Lisa Albersdörfer und Anna-Lena Schertl lernen Männerberufe Mit Maulschlüssel und Schraubenzieher

Von Brigitte Grüner
Anna-Lena Schertl hat Spaß an ihrer Ausbildung als Fahrradmonteurin. Foto: Brigitte Grüner Foto: red

Lisa Albersdörfer schraubt an den größten Traktoren herum. Und Anna-Lena Schertl montiert moderne Gangschaltungen. Die beiden Mädchen aus Auerbach stehen beruflichen ihren Mann. Die zwei jungen Frauen haben sich für eine Ausbildung in Berufen entschieden, die meist nur von Männern ausgeübt werden. Und haben Freude daran.

 
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Anna-Lena Schertl ist eher zufällig in den Fahrradladen Radau gekommen. Eigentlich wollte sie nur ihr eigenes Fahrrad reparieren lassen. Dabei ergab sich ein Gespräch mit den beiden Geschäftsführern Reinhard Stauber und Stephan Westermayer, und die heute 17-Jährige erfuhr, dass ein Praktikumsplatz frei wäre. Spontan hat sie sich dafür beworben und auch eine Zusage bekommen. Und obwohl sie in der Berufsschule ein vorbereitendes Jahr für den Beruf der Bäckerin gemacht hatte, fand sie mehr Gefallen am Arbeiten mit Schraubendreher und Co.

Nicht Köchin gelernt

Wenn es nach der Mutter gegangen wäre, hätte Anna-Lena Schertl, die vom Waldgasthof Hohe Tanne stammt, vermutlich Köchin gelernt. Aber das wollte sie absolut nicht. In einem ersten Praktikum war sie daher bei einem Malerbetrieb. Und dann bekam sie eher zufällig den Praktikumsplatz bei Radau. „Wir hatten keinerlei Bedenken, ein Mädchen in diesem Beruf einzustellen“, sagt Stephan Westermayer. Beim zweiwöchigen Praktikum habe er und Reinhard Stauber schon nach der ersten Woche gewusst, dass Anna-Lena in das Team passt. „Sie ist wissbegierig und schlau. Und die Chemie passt.“

Wenn in der Saison fünf Mitarbeiter auf engstem Raum zusammenarbeiten, sei es schon wichtig, dass man gut miteinander auskommt, so der Geschäftsführer. Er unterweist die 17-Jährige in Theorie und schaut sich manchmal auch die Hausaufgaben für die Berufsschule an. Anna-Lena Schertl wird zwar Fahrradmonteurin, hat aber auch schon Erfahrungen im Verkauf gesammelt. Momentan ist sie vor allem beim Zusammenbau neuer Räder für die Ausstellung eingesetzt. Bei Reparaturen und Kundendiensten, die vor allem in der warmen Jahreszeit anfallen, ist es manchmal erforderlich, an der Drehmaschine zu arbeiten, Gewinde zu schneiden und zu feilen. „Das kann sie auch schon“, freut sich der Ausbilder. Anna-Lena hat auch keine Schwierigkeiten, wenn es darum geht, ein E-Bike komplett zu zerlegen und wieder aufzubauen.

Berufsspezifischer Teil

In ihrer Klasse in der Berufsschule in Grafenwöhr gibt es elf Jungs und nur zwei Mädchen. Das erste Schuljahr ist eher allgemein gehalten. Danach geht es zum berufsspezifischen Teil an die Berufsschule in München oder Straubing. Dort lernen die angehenden Fahrradmonteure das Grundwissen für ihren Beruf. Bei Interesse ist eine weitere Ausbildung möglich, die mit der Berufsbezeichnung „Zweirad-Mechaniker“ abschließt. „Zu 70 Prozent mache ich das“, meint Anna-Lena. Ihr gefällt es sehr gut, neue Bikes auszuprobieren und kaputte Fahrräder zu reparieren. „Es ist schön, wenn man die Räder hinterher wieder fahren sieht.“ Inzwischen schaue sie schon bei jedem Fahrrad nach, ob ein Radau-Aufkleber darauf ist. „Das ist von uns!“ freut sie sich dann.

Lisa Albersdörfer hat sich schon immer für Technik interessiert. In der Mittelschule, wo sie im Sommer ihre Mittlere Reife ablegte, hatte sie „Technik“ als Wahlpflichtfach. Durch die Landwirtschaft der Eltern sei sie auf die Idee gekommen, eine Ausbildung zur Landmaschinen-Mechatronikerin zu machen. Da sie auch während eines Praktikums sehr interessiert und geschickt war, bekam sie eine Lehrstelle bei der Baywa in Auerbach. Mit ihr zusammen gibt es noch zwei junge Männer als Auszubildende. Meister Stefan Dotzler hat in Sachen Arbeitseifer oder technisches Verständnis noch keine Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Auszubildenden festgestellt.

Junge Leute ranlassen

„Das technische Interesse habe ich wohl von Zuhause mitgebracht“, meint Lisa Albersdörfer. Die Welluckerin arbeitet beim ruhig und akribisch an einem Traktormotor. Meister Stefan Dotzler findet es gut, wenn die Auszubildenden selbst Hand anlegen. Von wochenlangem „Über-die-Schulter-schauen“ hält er eher wenig. „Man muss die jungen Leute ran lassen, sonst lernen sie nichts“, sagt er. Bevor sie sich für die Lehrstelle entschieden hat, hatte Lisa Albersdörfer bereits ein freiwilliges Praktikum gemacht.

Der Beruf habe ihr gleich gefallen. Am 1. September war der erste Arbeitstag. Sie geht im ersten Jahr in Sulzbach-Rosenberg in die Berufsschule. Dort gibt es ein weiteres Mädchen in der Klasse. Danach ist Blockunterricht in Neunburg/Wald angesagt. Dreieinhalb Jahre dauert ihre Ausbildung. Ihr gefällt es, dass es jeden Tag etwas anders zu tun gibt. In der Baywa-Werkstatt werden Kundendienste und Reparaturen für Landmaschinen aller Art durchgeführt.

Erste Ansprechpartnerin

Ab und zu kommen alle Auszubildenden der Baywa zusammen. Vom letzten Treffen weiß die 16-Jährige, dass in Neumarkt ebenfalls ein Mädchen den Beruf der Landmaschinen-Mechatronikerin lernt. Zuhause auf dem Bauernhof ist Lisa Albersdörfer natürlich jetzt die erste Ansprechpartnerin, wenn etwas defekt ist. „Das kommt aber eher selten vor“, lacht sie.