollen“, sagt Schmalz. Man müsse halt Zeit haben, weil es dauern könne, bis jemand anhält. „Und es ist eine Schönwettergeschichte, bei Regen und im Winter passiert wenig.“ Ein weiteres Manko: Noch steht in Münchberg keine Bank für die Rückfahrt.

Nutzerzahlen hat Schmalz noch nicht. Denn ausgerechnet, nachdem die Bank im Herbst 2016 aufgestellt war, sei die Strecke zwischen Sparneck und Münchberg wegen Bauarbeiten fast ein Jahr lang gesperrt worden. Die Sparnecker blieben erstmal auf ihrer Bank sitzen.

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