„Es war ein ganz schöner Akt, aber ohne unsere Hilfestellung wären sie aufgeschmissen gewesen“, sagt Ingrid Lochner im Gespräch mit dem Kurier.
Inzwischen sind zwei Jahre ins Land gegangen. Im Februar 2015 hatten Ingrid und Horst Lochner aus Eckersdorf die Vormundschaft des damals achtjährigen, aus Syrien geflohenen Taha übernommen. Und sich später auch für den Nachzug seiner Familie eingesetzt. Seither ist die Zahl der Zuzüge in Oberfranken gestiegen.
„Es war ein ganz schöner Akt, aber ohne unsere Hilfestellung wären sie aufgeschmissen gewesen“, sagt Ingrid Lochner im Gespräch mit dem Kurier.
Taha war mit seinen beiden Onkeln über das Mittelmeer geflohen (der Kurier berichtete). Seine Eltern und seine Geschwister waren zunächst in Damaskus geblieben. Per Telefon hielt die Familie Kontakt. An Schulbesuche war für die Geschwister in Syrien aufgrund der zahlreichen Bombeneinschläge damals nicht zu denken. „Die Mutter hatte Angst um ihre Kinder“, sagt Ingrid Lochner.
Schnell stand für das Ehepaar aus Eckersdorf fest, bei der Zusammenführung der Familie zu helfen. „Es ist aus unserer Sicht ganz wichtig, dass Familien zusammenkommen. Dann kehrt mehr Ruhe ein. Familien sind ja auch bei uns wichtig, und sie sind auch für diese Menschen wichtig“, sagt die 70-jährige Eckersdorferin.
Freilich kommt nicht jeder anerkannte Flüchtling mit seiner Familie in den Genuss einer solch individuellen Betreuung, wie in diesem Fall. Die Zahlen aber steigen. Wie Oliver Hempfling, Pressesprecher der Regierung von Oberfranken, auf Kurier-Nachfrage mitteilte, sind im August 2016 für ganz Oberfranken acht Zuzüge mit insgesamt 33 Personen verzeichnet. Das macht im Durchschnitt 4,1 Personen pro Fall aus. Den bisherigen Höchst-stand weist die Statistik für den Januar 2017 aus. Die Zahl der Zuzüge ist auf 26 angestiegen, mit insgesamt 87 Personen. Der Schnitt liegt hier bei 3,3 Personen pro Zuzug. Im Februar gibt es einen leichten Rückgang zu 77 Personen bei 26 Zuzügen. Für den gesamten Zeitraum seit August 2016 weist die Statistik der Regierung für Oberfranken 120 Zuzüge mit 394 Personen aus. Im Durchschnitt kamen 3,3 Personen pro Zuzug. Die Familie des inzwischen zehnjährigen Taha stellt in Bezug auf die Anzahl der Familienmitglieder eine Ausnahme dar. Derzeit lebt er mit sechs Geschwistern und seinen Eltern in Eckersdorf.
Indes kann Ingrid Lochner über viele positive Erfahrungen mit den syrischen Flüchtlingen berichten: „Die Kinder entwickeln sich so toll. Den großen Sohn haben wir gleich auf einer Berufsschule angemeldet. Später möchte er eine Lehre machen.“ Auch was die Deutschkenntnisse betrifft, kann die Eckersdorferin Erfreuliches berichten. Tahas kleiner Bruder erzähle gerne, was er im Kindergarten spiele: in deutschen Worten. Allerdings: Die Eltern tun sich mit der neuen Sprache schwerer als die Kinder. Oft muss eine Übersetzungs-App bei der deutsch-arabischen Kommunikation helfen.
Bei allen Fortschritten in puncto Integration gibt es aber für Ingrid Lochner keinen Grund, die rosarote Brille aufzusetzen und alles schön zu reden. Soziale Kontakte zu Einheimischen halten sich in Grenzen. „Ich vermisse, dass deutsche Familien die Kinder einladen, die haben wenig Kontakte.“ Auch die Kommunikation mit den Eltern bewegt sich meist an der Oberfläche. „Wir wissen nicht, was sie an Sorgen mit sich herumtragen.“ Und Ingrid Lochner konstatiert eine „Zurückhaltung, wo ich nicht weiß, was in den Köpfen der Menschen vorgeht.“