Mit Abitur ins Handwerk

Von Roland Töpfer
Die Handwerkskammerspitze, von links: Matthias Grassmann (Vizepräsident), Bernd Sauer (stellv. Geschäftsführer), Thomas Koller (Hauptgeschäftsführer), Thomas Zimmer (Präsident), Karl-Peter Wittig (Vizepräsident), Rainer Beck (stellv. Geschäftsführer). Foto: Andreas Harbach Foto: red

Der Kampf um kluge Köpfe und talentierte Hände wird härter. Die oberfränkischen Handwerksbetriebe wollen dabei nicht auf der Strecke bleiben und werben verstärkt um Realschüler und Abiturienten. Die Zahl der Auszubildenden ging im letzten Jahr um vier Prozent zurück.

 
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Auch dieses Jahr wird mit einem Rückgang der Ausbildungsverhältnisse um zwei bis drei Prozent auf rund 5600 gerechnet, sagte Thomas Zimmer, Präsident der Handwerkskammer für Oberfranken in Bayreuth, beim Jahrespressegespräch in Wirsberg. Zuletzt wurden fast neun Prozent der Lehrverträge von Abiturienten unterschrieben, womit sich die Quote seit 2010 von damals vier Prozent mehr als verdoppelt hat. Etwa jeder Dritte (2010 jeder Vierte) kam von der Realschule.

Die Zukunft ist digital

Lehrlinge mit Abi wollen zum Beispiel Zahntechniker, Augenoptiker, Techniker, Kirchenmaler oder Goldschmied werden, sagt HWK-Hauptgeschäftsführer Thomas Koller. „Die gehen in einen zukunftsträchtigen Beruf.“ Die Digitalisierung habe im Handwerk längst begonnen. Die Bayreuther Technologiekammer will bei der Digitalisierung eine bundesweite Führungsrolle einnehmen. „Wir haben keine Angst vor dem Thema. Wir befürchten keinen Arbeitsplatzabbau.“

Köpfe geöffnet

529 Handwerkspaten an oberfränkischen Mittel- und Realschulen kümmern sich um den potenziellen Nachwuchs. Der Kontakt zu den Gymnasien soll intensiviert werden. Alle Schulleiter wurden bereits in die Kammer eingeladen. „Wir haben Köpfe öffnen können“ und das Bild vom Handwerker im verstaubten Blaumann korrigieren können, sagt Zimmer. Mit Kampagnen wie „Ausbildung macht Elternstolz“ sollen auch bei den Eltern alte Vorurteile abgebaut werden. Flotte Sprüche zeigen Alternativen zum Studium: „Ich hab‘ was Besseres vor.“ Auch rund 30 Asylbewerber machen eine Lehre. Die Zahl soll dieses Jahr auf 80 steigen.

Aufwärtstrend

Trommeln gehört zum Geschäft. „Wir haben ein unglaubliches Potenzial“, sagt Zimmer. Seit 2009 geht es mit dem oberfränkischen Handwerk nach oben. Im letzten Jahr stieg der Umsatz der knapp 16.200 Betriebe auf 7,2 Milliarden Euro, ein Plus von 1,5 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten wuchs um 0,4 Prozent auf 74.500. Für 2016 werden 7,3 Milliarden Umsatz (plus 1,5 Prozent) bei gleicher Beschäftigtenzahl erwartet. Auch die Zahl der Betriebe soll stabil bleiben.

Bau als Motor

Motor des Handwerks bleiben Bau und Ausbau. Auch das Kfz-Handwerk habe eine spürbare Belebung erfahren, so Zimmer. Allerdings gingen die Gewinne wegen hoher Nachlässe beim Neuwagenverkauf zurück. „Da bleibt weniger hängen.“ Im Nahrungsmittelhandwerk häufen sich Nachfolgeprobleme und die erfolglose Suche nach Fachkräften. Bei Friseuren beobachtet Zimmer eine Zersplitterung in Klein- und Kleinstbetriebe. „Das ist nicht gut.“ Die Geschäfte bei Friseuren und Kosmetikern liefen aber gut. Immer mehr Menschen würden sich einfach sagen: „Das gönn‘ ich mir.“

Zum Oberfränkischen Handwerkstag am 3. März kommt Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner nach Bamberg, Lichtenfels und Bayreuth. Am 17. September gibt es einen Tag des Handwerks auf der Bayreuther Landesgartenschau.