Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie wird schwierig Metallchef knallhart

Sieht in der laufenden Tarifauseinandersetzung keinen Spielraum für hohe Lohnzuwächse: der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie, Bertram Brossardt. Foto: Matthias Balk/dpa Foto: red

Fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt verlangt die IG Metall für die Beschäftigten der Metall- und Elektrobranche - rund 810.000 sind es allein in Bayern. Doch die Arbeitgeberseite ist knallhart: Eine sich eintrübende Konjunktur, hohe Lohnzuwächse in den vergangenen Jahren und eine uneinheitliche Lage in der Metall- und Elektroindustrie ließen keine großen Sprünge zu. Vor der nächsten Verhandlungsrunde in der kommenden Woche in München sprach der Kurier mit dem Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie, Bertram Brossardt. Der sieht "null Spielraum". Wird also demnächst gestreikt?

 
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Die IG Metall fordert fünf Prozent mehr Geld für eine Laufzeit von zwölf Monaten. Was wollen die Arbeitgeber? Bislang haben Sie ja kein Angebot vorgelegt.

Betram Brossardt: Das ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht üblich. In der ersten Verhandlungsrunde begründet die IG Metall ihre Sicht der Dinge. Wir tun das in der zweiten Runde. Wir wollen einen zügigen Tarifabschluss. Das können wir hinbekommen, wenn die IG Metall ihre Forderungen deutlich reduziert. Dazu fordern wir die Gewerkschaft auf.

Wie weit sind Sie voneinander entfernt?

Brossardt: Wir sind in zwei vollkommen unterschiedlichen Welten. Die IG Metall kann ihre eigene Forderung  nicht begründen. In der Vergangenheit waren wir uns einig, dass wir den gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt zugrunde legen. Der liegt derzeit zwischen null und 0,5 Prozent. Die IG Metall begründete ihre Entgeltforderung in der Vergangenheit auch stets mit der Inflation. Sie muss anerkennen, dass die Inflation aktuell bei null liegt. Das dritte Element ist die Umverteilungskomponente, für die es schlicht keinen Grund gibt, weil wir in den vergangenen Jahren erhebliche Entgeltzuwächse gesehen haben. Die Reallöhne der Beschäftigten in den Metall- und Elektrobranchen sind seit 2011 um rund zehn Prozent gestiegen. Zugleich sind die Lohnstückkosten der Unternehmen um 18 Prozent gestiegen. Da gibt es keinen Verteilungsspielraum. Wenn man der Rechenmethode der IG Metall folgen möchte, macht dreimal Null eben Null. Für eine Forderung nach fünf Prozent fehlt die Sachlogik.

Welchen Einfluss hat die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auf die Metall- und Elektrobranchen?

Brossardt: Die IG Metall blendet die Realitäten aus. Unsere Metall- und Elektroindustrie lebt derzeit ausschließlich von einer Scheinkonjunktur, die auf dem niedrigen Ölpreis, günstigen Wechselkursen und niedrigen Zinsen beruht. Das ist nicht nachhaltig. Was wir an Fortschritten in Deutschland sehen, beruht ausschließlich auf dem privaten Konsum. Auf den Punkt gebracht: Wir stehen an einem Scheideweg. Die Prognosen für die Weltkonjunktur gehen deutlich zurück, gerade in den für die M+E-Exporte aus Bayern wichtigen Schwellenländern. Wir haben eine politische Unsicherheit, wie es sie seit Jahrzehnten nicht mehr gab. Neu ist die große Heterogenität zwischen Branchen und einzelnen Unternehmen. Heute kann keiner mehr sagen, ob es dem Maschinenbau gut oder schlecht geht. Das hängt von den Zielmärkten ab. Wenn ein Unternehmen stark auf Russland ausgerichtet ist, hat es ein extrem großes Problem. Wenn es auf Amerika ausgerichtet ist, dann ist es gut. Vor einem solchen Hintergrund ist eine Forderung von fünf Prozent einfach jenseits des Möglichen.

Ein Nullabschluss wird wohl kaum gehen. Wo ist der sinnvolle Kompromiss?

Brossardt: Ich bleibe dabei. Dreimal Null ist Null. Selbstverständlich müssen wir einen Weg finden. Aber wenn die IG Metall keine deutlichen Abstriche macht, stehen uns äußerst problematische Verhandlungen bevor. Wir müssen einen Abschluss finden, der durch alle Branchen und von allen Unternehmen getragen werden kann. Die Heterogenität abzubilden, ist dabei die wesentliche Herausforderung.

Im letzten Jahr hatte es einen Abschluss von 3,4 Prozent gegeben. War das zu viel? Stehen die Arbeitgeber deshalb so auf der Bremse?

Brossardt: Wir waren von einer positiveren Wirtschaftsentwicklung ausgegangen. Die Prognosen haben sich nicht erfüllt. Insofern: Ja, im Nachhinein war der Abschluss zu hoch. Er ging für viele Betriebe an die Schmerzgrenze. In der Prognose, die wir jetzt anzustellen haben, müssen wir das berücksichtigen. Wir müssen berücksichtigen, dass die Wachstumsprognosen für die Welt, für die EU und für Deutschland heruntergesetzt worden sind.  Wir haben an allen Ecken und Enden Anlass zur äußersten Vorsicht.

Gehen Sie davon aus, dass es nach Ablauf der Friedenspflicht am 29. April zu Streiks kommen wird?

Brossardt: Bis die Friedenspflicht abgelaufen ist, sollte man eine Lösung gefunden haben. Streiks sind antiquiert und kein geeignetes Mittel der Tarifauseinandersetzung. Wir fordern die IG Metall auf, am Tisch zu verhandeln und bis zum 28. April zu einem Ende zu kommen. Wir werden mit Vernunft argumentieren und darauf hinweisen, dass Vernunft dauerhaft zu hoher Beschäftigung führt.

Auch wenn die Metall- und Elektrobranchen heterogen sind. Wie geht es denen in Oberfranken? Gibt es einen Unterschied zum Rest Bayerns?

Brossardt: Oberfranken ist ein traditionell starker Produktionsstandort. Hier treten die Schwankungen noch etwas heftiger auf. Grundsätzlich spielt die Region innerhalb Bayerns inzwischen weniger eine Rolle als die Branchenzugehörigkeit und die Ausrichtung auf einen Zielmarkt. Unsere jüngste Umfrage unter unseren Mitgliedsbetrieben zeigt, dass die Investitionspläne für das Inland moderat sind. Die ausländischen Investitionspläne sind relativ hoch.

Das Gespräch führte Frank Schmälzle.

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