Besagte Bronzebüsten sind mittlerweile in einem Raum neben dem Baubüro eingelagert, das sich im Dachgeschoss des Hauses neben der Handwerkskammer befindet. Auch sonst ist einiges in trockenen Tüchern. Auf dem Weg zum attraktiven, multifunktionalen Kulturzentrum mit toller Akustik erhalte man große Unterstützung. So sagt es Merk-Erbe. Auf 55 Millionen Euro sind die Kosten veranschlagt, nur 16 Millionen davon muss die Stadt Bayreuth selber aufbringen.
Erst vor wenigen Tagen holte die Oberbürgermeisterin bei Finanzminister Markus Söder den Bescheid für den ersten Teilbetrag in Höhe von sechs Millionen Euro ab. Bliebe die Stadthalle im Rahmen, wäre sie allerdings eine Ausnahme – so etwas wie ein weißer Rabe unter den Großprojekten. Nicht zuletzt die zu erwartenden Kosten hatten zu Widerstand geführt: Erst als am 8. Mai 2016 ein Bürgerbegehren die Mindestzahl an abgegebenen Stimmen verpasste, hatte das Projekt die letzte Hürde genommen.
Der Balkonsaal wird „gedreht“
Bayreuth soll einen Kulturbau mit Ausstrahlung weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekommen. Das Große Haus erhält ein neues Innenleben, der Balkonsaal wird neu konzipiert, das bereits komplett entkernte Kleine Haus wird abgetragen – und sozusagen auf trockenen Füßen in einer Art Wanne wieder aufgebaut. Schon im Herbst soll der Abbau beginnen. Die Natursteine der äußeren Hülle werden für den Wiederaufbau Stück für Stück nummeriert, mit kleinen Marken, die wie Garderobenmarken aussehen, erklärt Projektsteuerer Stefan Bergmann. Die Steine werden in Polen zwischengelagert. Ins Erdgeschoss des rekonstruierten Trakts kommen Räume für Kultur und Konferenzen.
Garderoben im Dachgeschoss des Kleinen Hauses
Ins Dachgeschoss des Kleinen Hauses werden Garderoben eingebaut. Von ihnen aus kommen die Künstler ebenso leicht ins Große Haus wie in den Balkonsaal, dessen Bühne sich dann am Ostende befinden wird, dort, wo bislang die Eingänge waren. Das bisherige Foyer des Balkonsaals wird ebenso wie das Treppenhaus einer Seitenbühne Platz machen. Das Publikum wird den Balkonsaal künftig von der gegenüberliegenden, der westlichen Seite her erreichen, mit dem bisherigen Konferenzraum neben dem Hauptfoyer als Entree.
Orpheus versinkt nicht im Dunkel
Das Orpheus-Wandgemälde bleibt erhalten, auch wenn es nur noch die Künstler auf dem Weg zur Bühne sehen können. Was sonst noch bleibt: Die Anmutung des Vestibüls und des Foyers bleibt erhalten, sogar der große Lüster soll nach dem Abschluss der Bauarbeiten wieder an seinen angestammten Platz. Allerdings wird die Wandelhalle mit Verbindung zum Geißmarkt hin deutlich aufgehübscht.
Schadstoff-Sanierung bislang reibungslos
Projektsteuerer Bergmann ist zufrieden mit dem Stand der Arbeiten. Auch den Abtransport der Schadstoffe – etwa Asbest in den Dichtungsfäden der Lüftungsschächte an der Wandelhalle – habe man im Griff. Teilweise werden die zu sanierenden Bereiche abgeschottet und die Schadstoffe - dazu gehört zum Beispiel bitumenhaltiger Klebstoff unterm Parkett - bei Unterdruck abgebaut. Hochbauamtschef Stefan Bouillon gibt Entwarnung auch für regelmäßige Stadthallenbesucher: Diese Stoffe entfalteten Gefahr lediglich dann, wenn beim Abbau kleinste Partikel in die Luft gelangten.
Alles im Griff also? Urte Kelm bestätigt: Man liege im Zeitplan, der zwar „sportlich“, aber noch zu bewältigen sei. Noch also steht das späte Jahr 2019 als Termin für die Fertigstellung – „vorausgesetzt, wir stoßen nicht noch auf Überraschungen“.
Die Vorgeschichte
Der Weg zum Umbau der Stadthalle in ein Kulturzentrum für Theater, Konzerte und vieles andere war lang. Nach jahrelangen Diskussionen war ein Wettbewerb zunächst für Wandelhalle, Kleines Haus und den Geißmarkt ausgeschrieben worden. Die Planungen wurden alsbald aber erweitert, vor allem unter dem Eindruck des maroden Zustandes des geseamten Komplexes.
Ende April 2015 votierte der Stadtrat für die "große Lösung". ein Grundsatzbeschluss, der im November 2015 bestätigt wurde. Ein Volksbegehren scheiterte im Mai 2016.
Ein weiteres Hindernis räumt die Stadt mit einer Zahlung von 100.000 Euro aus dem Weg: Die Erben des Architekten Hans C. Reissinger hatten eine Klage wegen Verletzung des Urheberrechts angedroht. Die Stadt Bayreuth verpflichtete sich zudem, Reissingers Werk in der Stadthalle zu dokumentieren.
Seit Herbst 2016 wurde die Stadthalle ausgeräumt, wiederverwertbares Mobiliar und Teile der Ausstattung wurden eingelagert, vieles auch versteigert.
Im Mai dieses Jahres wiederum starteten die Bauarbeiten. Sie sollen bis Ende 2019 abgeschlossen sein.
INFO: Gesucht wird noch immer nach einem neuen Namen für die neue Stadthalle. Die Bayreuther sollen Gelegenheit erhalten, Vorschläge einzureichen.