Medi-Team in allen Belangen unterlegen

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Wesentlich aggressiver gingen die Jenaer in der Verteidigung zu Werke. Hier sind Derrick Allen (rechts) und Skyler Bowlin (Nr. 12) gegen James Robinson zur Stelle. Neben Andreas Seiferth war der Spielmacher trotzdem die einzige positive Ausnahme in einem erschreckend schwachen Medi-Team. Foto: Peter Mularczyk Foto: red

Hat das Champions-League-Achtelfinale drei Tage zuvor bei Besiktas Istanbul doch zu viel Kraft gekostet? Medi Bayreuth war am Freitagabend in der Bundesliga beim Dreizehnten Science City Jena jedenfalls in allen Belangen klar unterlegen und verlor völlig verdient mit 90:107 (43:53). So haben am Sonntag die Verfolger aus Bonn und Oldenburg die Chance, nach Pluspunkten mit dem Tabellenvierten gleichzuziehen.

 
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Die Bayreuther ließen beim neuen Angstgegner Jena, der schon das Hinspiel mit 88:75 für sich entschieden hatte, von Anfang an alles vermissen. Sie spielten ohne Leidenschaft und Einsatz, wirkten schwerfällig und zeigten auch nicht den Teambasketball, der sie gerade in den letzten Wochen ausgezeichnet hatte.

Die Hausherren, mit den drei 37-jährigen Derrick Allen, Julius Jenkins und Immanuel McElroy die älteste Mannschaft der BBL, waren nicht nur gedanklich schneller, viel aggressiver und nutzten jeden der nicht gerade wenigen Fehler der Bayreuther aus. Bereits sieben Ballverluste standen auf Seiten der Gäste nach dem ersten Viertel zu Buche. Weil sie es zudem hauptsächlich von der Dreierlinie versuchten, obwohl von zehn Versuchen neun ihr Ziel teils deutlich verfehlten, war der 7:26-Rückstand nicht verwunderlich. James Robinson zur einzigen Führung (2:0), zwei verwandelte Freiwürfe von De’Mon Brooks und eben der Dreier von Steve Wachalski, der mit etwas Glück in den Korb fiel und eine Durststrecke von sechs Minuten mit einem 18:0-Lauf Jenas beendete, waren die klägliche Ausbeute.

Dass die Bayreuther nicht sogar noch deutlicher zurücklagen, hatten sie der anfänglichen Abschlussschwäche von Allen zu verdanken, der seine ersten drei Chancen frei am Brett vergab. Acht der ersten zehn Punkte der Hausherren zum 11:4 (4.) gingen auf das Konto von Kyle Weaver, der wie alle Jenaer viel zu viel Platz hatte und machen konnte, was er wollte. Die von Medi-Trainer Raoul Korner geforderte Energie brachte nur Jena aufs Parkett, viel zu leicht kamen die Thüringer zu ihren Punkten. Auch eine Auszeit und drei Auswechslungen brachten Bayreuth nicht den erwünschten Erfolg. Im Gegenteil: Die Gäste wussten sich oft nur durch Fouls zu helfen, was Jena von der Freiwurflinie (8/11) bestrafte.

Dass sie zur Halbzeit trotzdem nur mit zehn Zählern zurücklagen, hatten sie vor allem Andreas Seiferth zu verdanken. Der Center stemmte sich im zweiten Viertel mit Robinson, der mit einem Dreier zum 43:53-Pausenstand verkürzte, als einziger gegen das drohende Debakel, machte sich unter dem Korb für seine Teamkollegen anspielbar und hielt Bayreuth mit seinen 15 Punkten in der Partie. Obwohl ausrechenbar, fand Jena dagegen einfach kein Mittel. Weil aber auch Bayreuth in der Defensive weiterhin keinen Zugriff bekam, fielen in diesem Abschnitt (27:36) insgesamt 63 Punkte.

Der Rest des Spiels erinnerte dann aber wieder an das aus Medi-Sicht desaströse erste Viertel. In der Defensive verstanden es die Jenaer jetzt wieder besser, die Anspiele auf Seiferth zu verhindern. Und mit einem Dreierregen der bekannt sicheren und trotzdem sträflich allein gelassenen Schützen Skyler Bowlin und vor allem Julius Jenkins, der im dritten Abschnitt gleich fünf von sechs Versuchen von jenseits der 6,75-Meter-Linie versenkte, zogen die Gastgeber wieder auf 84:59 davon. Bezeichnend für das erschreckend schwache Auftreten des Medi-Teams war ein Jenaer Angriff, bei dem die Gäste den Hausherren gleich drei Offensivrebounds gestatteten, ehe Maximilian Ugrai im vierten Versuch zum 69:50 einnetzte. Ihrem Frust ließen die Bayreuther Assem Marei und Robin Amaize mit zwei technischen Fouls freien Lauf.

Die größte Differenz war beim 91:61 in der 32. Minute erreicht. Vier Minuten vor dem Ende durchbrach Julius Wolf dann bezeichnenderweise mit einem Dreier aus neun Metern mit Brett für Jena die 100-Punkte-Marke (102:76), ehe Marei noch etwas für Ergebniskosmetik sorgte.

Einzelkritik

JAMES ROBINSON (19 Punkte / 22:56 Min. Einsatzzeit / Plus-Minus-Bilanz: -1): Drehte nach schwachem Beginn im zweiten Viertel auf und brachte sein Team mit seinem Dreier kurz vor Ende der ersten Halbzeit auf zehn Zähler heran. Trotz seiner defensiven Probleme gegen die quirligen Bowlin und Mazeika einer der Bayreuther Lichtblicke.

John Cox (0 / 13:54 / -11): Unglücklicher Auftakt mit 0/3 Dreiern (alle drei relativ frei) in Hälfte eins. Danach nur noch sporadisch eingesetzt, war defensiv überfordert und leistete offensiv aus dem Feld (0/5) überhaupt keinen Beitrag.

NATE LINHART (6 / 23:55 / -14): Trug wieder viel Verantwortung und hatte somit auch enormen Anteil am hohen Rückstand bis zur Pause. Auch defensiv zunächst mit großen Problemen gegen Weaver, schaffte es später auch nicht, den heiß laufenden Jenkins zu stoppen. Aber zumindest mit soliden Statistiken (7 Rebounds, 4 Assists, kein Foul).

Bastian Doreth (5 / 21:48 / -4): Kam zu seinen ersten Zählern, als die Partie schon entschieden war. Konnte seinen bescheidenen Offensivbeitrag diesmal auch nicht mit aggressiver Defense kaschieren. Wirkte müde und ausgelaugt.

ANDREAS SEIFERTH (19 / 28:57 / -18): Hielt seine Mannschaft in der ersten Hälfte mit 15 Punkten und fünf Rebounds fast im Alleingang „am Leben“. War auch danach der Fels in der Brandung, rackerte bis zum Schluss. Seine herausragende Effizienz kam nicht von ungefähr. Ging als klarer Sieger aus den direkten Centerduellen hervor.

Steve Wachalski (16 / 23:57 / 7): Ganz solide Vorstellung des Team-Seniors. Die Schwächen in der Defense gegen Ugrai, Allen und Wolf, die auch er mitzuverantworten hatte, glich er mit einer starken Offensivvorstellung (4/7 Dreier) wieder aus.

Robin Amaize (10 / 17:02 / 0): Seine Energie verpuffte zunächst wirkungslos, wobei manche Aktion auch zu ungestüm war. Kam erst besser zur Geltung, als die Gastgeber ihre Defensive etwas lockerten. Erzielte deshalb alle seine zehn Punkte in Hälfte zwei.

DE’MON BROOKS (4/ 12:23 / -26): Bekam nach desolatem Start im zweiten Viertel überhaupt keine Spielzeit mehr und steuerte danach auch nur noch wenige Minuten und noch weniger Punkte bei. Wirkte saft- und kraftlos, was sich in der schwachen Verteidigung gegen die starken Thüringer Forwards besonders bemerkbar machte.

GABE YORK (3 / 24:14 / -16): Defensiv zunächst überfordert und in der Offensive wirkungslos mit 1/5 Dreiern in der ersten Hälfte. Das Wurfpech setzte sich auch im weiteren Verlauf der Partie fort. Ging mit dem Team und ohne erkennbare Gegenwehr unter.

Assem Marei (8 / 10:54 / -2): Stand klar im Schatten des starken Seiferth. Extrem mäßige Vorstellung unter den Körben bis zu seiner foulbedingten Auswechslung (4. Foul) im dritten Viertel. Betrieb im Schlussviertel noch etwas persönliche Statistikkorrektur mit sechs Punkten.

Stimmen zum Spiel

Raoul Korner (Trainer Bayreuth): „Glückwunsch an Björn und seine Mannschaft zu einem verdienten Sieg. Jena war extrem stark, hat sehr physisch gespielt, und wir waren extrem schwach. Insofern geht das Ergebnis vollkommen in Ordnung. Spieler, die uns in den letzten Spielen getragen haben, haben heute nicht ihre gewohnte Leistung zeigen können. Es hat heute nicht an der Einstellung gefehlt, sondern an der Energie. Ich möchte unser Spiel am Dienstag in Istanbul aber nicht dazu verwenden, um die großartige Jenaer Leistung heute zu schmälern.“

Björn Harmsen (Trainer Jena): „Wir haben mit der Intensität gespielt, die wir uns auch vorgenommen hatten. Nachträglich mein Glückwunsch zum Einzug von Raouls Mannschaft ins Viertelfinale der Champions League. Wir hatten sehr viel Zeit, um uns auf dieses Duell entsprechend vorzubereiten. Die Bayreuther hatten diese Vorbereitungszeit nicht oder nur eingeschränkt. Mir tut es leid, dass ich die Auszeit zum Ende noch genommen habe, aber ich hatte aus der Erfahrung des Hinspiels sehr viel Respekt vor der Mannschaft. Im letzten Spiel hatten sie uns am Ende noch einmal mit der Pressverteidigung in Bedrängnis gebracht. Das wollten wir heute vermeiden. Ich bin unglaublich stolz auf meine Mannschaft, die heute eine tolle Leistung gezeigt hat.“

Julius Wolf (Spieler Jena): „Wir wussten um die Belastung der Bayreuther vor dem Hintergrund des schweren Spiels in Istanbul. Wir mussten eigentlich nur unsere Energie aufs Feld bringen. Das ist uns sehr gut gelungen, sechs Spieler haben zweistellig gescort, im dritten Viertel hat uns Julius Jenkins den Lift nach oben gegeben.“

Statistik

Science City Jena

Mazeika (7 Punkte / 17:37 Min. Einsatzzeit / Plus-Minus-Bilanz: -1), UGRAI (10 / 18:51 / 33), Reyes-Napoles (0 / 4:14/ 2), Clay (7 / 6:55/ -4), JENKINS (25 / 26:13 /26), BOWLIN (14 / 22:23 / 18), ALLEN (12 / 23:40 / 9), Wolf (14 / 19:19/ -8), McElroy (6 / 24:18 /3), WEAVER (12 / 25:15/ 3), Heber (0 / 0:23 / 0), Mackeldanz (0 / 10:52 /4); Feldwurfquote: 40/68 (59 Prozent), davon 14/26 Dreier (54 Prozent): Jenkins (7/9), Bowlin (3/4), Wolf (3/4), Mazeika (1/1); Freiwürfe: 13/16 (81 Prozent); Rebounds: 21 defensiv, 7 offensiv (Wolf 3/2); Ballgewinne: 9; Ballverluste: 8 (Bowlin 3); Assists: 27 (Weaver 6, Bowlin 5); Effektivität: 135 (Jenkins 24, Bowlin 17, Wolf 17).

Medi Bayreuth

Feldwurfquote: 29/61 (48 Prozent), davon 8/29 Dreier (28 Prozent): Wachalski (4/7), Robinson (2/5), Doreth (1/2), York (1/8); Freiwürfe: 24/25 (96 Prozent); Rebounds: 22 defensiv, 9 offensiv (Seiferth 6/3, Linhart 7/0); Ballgewinne: 6 (Robinson 2); Ballverluste: 14(Doreth 5); Assists: 15 (Linhart 4); Effektivität: 96 (Seiferth 27, Robinson 17, Wachalski 16).

SR: Panther, Barth, Bänsch;

Zuschauer: 2234.

Stationen: 12:4 (5.), 22:7 (9.), 26:7 (1. Viertel), 31;9 (12.), 41:27 (17.), 46:34 (18.), 53:43 (Halbzeit), 61:43 (23.), 67:50 (25.), 77:53 (28.) 84:59 (3. Viertel), 91:61 (32.), 102:76 (37.), 107:90 (Ende).

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