Mit dem Schlagzeug zum Stipendium

Von Martin Sistig
Oliver Macak ist Stipendiat von "Talent im Land - Bayern". Foto: Ronald Wittek Foto: red

Er ist ein Paradebeispiel für das Stipendium „Talent im Land“: Oliver Macaks Leben veränderte sich stark durch das Förderprogramm, das begabte Schüler aus Zuwanderungsfamilien unterstützt. "Ich habe jetzt eine zweite Familie", sagt Oliver. Was in den letzten Jahren war, möchte er einfach hinter sich lassen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Er und seine Familie sind vor drei Jahren vom Tod des Vaters überrascht worden. „Ich war sehr niedergeschlagen und habe mich zurückgezogen“, sagt Oliver Macak. Er hatte niemanden, der ihm in dieser schwierigen Zeit helfen konnte. Vor 20 Jahren kamen Olivers polnische Mutter und sein Vater, der aus der Slowakei floh, nach Deutschland und lernten sich kennen. Seitdem lebten sie in Bayern. Schon länger gab es Probleme in der Familie, die zur Trennung der Eltern führten. Für die beiden Söhne eine harte Zeit: Neben der Schule unterstützen die beiden ihre Mutter, wo sie nur konnten. Die 55-Jährige arbeitet in der Gastronomie und muss die ganze Familie mit ihrem Gehalt versorgen. Der ältere Sohn studiert mittlerweile. Oliver trug Zeitungen aus, um sich selbst etwas dazuzuverdienen. „Man muss weiterleben“, sagt der 17-jährige Schüler des Graf-Münster-Gymnasiums.

2015 bekam Oliver Macak seine große Chance: Ein Lehrer machte ihn auf das Schülerstipendium "Talent im Land" aufmerksam und Oliver bewarb sich. Um ihnen in schwierigen Lebenssituationen eine erfolgreiche Schullaufbahn ermöglichen zu können, werden 50 Schüler mit einer monatlichen finanziellen Unterstützung sowie Bildungsangeboten und einer persönlichen Beratung unterstützt. Nach einer Zeit des Wartens wurde Oliver im September im Förderprogramm aufgenommen. Ein Computer wurde dem neuen Stipendiaten finanziert. Mit der Förderung von 100 Euro monatlich muss er jetzt keine Zeitungen mehr austragen, um sich etwas leisten zu können. Er  kann sich voll auf sein Abitur im kommenden Jahr konzentrieren.

Großes ehrenamtliches Engagement

„Er erbringt sehr gute Leistungen und zeigt großes außerschulisches Engagement“, benennt der stellvertretende Schulleiter Elmar Hofmann die Gründe, warum Olivers Bewerbung bei „Talent im Land“ erfolgreich sein sollte. Oliver ist Ministrant, Oberstufensprecher, Mitglied der englischen Theatergruppe und spielt für sein Leben gerne Schlagzeug. Er ist Gründungsmitglied der Schulband „Liff“, die am 30. April  bei der Landesgartenschau auftreten darf, und komponiert eigene Percussion-Stücke. Zusätzlich ist er bei der Kirchenband "Rythm of Believe" und in der Big Band der Schule dabei.

„Musik ist mein Leben“, sagt der Stipendiat, der auch schon mit dem schulinternen Preis „Dino des Jahres“ für herausragende künstlerische Leistung ausgezeichnet wurde. Sein vielfältiges Engagement wurde von der unabhängigen Jury von "Talent im Land" besonders beachtet. Am zehnten März fand in München der Festakt zur Übergabe der Urkunden statt. In elegantem Ambiente durfte Oliver auch dort sein Talent am Schlagzeug beweisen. Das Fördergeld spart er vielleicht für ein neues Schlagzeug. Nur einen Platz, wo die Lautstärke keine Rolle spiele, den habe er noch nicht.

Neue Freundschaften

Neben der finanziellen Unterstützung und den Seminarangeboten ist es aber etwas anders, was Oliver an dem Stipendium sehr wertschätzt. Er habe viele neue Freunde in den anderen Stipendiaten gefunden, die eine ähnliche schwierige Zeit hinter sich haben. Für ihn sei es wie eine zweite Familie, sagt er. Mit 19 anderen Stipendiaten fährt er bald nach Berlin und besucht dort den Bundestag. Und auch in seiner richtigen Familie ist die Situation mit dem Stipendium entspannter geworden. Oliver ist dankbar, dass er das Stipendium bekommen hat: „Damit hat sich mein Leben verändert, ich schaue jetzt nur noch nach vorne.“

Info: Das Programm „Talent im Land – Bayern“ unterstützt begabte Schüler in schwierigen Lebenslagen auf ihrem Weg zum Abitur oder zur Fachhochschulreife, insbesonders Schüler mit Migrationshintergrund. Eine Jury aus Vertretern aus Kultur, Hochschule und Wirtschaft wählt seit 2005 immer 50 neue Stipendiaten eines Jahrgangs aus. Kriterien sind Begabung, Engagement und Bedürftigkeit. Zurzeit zählt das Programm 120 Stipendiaten, über 300 Alumni wurden bisher gefördert. Bewerben können sich Schüler ab Klasse 9. Weitere Infos gibt es auf der Seite des Kultusministeriums.

Bilder