Die Partnerschaft Bayreuth-Rudolstadt hat sich seit dem Mauerfall prächtig entwickelt Mit einem geschenkten Dienstwagen fing es an

Von Norbert Heimbeck
Die Väter der Partnerschaft Bayreuth-Rudolstadt,von links: Bürgermeister Hartmut Franz aus Rudolstadt, Bayreuths OB Dieter Mronz, Superintendent Traugott Schmitt aus Rudolstadt. 25 Jahre nach Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrags ist keiner der drei mehr im Amt - befreundet sind sie aber noch immer. Foto: Gebauer Foto: red

Seit dem Mauerfall wurden unzählige Freundschaften zwischen Bayreuthern und Rudolstädtern geschlossen, offiziell scheint die Städtepartnerschaft aber kaum ein Thema zu sein. Bayreuths Alt-Oberbürgermeister Dieter Mronz sagt dazu: „Es sind Begegnungen ohne großes Trara; die Menschen kennen und treffen sich einfach.“ Dabei begann die Partnerschaft durchaus mit Hindernissen.

 
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Gerhard Gollner, ehemals Stadtrat, erinnert sich: „Ich habe schon 1986 und 1987 Anträge gestellt, eine Partnerschaft mit Rudolstadt einzugehen. Nie hat es geklappt. Erst 1990 war es dann offiziell soweit.“ Die Verbindung zwischen Bayreuth und Rudolstadt wurde im Juli 1989 in einem Gespräch zwischen dem damaligen SPD-Vorsitzenden Karl-Heinz Hiersemann und dem Politbüro-Mitglied Hermann Axen eher zufällig erwähnt. Dann aber ging es relativ zügig voran: Am 9. November fiel die Mauer, Rudolstadts damaliger Bürgermeister Bernd Nordhaus kam zwei Tage später nach Bayreuth, erinnert sich Dieter Mronz: „Am meisten hatte ihn überrascht, dass unsere Oberfrankenhalle mit Matten ausgelegt war, damit die DDR-Bürger hier übernachten konnten. Und dass farbige amerikanische Soldaten mithalfen, die Thüringer Landsleute zu versorgen.“

Den Partnerschaftsvertrag im Juli 1990 unterzeichnete dann schon Nordhaus‘ Nachfolger Hartmut Franz, der erste demokratisch gewählte Bürgermeister Rudolstadts. Franz berichtet: „Zuerst kam die Bayreuther Feuerwehr nach Rudolstadt, gleich danach schlossen die Heimatvereine Freundschaft.“ Auf offizieller Ebene war es zunächst eine unterstützende Partnerschaft, wie Hauptamtsleiter Rainer Sack sagt: "Wir haben zum Beispiel Dienstfahrzeuge und Ausrüstung nach Rudolstadt geschickt, Beamte, die schon im Ruhestand waren, sind rübergegangen, um beim Aufbau der Verwaltung zu helfen."

Bis 2006 verfolgte Hartmut Franz die Partnerschaft als Bürgermeister, dann wurde er von Jörg Reichl im Amt abgelöst. Im Rückblick lobt er die oberfränkischen Partner: „Die Bayreuther waren immer mit dabei, wenn es in Rudolstadt ein wichtiges Ereignis gab.“ Den Einwand, in Bayreuth sei von der Partnerschaft wenig zu spüren, lässt er nicht gelten: „Ich habe so viele Freunde hier, die zu der Partnerschaft standen, denen würde man mit dieser Behauptung Unrecht tun.“

Tatsächlich scheint die Partnerschaft auf Bürgerebene viel intensiver zu sein, als es offizielle Ereignisse vermuten lassen: Neben der Feuerwehr und den Alt-Bayreuthern unterhalten die Schützengilde Unteres Tor, der Schwimmverein und verschiedene Fußballvereine enge Beziehungen zu Rudolstadt. Das Seniorenamt der Stadt organisiert regelmäßig Reisen nach Rudolstadt.

Gerhard Gollner bedauert: Das Rudolstädter Folkfestival findet an dem Wochenende statt, an dem Bayreuth sein Bürgerfest mit Zehntausenden Besuchern feiert: „Es gab mehrere Versuche, den Termin zu ändern, damit interessierte Bayreuther zu diesem Festival nach Rudolstadt fahren können. Doch das wurde mit Hinweis auf die Tradition stets abgelehnt. In Kulmbach hat es aber funktioniert, die haben ihr Altstadtfest auf ein anderen Termin gelegt.“

Und das passierte 1966:

Die Beziehungen zwischen Bayreuth und Rudolstadt reichen noch weiter in die Geschichte zurück als bis zum 9. November 1989. In der Chronik der Bayreuther Turnerschaft schreibt Stephan Müller: „Im Dezember 1966 reisten die Volleyballer der BTS zu einem Turnier nach Rudolstadt – es war tatsächlich die erste westdeutsche Mannschaft, die nach dem Mauerbau 1961 in die Sowjetische Besatzungszone einreisen durfte.

Die Bayreuther wurden auf der Fahrt nach Rudolstadt nahezu in jeder (!) Ortschaft per Lautsprecher mit folgender Botschaft begrüßt: „Wir begrüßen die Sportler aus der BRD, die fünf Jahre nach dem einseitigen Abbruch der Wirtschafts- und Sportbeziehungen seitens der BRD als erste Delegation in die DDR eingereist sind.“

Gerhard Gollner erinnert sich ganz genau: „Als am Abend nach dem Turnier eine tschechische Tanzkapelle aufspielte, hatten fast alle anwesenden Damen die gleiche Nylon-Bluse an. Wenige Tage vor dem Besuch der BRD-Gäste hatte es eine Sonderzuteilung dieses modischen Kleidungsstücks gegeben.

Am Sonntagmorgen kam in aller Frühe ein mit Orangen und Zitronen beladener Lastwagen mit Anhänger. „Das haben wir Euch aus dem Westen zu verdanken“ freuten sich die Rudolstädter. „Jetzt können wir unseren Kindern endlich zeigen, wie eine Apfelsine aussieht“. Volleyball gespielt wurde selbstverständlich auch. Natürlich gab es für das neu gegründete BTS-Team herbe Niederlagen. Jeweils 25 und 30 Jahre später gab es 1991 und 1996 in nahezu gleicher Besetzung Rückspiele. In einem vereinten Deutschland.

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