Milliardär kam beim Posthotel zu spät

Von Luisa Degenhardt und Marcel Staudt
Winfried Stöcker wollte sich nach dem Verkauf seinen Unternehmens Euroimmun dem Projekt Posthotel widmen. Er kam aber zu spät. ⋌Foto: Archiv/dpa Foto: red

Im vergangenen Jahr ist Winfried Stöcker an die Stadt herangetreten. Er wollte das Posthotel-Gelände kaufen, um das Hotel am selben Ort, wo es früher stand, wieder aufzubauen. Doch es kam anders: Das Gelände ging an HD Bau, die Firma möchte dort ein Seniorenheim und Wohnungen hochziehen. Der frühere PPP-Eigentümer Andreas Pflaum bezeichnet die Umstände, die zu diesen Fakten führten und ihn zu einem in Altersarmut lebenden Mann machten, als „ein Verbrechen“.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Über den Rechtsweg möchte er holen, was er noch nicht verloren glaubt. Am 2. Juni 2017 hatte Stöcker Bürgermeister Uwe Raab kontaktiert, um ihm mitzuteilen, dass er nun solvent genug für das Projekt „Wiederaufbau des PPP“ sei. Doch am 31. Mai, also nur zwei Tage vorher, war eine Bauvoranfrage von HD Bau für das Grundstück im Stadtrat positiv beschieden worden. „Es war also äußerst kompliziert, hier die Räder wieder zurückzudrehen“, sagt Raab.

Ausführliches Gespräch

Er habe aber sofort versucht, Optionen auszuloten. Am Pfingstsonntag, 4. Juni 2017, führte der Bürgermeister ein ausführliches Gespräch mit dem Michelfelder Dieter Hofmann, Chef von HD Bau. „Allerdings waren die Planungen für dessen Vorhaben so weit fortgeschritten, dass er für einen Verkauf an Winfried Stöcker nicht zu gewinnen war.“ Ein Alternativstandort für das Pflegezentrum schied also aus. Auch für Stöcker sei leider kein anderer Standort infrage gekommen.

Eigentümer Salnikov kontaktiert

Es war nicht der erste Versuch des erfolgreichen Pegnitzer Unternehmers. Im Dezember 2010 war das Posthotel seit drei Jahren in der Hand des Ukrainers Jurij Salnikov gewesen, dann wurde bekannt, dass Stöcker Eigentümer Salnikov kontaktiert hat und das Gelände samt Hotel kaufen möchte. Doch schon zwei Monate später ruderte Stöcker öffentlich zurück: „Die Ukrainer machen keine Anstalten, wirklich zu verkaufen. Deshalb wird das Vorhaben storniert. Es ist auch ein zu schwerer Sanierungsfall“, teilte er mit. Stöcker hielt sich allerdings eine Hintertür offen: „Es geht, wenn man Geld übrig hätte.“

Diagnostikunternehmen Euroimmun

Im Juni 2017 hatte er dann Geld übrig. Sein Diagnostikunternehmen Euroimmun war für 1,3 Milliarden Dollar an den amerikanischen Medizintechnik-Hersteller PerkinElmer übergegangen (wir berichteten). Den Wiederaufbau von Pflaums Posthotel konnte und wollte Stöcker sich nun leisten. Doch das Gelände war bereits Ende 2016 an HD Bau verkauft worden: Seniorenheim und Wohnungen statt Fünf-Sterne-Hotel hieß es nun. „Ich habe versucht, Dieter Hofmann dazu zu bewegen, sein Bauvorhaben woanders umzusetzen“, sagt Stöcker.

Gelände hinter dem Brigittenheim

Er habe Hofmann das Gelände hinter dem Brigittenheim vorgeschlagen. Laut Hofmann stimmt es, dass Stöcker auf ihn zugegangen ist, genauso wie Andreas Pflaum.  Für ihn sei es nur infrage gekommen, sein Projekt auf dem ehemaligen Gelände an der Nürnberger Straße zu verwirklichen. Stöcker kam einfach zu spät. Bürgermeister Raab hat eigenen Angaben zufolge versucht, ihn „als Käufer des ehemaligen Posthotel-Areals zu akquirieren, als bekannt war, dass die Familie Salnikov, den ukrainischen Umständen geschuldet, ihre Hotelpläne einstellen musste und das Areal zum Verkauf anbot“, so Raab. Er habe die Kontakte hergestellt.

Die Familien kennen sich

„Meines Wissens wurde ihm auch der Erwerb vom Verkäufer (Anm. d. Redaktion: die ukrainische Familie Salnikov) angeboten. Beide Gesprächspartner wurden aber nicht handlungseinig“, so Raab. Das war Ende 2016, erzählt Stöcker. Die Salnikovs hätten allerdings zu viel Geld für das Gelände gewollt, „das war nicht akzeptabel“, so Stöcker. Er hatte gehofft, dass die Investorenfamilie noch mit dem Preis runter geht, doch das passierte nicht. Die Familien Pflaum und Stöcker kennen sich. Zu den Beweggründen, warum Stöcker einen enormen Geldbetrag in den Wiederaufbau des Posthotels gesteckt hätte, sagt der Unternehmer: „Das war etwas ganz Besonderes mit einem guten Namen. Was mich interessiert hat, war die Tradition zu wahren.“ I

Pflaum ist 78 Jahre alt

Im neuen PPP hätte laut Stöcker auch Andreas Pflaum eine Rolle spielen sollen. Das bestätigt der ehemalige Hotelier, der mittlerweile 78 Jahre alt ist: „Es sind Können, Wissen und Erfahrung vorhanden.“ Heute lebt Andreas Pflaum in Altersarmut. „Jede verdiente Mark wurde ins Hotel investiert“, sagt er. Immer noch will er sich nicht damit abfinden, dass die Posthotel-Ära in Pegnitz zu Ende und er der große Verlierer ist. „Ich will kämpfen“, sagt Pflaum. Und zwar vor Gericht. Er habe nie Gelegenheit bekommen, seinen privaten Besitz aus dem Gebäude zu räumen.

Im Herbst 2017 wurde das Bettenhaus und damit das letzte Überbleibsel des Hotels abgerissen. Was bis dahin noch im Gebäude war, „wurde so gut wie alles einfach entsorgt“, sagte Elena Pälmer. Der Grund: „Da war nichts dabei, was Wert hat.“ Für Andreas Pflaum hatten die Gegenstände wenigstens persönlichen Wert. Er wirft Dieter Hofmann vor, Hofmann habe Güter unterschlagen, die sich noch in den Überbleibseln des Hotels befunden hätten, als er das Gelände übernahm. Zum Beispiel ein blaues Klavier des vor Kurzem gestorbenen Fats Domino, Gemälde oder Golfequipment.

„Aber Herr Hofmann sagt, da war nichts mehr drin. Ich fordere aber von ihm meine Erinnerungen zurück“, sagt Pflaum. Sein Rechtsanwalt Ortwin Lowack werde die Gegenstände einklagen. Dieter Hofmann sagt dazu: „Ich habe es leer übernommen. Ich habe kein blaues Klavier gesehen.“ Allerdings sei ein Raum im Hauptgebäude nicht geräumt gewesen, darin befand sich „altes Krempelzeug“. Etwas Wertvolles sei nicht dabei gewesen. Hofmann wandte sich daraufhin an Elena Pälmer, sie habe die Räumung dann veranlasst. Hofmann geht davon aus, dass die Gegenstände entsorgt wurden. Außerdem erhebt Pflaum Vorwürfe gegen Ottmar Stiefler, der als Mediator die Umsetzung des ursprünglichen Kaufvertrages zwischen ihm und Salnikov begleiten sollte, wegen Fehlberatung und Doppelmandat. Von der Stadt fordert Pflaum den vergoldeten Wirtshausausleger zurück, den die Kommune von Elena Pälmer als Geschenk erhielt. Zusammengefasst ist für Pflaum der Niedergang des PPP „das größte Verbrechen, das es jemals in Pegnitz gegeben hat.“

Bilder