Mit Yoga den Mittelpunkt finden

Die Mitte innen und außen: Die Yoga-Lehrerin Simone Hänel am geografischen Mittelpunkt Hollfelds. Foto: Andreas Harbach Foto: red

In der Serie „Mittendrin“ besucht der Kurier die geografischen Mittelpunkte aller Gemeinden im Landkreis Bayreuth. Der geografische Mittelpunkt Hollfelds liegt ganz unspektakulär auf einem Feld am Rande der Kernstadt. Aber das macht nichts. Denn die Mitte sollte man ohnehin nicht an irgendetwas festmachen, das sich außerhalb des eigenen Körpers befindet, sagt die Simone Hänel. Im Interview verrät die Hollfelder Yogalehrerin, was man außer der Mitte auf der Reise in den eigenen Körper noch alles findet.

 
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Sie als Yogalehrerin, wo haben Sie Ihren ganz persönlichen Mittelpunkt?

Simone Hänel: Mein Mittelpunkt ist in mir selbst. Denn der Mittelpunkt kann nicht im Außen sein. Alles was außen ist, ist unbeständig und unterliegt dem Wandel.

Also sollte der eigene Mittelpunkt auch nicht in einer engen Beziehung zu einem anderen Menschen liegen?

Hänel: Alles im Leben kann auch wieder vorüber sein. Wenn man dann den Mittelpunkt außerhalb gelegt hat, bricht alles zusammen.

Machen Menschen diesen Fehler, ihren Mittelpunkt ins Außen zu verlegen?

Hänel: Ja, natürlich. Wir bekommen es vorgelebt in der Gesellschaft. Menschen definieren sich über eine Beziehung, einen Beruf oder über materielle Dinge. Das einzige, was beständig ist, ist man selbst.

Ist das nicht eine trostlose Botschaft?

Hänel: Wenn man den Mittelpunkt in sich selbst findet, ist man stabiler und freier. Natürlich gibt es auch andere Menschen und Dinge im Leben; Freunde, Familie, den Beruf und das Zuhause. Man sollte nur nicht alles daran hängen, sich nicht zu sehr darauf fixieren und sein Glück eben nicht von anderen abhängig machen.

Wie wichtig ist es, dass ein Mensch eine Mitte hat und sich dieser auch bewusst ist?

Hänel: Das ist sehr wichtig, gerade das Bewusstmachen der eigenen Mitte. Weil wir so viel im Außen sind, ist es wichtig nach innen zu gehen und uns nicht immer von allem ablenken lassen. Wir arbeiten, schauen fernsehen, surfen im Internet, treffen Freunde - wir sind hier und dort. Aber es ist gut sich Zeit zu nehmen, mal alleine zu sein, in Stille zu sein um mit sich selbst wirklich in Kontakt zu kommen.

Hilft dabei Yoga?

Hänel: Im Yoga gilt unsere Aufmerksamkeit nur uns selbst und unserem Körper. Wir sind in der westlichen Welt sehr verstandeslastig. Im Yoga üben wir, aus den Gedanken auszusteigen und in unseren Körper hinein zu spüren. Dabei atmen wir ganz bewusst. Das machen wir heute selten. Im Sprachgebrauch ist der Begriff „einmal tief durchatmen“ fest integriert. Aber wann machen wir das schon? Ich weiß aus Erfahrung, wie wichtig diese Stunde in der Woche beim Yoga ist, in der es sonst nichts gibt, außer einem selbst.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen unserem Körper und unserer Seele?

Hänel: Die Körperhaltung spiegelt oft unseren seelischen Zustand wider. Ein deprimierter Menschen etwa ist auch körperlich geknickt und lässt seine Schultern hängen. Ich kann aber umgekehrt mit meinem Körper auf die Seele einwirken, indem ich meine Wirbelsäule aufrichte und tief durchatme. Dann fühlt man sich oft gleich besser. Wenn wir regelmäßig Yoga praktizieren und unseren Körper stärken, stärken wir auch unseren Geist und finden dauerhaft mehr Seelenfrieden. 

Kann man Yoga selber zu Hause machen oder muss man das erst lernen?

Hänel: Ich empfehle für den Anfang, Yoga von einem Yogalehrer zu lernen. Dann macht man die Übungen anatomisch korrekt. Und natürlich ist es schön, in einer Gruppe mit anderen Leuten zu üben. Es ist viel einfacher, den inneren Schweinehund zu überwinden, wenn man etwas miteinander macht. Wenn man daheim ist, wird man zudem leichter rausgerissen. Und natürlich ist es in einer Atmosphäre, in dem alle in einem meditativen Zustand sind, leichter, selbst in einen solchen Zustand zu kommen.

Lässt sich unser Mittelpunkt ein für allemal definieren, oder ist das vielmehr eine lebenslange Entwicklung?

Hänel: Unsere Mitte ist etwas, worüber wir uns bewusst werden müssen. Natürlich können wir das auch wieder verlieren. Yoga führt uns wieder dahin zurück. Es gibt im Grunde nur das hier und jetzt. Wir verlieren das aber oft, wenn wir uns zu viele Gedanken über die Zukunft oder über die Vergangenheit machen. Wenn wir uns darauf fokussieren, im hier und jetzt zu sein, dann ist das Leben leichter. Das üben wir im Yoga.

Von den Menschen wird heutzutage immer mehr Mobilität erwartet. Sei es physisch, dass wir bereit sein müssen, uns räumlich zu verändern. Zum Beispiel für einen neuen Arbeitsplatz. Oder sei es psychisch, dass wir bereits sein müssen, uns auf neue Dinge einzustellen. Verlieren wir unsere Mitte?

Hänel: Es ist natürlich erstmal belastend für einen Menschen, rausgerissen zu werden und woanders hinzugehen, gerade wenn man es sich nicht ausgesucht hat. Andererseits ist der Mensch sehr anpassungsfähig. Man muss etwas für sich in seinem Leben kultivieren, das Bestand hat, wenn alles andere keinen Bestand hat.

Und wenn man seine Mitte in sich hat, hat man sie immer dabei.

Hänel: Genau. Alles andere kommt und geht.

Auf Ihrer Internetseite steht zu lesen: „Durch die Kräftigung unseres Zentrums erfahren wir mehr Stabilität.“ Geht es beim Yoga um das körperliche oder um das seelische Zentrum?

Hänel: Beides. Wir arbeiten viel mit dem körperlichen Zentrum, durch Bauchübungen zum Beispiel. Dadurch erfahren wir eine innere Stärke. Wenn mein Körper kräftig ist, dann fühle ich mich stärker im Leben. Man aktiviert quasi sein persönliches Schutzschild.

Viele Menschen gehen ins Fitness-Studio, um ihren Körper zu stärken. Ist das das gleiche?

Hänel: Bewegung ist natürlich immer gut, jedoch definiert man sich im Fitness-Studio oft über das Aussehen. Damit ist man auch wieder im Außen. Beim Yoga geht es darum, wie man sich fühlt. Deshalb gibt es in einem Yogastudio keine Spiegel. Sonst schaut man wieder nur: Wie sehe ich aus? Und ist schon wieder im Verstand und bewertet sich selbst. Die Yogapraxis ist zudem ganzheitlicher.

Gehen eher Frauen zum Yoga?

Hänel: Heutzutage ist es tatsächlich so. Früher in Indien war es eine klassische Männerdomäne. Bei uns haben Männer eine ganz falsche Vorstellung von Yoga und was es für eine herausfordernde Praxis ist. Wenn ein Mann mal im Yoga war, sagt er danach oft, er hätte nie gedacht, dass es so anstrengend ist. Die meisten trauen sich aber nicht, in die Yogastunde zu kommen.

Wieso das denn?

Hänel: Sie denken vielleicht, dass das nur was für Frauen ist. Aber die Männer, die kommen, sind begeistert. Sie merken, wie gut es ihrem Körper tut. Männer sind körperlich oft kräftiger als Frauen. Aber eben auch ein wenig steifer. Für Männer ist es wichtig, dass sie flexibel bleiben. Das lernen sie beim Yoga.

Wie lange muss ich beim Yoga meine Mitte suchen, bis ich den ersten Erfolg spüre?

Hänel: Meistens merkt man es schon nach der ersten Stunde. Das Schöne am Yoga ist, dass es einem danach immer besser geht. Es ist immer ein schöneres Körpergefühl da. Man fühlt sich entspannt und leicht. Man spürt mehr Frieden in sich. Deshalb sollte man es mal ausprobieren!

Das Gespräch führte Moritz Kircher

Info: Ihre Yogaschule betreibt Simone Hänel in Hollfeld am Marienplatz 22. Interessenten können in laufende Kurse jederzeit einsteigen. Weitere Infos im Netz unter www.yogacasa.de oder telefonisch unter 09204/9180140.

Teil 1: Immer auf der Suche nach der Mitte

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