Mit Cannabis gegen den Krebs

Von Stephan Herbert Fuchs
Das Bayreuther Amtsgericht verurteilte eine krebskranke Frau wegen Drogenbesitzes zu einer Bewährungsstrafe. Foto: Daniel Karmann/dpa Foto: red

Zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten hat das Amtsgericht eine 56-jährige Frau aus der Fränkischen Schweiz wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Das Besondere an diesem Fall: Mit dem Konsum von Cannabis hat die Frau ihre Krebserkrankung und die Schmerzen bekämpft.

 
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Vor mehr als 35 Jahren erhielt die Frau die Diagnose Krebs. Seitdem musste sie insgesamt fünf schwere Operationen über sich ergehen lassen, doch der Krebs kam immer wieder zurück. Sämtliche Therapien wurden versucht, nichts hat geholfen. Cannabis wurde zu ihrem letzten Rettungsanker. Sie richtete zuhause eine Aufzuchtanlage für Cannabispflanzen ein, steckte ihr ganzes Geld in die Aufzucht. Sie wollte daraus Öl gewinnen, um die Schmerzen zu lindern.

Sie habe die Samen im Internet bestellt und sich die Kenntnisse zur Aufzucht über den Videokanal Youtube beschafft, sagte die Frau vor Gericht. Aus rund 500 Gramm getrocknetem Pflanzenmaterial wollte sie bis zu 50 Gramm des wertvollen Öls gewinnen, das sie dann eingenommen hätte. Eine andere Möglichkeit, die Schmerzen zu lindern, habe sie nicht gesehen, zumal sie auf herkömmliche Medikamente schwerste allergische Reaktionen bekomme. Auch herkömmliche Kräuter linderten den Schmerz nicht mehr. „Der Krebs ist mittlerweile sehr bösartig, da ist mit Brennnessel und Co nichts mehr zu machen“, sagte die Angeklagte.

„Das ist die einzige
Möglichkeit, die mir bleibt.“

Vor Gericht räumte die Frau ein, dass sie niemanden persönlich kenne, der durch die Cannabis-Therapie wieder gesund wurde. Im Internet gebe es allerdings einen amerikanischen Heilpraktiker, der nicht nur sich selbst schon geheilt, sondern Krebspatienten auch schon vom Sterbebett geholt hätte. Den Medikamentenkonzernen sei dieser Mann schon längst ein Dorn im Auge. „Das ist die einzige Möglichkeit, die mir noch bleibt, um gesund zu werden“, sagte die Frau unter Tränen. Aufgegeben habe sie noch lange nicht, sie habe schließlich noch Pläne im Leben. Früher war sie als Vertreterin selbstständig, derzeit lebe sie von Hartz IV und versuche, sich mit kleinen Jobs über Wasser zu halten.

Nachdem auch eine Beamtin der Kriminalpolizei bestätigte, dass die Angeklagte nur zum Eigenverbrauch angebaut und nichts verkauft habe und nicht vorbestraft sei, plädierte Staatsanwältin Ramona Eichelsdörfer auf eine Bewährungsstrafe von zehn Monaten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. Ein Gesetzesverstoß liege vor, mit Blick auf die Gesamtumstände seien zehn Monate angemessen. Verteidiger Joachim Voigt beantragte dagegen nur drei Monate. Es sei verständlich, dass seine Mandantin den Glauben an die Schulmedizin verloren habe und jeden Strohhalm ergreift.

Das Schöffengericht entschied schließlich auf sechs Monate. Am Ende berücksichtigten die Richter die miserable Lage der Frau, urteilten auf einen minderschweren Fall und entschieden auf eine Bewährungsstrafe ohne die sonst üblichen Arbeits- oder Geldauflagen. Richter Torsten Meyer betonte in seiner Urteilsbegründung, dass der Cannabis-Anbau in einigen Jahren straffrei sein werde. Aber so lange müsse sich die Justiz in ihrer Rechtsprechung an geltendes Gesetz halten.

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