Unerfahrener und "kleiner" Center?
Als Center haben Sie mit Javon McCrea einen Amerikaner geholt, der „nur“ 2,01 Meter groß ist und zudem Neuling als Profi und Neuling in Europa. Sind das nicht ein bisschen viel Unwägbarkeiten auf einmal?
Koch: „Das kann natürlich schon möglich sein. Meine Philosophie ist aber, dass Basketball nichts mit dem Alter zu tun hat. In Bonn habe ich mit Chris Ensminger als Center gearbeitet, als der schon fast 40 Jahre alt war.“
Aber was ist mit der Erfahrung? Das ist doch schon eine Frage des Alters.
Koch: „In dieser Hinsicht bin ich sogar froh, dass wir jemanden haben, der direkt vom College kommt und nicht zwischendurch zwei Jahre in der D-League gespielt hat. Die Collegeliga spielt nämlich viel mehr europäisch, beispielsweise was die Regeln in der Verteidigung betrifft. Javon McCrea ist der All-time-leading-scorer seiner Universität – und selbst wenn es eine kleine Universität ist, dann sind seine Zahlen im amerikanischen Vergleich wirklich gut. Er weiß, dass seine Größe nicht für die NBA reichen wird. Aber in der Bundesliga gab es früher schon Center wie Jeff Gibbs in Ulm oder Kyle Hines in Bamberg, die nicht einmal zwei Meter groß waren. Man kann nicht sagen: Nur wegen der Größe wird das nicht funktionieren.“
Kann man Javon McCrea eher als zusätzlichen Powerforward betrachten neben der ohnehin stark besetzten Position vier mit Ronnie Burrell und Brandon Bowman?
Koch: „Nein, eher würde ich umgekehrt Ronnie Burrell noch als möglichen Center sehen. Auch Brandon Bowman habe ich in Bonn schon mal auf Position fünf spielen lassen, um den gegnerischen Center heraus zu locken. Tatsächlich sehe ich bei uns die Position fünf als einzige, die mit Javon McCrea und Phillipp Heyden fest besetzt ist. Alle anderen Spieler kann man durchaus auf zwei Positionen bringen.“
Nachdem Tyree Chambers an ein US-College gehen will, umfasst Ihr Kader nur zehn Spieler. Wen planen Sie aus dem Nachwuchs oder der zweiten Mannschaft für das Training mit ein?
Koch: „Meines Wissens hat es mit dem Collegeplatz für Tyree Chambers geklappt. Im Training werden der 18-jährige Dilhan Durant und der 17-jährige Slowake Lukas Pigliafreddo regelmäßig dabei sein. Beide haben das Potenzial dafür, und – was ganz wichtig ist – beide stehen immer zur Verfügung. Sie können Ausfälle überbrücken und Lücken im Training schließen.“
Nach dem Ausscheiden von Dragan Andrejevic haben Sie mit Tim Nees nur noch einen Assistenten. Wie verschieben sich die Aufgaben dadurch?
Koch: „Ich werde etwas mehr machen. Dragan hat oft morgens individuell mit den Spielern gearbeitet, und da werde ich mich nun mehr einbringen. Ich arbeite mehr mit den Guards individuell, Tim weiter mit den großen Spielern.“
Wie hat man sich den Trainingsaufbau in den kommenden Wochen vorzustellen? Vor allem wird die Spieler interessieren, wann der Ball ins Spiel kommt.
Koch: „Der Ball kommt bei mir recht früh ins Spiel. Sicher werden wir ein paar Mal um den Röhrensee laufen, aber Basketball ist nun mal in erster Linie ein Stop-and-go-Spiel. Nur mit Ausdauerläufen kommt man da nicht weit. An den Anforderungen des Stop-and-go kann man in der Halle arbeiten, und das kann man auch gut mit dem Ball machen. Meist wird abends der Ball die Hauptrolle spielen, vorher geht es um Athletik und Kraft.“
Wird es ein Trainingslager geben?
Koch: „Das ist nicht geplant.“
"Ich will strukturiert spielen lassen"
Welche Spielweise streben Sie mit dem neuen Medi-Team an. Ist es eine Überlegung wert, die Konkurrenz mit etwas Extremem zu überraschen, wie es die Hagener mit ihrem enorm hohen Tempo seit Jahren mit Erfolg praktizieren, oder früher die Würzburger unter Trainer John Patrick mit ihrem „Guard-Terror“ in der Verteidigung?
Koch: „Extreme Spielweise ist gar nicht mein Ding. Ich will strukturiert spielen lassen – nicht 20 Systeme, sondern sechs oder sieben, aber in denen muss jeder wissen, was zu tun ist. Und zwar jeder auf zwei verschiedenen Positionen – das macht dann die Variabilität aus. In der letzten Saison waren wir groß, aber langsam. Deswegen kamen wir nicht am Gegner vorbei, um zum Korb zu ziehen – der Gegner bei uns aber umso öfter. Deswegen war es auch ein so großes Problem, dass Bryan Bailey nicht gespielt hat. Das ist nämlich genau so ein Spieler, der offensiv vorbei ziehen und in der Defensive den Gegner vor sich halten kann. Trevon Hughes wird das nun ebenso können und Brandon Bowman auf Position vier ebenso. Das wird uns mehr Zug zum Korb ermöglichen und uns schneller spielen lassen.“
Wie bewerten Sie die Veränderungen bei der Konkurrenz. Werden sich die Kräfteverhältnisse in der BBL dadurch verschieben?
Koch: „Ich glaube nicht, dass es so viele Veränderungen geben wird wie im Vorjahr. Es gibt fünf Mannschaften, die auch durch ihren Etat ein Stück vom Rest der Liga abgerückt sind: München, Bamberg, Berlin, Oldenburg und Artland. Wenn da nichts passiert, kommen diese Teams wieder recht sicher in die Playoffs. Dahinter kommt ein großes Feld mit Anwärtern auf die anderen drei Playoff-Plätze. Die Aufsteiger Göttingen und Crailsheim werden es sicher schwer haben, aber allen anderen darf man es zutrauen, wie es die Hagener schon mal bewiesen haben und zuletzt beinahe der Mitteldeutsche BC.“
Darf sich Bayreuth auch zum Kreise dieser Anwärter zählen?
Koch: „Erst einmal geht es darum, uns aus dem unteren Bereich heraus zu halten und nicht wieder in so einen Strudel zu kommen wie im Vorjahr. Wenn das gelungen ist, wollen wir die Kluft zu den Playoff-Plätzen so weit wie möglich verkleinern. Nach Jahren des Abstiegskampfes wäre es aber vermessen, sich ausdrücklich die Playoffs zum Ziel zu setzen.“
Das Gespräch führte Eberhard Spaeth.
Info: Medi Bayreuth wird mit den beiden Heimspielen gegen Neuling TSV Crailsheim am 2. Oktober und Vizemeister Alba Berlin am 4. Oktober in die Saison starten.