Meister der schaurigen Sinnsprüche

Von Michael Weiser
Wie konnte es zum Jugendwort des Jahres kommen? Willy Nachdenklich macht einen auf - nachdenklich. Foto: Michael Golinski Foto: red

Gerade erst wurde eine seiner Schöpfungen als "Jugendwort des Jahres" ausgezeichnet, am Donnerstag. 23. November, kommt er nach Bayreuth: Willy Nachdenklich, Macher der Seite "Nachdenkliche Sprüche mit Bilder", einer der Mitbegründer der "Vong"-Sprache und für "I bim's" von Langenscheidt prämiert, gastiert im Liebesbier (20 Uhr). Wir sprachen mit dem Oberpfälzer am Telefon über schauerliche Sprüche fürs Poesiealbum, Gaudi unter Spezln und die Schnelllebigkeit der Jugendkultur.

 
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Wo simse gerade?

Willy Nachdenklich: Wir simd gerade an Greding vorbeigefahren, immer in Richtung Augsburg, dort habe ich eine Lesung.

Dauernd unterwegs... Gerade erleben Sie einen ganz schönen Hype.

Nachdenklich: Kann man schon sagen, ja. Das geht ganz schön ab.

Markiert die Wahl zum Jugendwort des Jahres einen Höhepunkt für Ihre so genannte Vong-Sprache?

Nachdenklich: Nein, der war weit vorher. Der Höhepunkt war schon vor eineinviertel Jahren erreicht. Die Jugend ist da schon weiter. Meiner Meinung nach sind Wendungen wie "I bims" oder "vong" schon ausgeleiert.

Weil etabliert.

Nachdenklich: Ja, das denke ich auch. Spätestens seit der "Wahl zum Jugendwort". Und wenn schon die Bundesregierung derlei in einem Post übernimmt - dann haben diese Begriffe ihren Zenit weit überschritten (lacht).

Wo haben Sie all die Poesiealben gelagert, aus denen Sie Sprüche ziehen wie: Die Sehmsucht ist der Wimd für das Segelboht das wir Lebem nennen?

Nachdenklich: Die allermeisten lasse ich mir selbst einfallen. Nach dem Motto, je blöder, desto besser. Den mit dem "Segelboht" zum Beispiel habe ich mir selbst einfallen lassen. Es gibt aber auch Seiten wie "Diana - Sprüche fürs Herz" oder so ähnlich. Eine Klasseseite, um sich Anregungen zu holen. Und es gibt einige solche Seiten.

Sie machen sich lustig über hohle Phrasen, Mangel an Rechtschreibung und miese Grammatik. Ist das Internet wirklich so schlimm?

Nachdenklich: Ja, ja doch. Wenn man sich genügend lange auf solchen Seiten rumtreibt, dann schklägt man den Kopf über den Händen zusammen (lacht) - oder umgekehrt.

Manche Menschen glauben ernsthaft an kitschige Sinnsprüche. Bekommen Sie ab und zu eins auf die Mütze?

Nachdenklich: Ja klar, ab und zu ist das immer noch so. Ganz am Anfang war jede zweite Mail so richtig böse, oder es gab gut gemeinte Ratschläge, ich solle mir ein Rechtschreibprogramm zulegen, die Sprüche seien so schön, die hätten es verdient, dass sie in korrektem Deutsch geschrieben werden. Es gibt eine Lobby von Damen zwischen vierzig und fünfzig Jahren, die Seiten mit so schönen Bildchen pflegen... Es ist schon vorgekommen, dass meine Bilderchen auf solchen Seiten auftauchen und dann geteilt werden. Gerade zu Anfangszeiten war das so.

Mittlerweile aber hat sich's richtig etabliert. Sie sind damit ja sogar an der Uni schon Thema gewesen.

Nachdenklich: Ja, tatsächlich. Ein Professor, ein Jugendfreund von mir, hatte mich angeschrieben, ob ich nicht für ein Germanistikseminar im Hörsaal sprechen könnte. Die Veranstaltung fand guten Anklang. 400 Leute waren da, und viele haben sich auch ein Servus in ihr Heftchen geben lassen, als Bescheinugung, dass sie die eineinhalb Stunden da waren.

Von der Satire zum Alltagsgebrauch, und nun halten Sie bereits Seminare an der Uni. Wo wird das noch enden? Haben Sie schon einen Film in Aussicht?

Nachdenklich: Ne, noch nicht. Aktuell sind wir mit Lesungen unterwegs. Es wird sich zeigen. Wäre schön, wenn sich was ergibt. Wenn nícht, dann ist das auch nicht wild. Am Anfang war das nur eine Gaudi unter Spezln, ich hätte nie gedacht, dass ich so weit komme. Das war doch Zufall, dass das vom Richtigen entdeckt und dann geteilt wurde.

Sie haben also auch noch eine seriöse Existenz. Was sind Sie von Beruf?

Nachdenklich: Großhandelskaufmann

Und der wahre Name?

Nachdenklich: Na ja, versuche mich schon bedeckt zu halten. Wenn man will, kriegt man's eh raus.

Bislang sind Sie der Mann mit der Brille, dem Schnauzer und der großen Nase. Erkennt man Sie dennoch, wenn Sie in Zivil unterwegs sind?

Nachdenklich: Ne. In meiner Heimatstadt Amberg, klar. Da weiß man eh, wer ich bin.

 

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