Mit 24 Jahren in den Bundestag?

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Neues Gesicht in der CSU: Alexander Zink hat eine realistische Chance, die Region nach der Wahl am 24. September im Bundestag zu vertreten. Foto: Alexander Wunner Foto: red

Als Alexander Zink an diesem Montagmittag im Café Bellini in Münchberg an seinem Espresso nippt, schüttelt er den Kopf und lächelt: "Das ist irgendwie unfassbar." Auch zwei Tage nach seinem sensationellen Erfolg bei der Kandidatenkür der CSU für die Bundestagswahl kann der 24-Jährige kaum glauben, dass er ernsthafte Chancen auf den Einzug in den Deutschen Bundestag hat: "Ist doch verrückt, oder?"

 
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Derzeit hat die CSU 56 Abgeordnete im Bundestag. 45 davon haben ihren Wahlkreis gewonnen, also ein Direktmandat erlangt. Elf sind über die Listenplätze eingezogen. Die Zweitstimme ist entscheidend für die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Dort gibt es (mindestens) 598 Sitze. Wie viele davon eine Partei erlangt, ist von den Zweitstimmen abhängig. Hat eine Partei also beispielsweise zehn Prozent der Zweitstimmen gewonnen, bekommt sie mindestens zehn Prozent der Sitze im Bundestag.

Bei der Sitzverteilung werden die Sitze für die per Erststimme gewählten Direktkandidaten zuerst vergeben - erst dann folgen die Kandidaten, die auf der Liste stehen, und zwar der Reihe nach. Wer auf der Liste oben steht, hat also größere Chancen.

Da die CSU nur in Bayern antritt, das Ergebnis der Zweitstimmen aber bundesweit gemessen wird, und zudem die CSU-Kandidaten, die in den Wahlkreisen Direktmandate errungen haben, den Vorzug erhalten, herrscht für die CSU-Listenkandidaten stets große Unsicherheit, ob sie es in den Bundestag schaffen.

Seehofer hat Projekt "Die zwölf Apostel" ausgerufen

Dass im aktuellen Bundestag elf CSU-Listenkandidaten sitzen, war dem großen Wahlerfolg von 2013 geschuldet - und dem Ausscheiden der FDP. Bei der Bundestagswahl 2009 hingegen schaffte es keiner über die Liste, 2005 waren es nur zwei Vertreter derCSU.

Vor ein paar Jahren hatte Horst Seehofer, der bayerische CSU-Chef, ein Projekt ausgerufen. Im kleinen Kreis nannte er es "Die zwölf Apostel". So viele Nachwuchskräfte wollte er aufbauen, damit sie höhere und höchste Ämter ausfüllen, wenn er sich dereinst zur Ruhe setzt. Einige "Apostel", darunter Karl-Theodor zu Guttenberg und Georg Fahrenschon, haben die Politik - zumindest vorübergehend - verlassen.

Andere Senkrechtstarter wie Markus Söder begegnen den eigenen Ambitionen mittlerweile mit einer gehörigen Portion Selbstironie: "Ein Franke wird erst Ministerpräsident, wenn der Club Deutscher Fußball-Meister wird. Das heißt, meine zeitliche Perspektive ist deutlich schlechter als die von Prinz Charles." Das Beispiel zeigt: Alles planen zu wollen, ist nicht immer die beste Lösung.

"Ich bin das Allerletzte auf der Liste"

Alexander Zink hatte am Samstag rein gar nichts geplant, als die CSU in München ihre Liste für die Bundestagswahl im Herbst aufstellte. Dass er überhaupt als einer von 75 Kandidaten für die Listenplätze ins Rennen ging, hat er dem Bezirkschef der Jungen Union (JU), Jonas Geissler, zu verdanken. "Der hatte die Idee. Ich selbst wäre nie gegen andere JU-Kandidaten angetreten, die sich zum Teil schon viel länger als ich engagieren", sagte der Vorsitzende des JU-Kreisverbandes Hof-Land. Sein einziges Ziel: "Unter die ersten 70 wollte ich schon kommen."

Jetzt steht der junge Polizei-Obermeister auf Platz 41. Das ist bemerkenswerter, als es auf den ersten Blick erscheint. Für die ersten 40 Plätze hatte die Parteiführung eine Vorschlagsliste erstellt - alle Kandidaten wurden von den Delegierten durchgewunken. Erst dahinter gab es ein offenes Rennen.

Jeder Kandidat musste sich kurz vorstellen. Alexander Zink kam als Letzter dran - und nutzte das, indem er auf einen trockenen Lebenslauf verzichtete und sich stattdessen mit einem prägenden Satz vorstellte: "Ich bin das Allerletzte auf der Liste." Seehofer und die anderen CSU-Granden in Reihe eins konnten sich ein Lächeln nicht verkneifen. Der Münchberger nutzte die Aufmerksamkeit, machte launig weiter und traf damit den richtigen Ton.

"Er ist der Beweis dafür, dass wir tolle junge Leute haben in Oberfranken"

Am Ende erhielt keiner der freien Kandidaten mehr Stimmen als der 24-Jährige, der von seinem Triumph erst auf der Heimfahrt per SMS erfuhr, weil am Abend auf ihn eine wichtige Kreisversammlung der Jungen Union wartete. Hans-Peter Friedrich gratulierte per SMS. "Da sind wir dann erst mal an der nächsten Ausfahrt raus und haben gejubelt", erzählt Zink lachend.

Friedrich, der Hofer Bezirkschef der CSU, hält große Stücke auf den Senkrechtstarter Zink: "Er ist der Beweis dafür, dass wir tolle junge Leute haben in Oberfranken. Unser Bezirk mausert sich zum Talentschuppen der bayerischen CSU." Und Friedrich ist überzeugt: Sollte die Partei wie bei der letzten Wahl erneut alle Direktmandate in Bayern gewinnen, habe der Youngster beste Chancen auf den Einzug in den Bundestag.

"Wir fahren nach Berlin" - der Schlachtruf deutscher Fußballfans könnte für Zink schon bald Realität werden. Noch bis vor ein paar Tagen hatte er ganz andere Prioritäten. Bei der Polizei, wo er in Kulmbach derzeit mit den Schwerpunkten Jugend, Drogenprävention und Digitalisierung eingesetzt ist, will er in den gehobenen Dienst.

"Wenn ich das schaffe, dann will ich es auch machen"

Die Chancen stehen nicht schlecht, die Beurteilungen der Chefs fallen positiv aus. Sollte es aber - und diesen vorsichtigen Satz schickt er immer voraus - tatsächlich klappen mit Berlin, würde er nicht überlegen: "Das ist ja eine riesige Chance. Wenn ich das schaffe, dann will ich es auch machen."

Das erste Mal mit Politik in Berührung kam der 24-Jährige 2002. Damals hatte Thomas Fein erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg das Münchberger Rathaus für die CSU erobert. Zinks Vater Jürgen, seit 1996 Stadtrat, hatte die Fäuste vor Freude in den Himmel gereckt. "Dieses Bild vom Papa habe ich heute noch vor Augen, als wäre es gestern", sagt der Sohn.

Gemeinsam haben sie vor drei Jahren für den Stadtrat kandidiert - nur hauchdünn scheiterte der Bub. Klar, dass Vater Jürgen nun mächtig stolz ist und dabei auch das Wohl der Heimatstadt im Blick hat: "Für ihn, unsere Familie, aber auch für Münchberg wäre ein Bundestagsabgeordneter natürlich eine sensationelle Geschichte", befand Jürgen Zink.

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