Medi kontra Gießen: Viele Parallelen

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Kein anderer Gast weckt bei Medi Bayreuth so gute Erinnerungen an ein Auswärtsspiel in der Vorrunde der laufenden Bundesligasaison wie dieser: Mit den Gießen 46ers stellt sich am Sonntag um 17 Uhr jener Gegner in der Oberfrankenhalle vor, bei dem mit 69:68 der erste und lange Zeit einzige Sieg in einer fremden Halle gelungen ist.

 
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Besonders denkwürdig war dabei die dramatische Form der Entscheidung: Die 29:14-Führung aus dem tollen ersten Viertel hatten die Bayreuther längst aufgebraucht, sie lagen mit 66:68 zurück und hatten auch den letzten Angriff schon so gut wie vergeben. Der umkämpfte Rebound kam jedoch letztlich zu John Flowers an der Dreierlinie, und der traf mit der Schlusssirene.

Der damalige Eindruck von zwei gleichstarken Mannschaften wird auch durch die aktuelle Ausgangslage bestätigt: Beide Rivalen haben sich mit einigem Abstand zur Abstiegszone etabliert, und beide unterstrichen das zuletzt mit Erfolgserlebnissen. Während die Bayreuther mit 67:65 in Tübingen endlich den zweiten Auswärtssieg feierten, können die Gießener sogar drei Siege in Folge vorweisen (81:79 gegen Würzburg, 70:68 beim MBC und zuletzt 87:72 gegen Bonn). Dadurch hat der Aufsteiger zwei Siege mehr auf dem Konto und liegt auf Rang neun. Um ernsthafte Ansprüche auf den achten Playoff-Platz anmelden zu können, muss er aber wohl auch noch in Bayreuth und dann am Mittwoch im Nachholspiel gegen Frankfurt gewinnen.

Gute Dreierschützen

„Beide Mannschaften spielen auch einen recht ähnlichen Stil“, ergänzt Medi-Trainer Michael Koch die Parallelen. „Beide haben gute Dreierschützen, und beide spielen viel Pick-and-Roll, um daraus ihre Optionen zu ziehen.“ Gemeinsam sei ihnen auch der Wunsch, einfache Punkte aus schnellem Spiel zu sammeln: „Gießen sucht den Fastbreak und schließt auch gern mal schnell aus der Distanz ab“, erklärt Koch. Ein Ziel sei es daher, den Gegner ins Halbfeldspiel zu zwingen: „Da wissen wir dann, was kommt.“

Wichtige Basis für die Mannschaft von Gießens Trainer Denis Wucherer ist dabei ihr auffälligster Statistikwert: 7,5 Ballgewinne verzeichnen die Gießener pro Spiel, was in der Liga lediglich von Bayern München (7,9) noch übertroffen wird. „Sie stehen sehr gut in den Passwegen“, sagt Koch. „Da muss man im Angriff gut organisiert sein und mit Geduld spielen.“

Volltreffer Olaseni

Bei der Suche nach einem herausragenden Spieler in den Reihen der 46ers kommt man an Gabriel Olaseni nicht vorbei. Den internationalen Ansprüchen des Meisters Bamberg wurde er zu Saisonbeginn noch nicht ganz gerecht, aber in Gießen beweist er als Ablösung des nur befristet verpflichteten Ex-Bayreuthers Ekene Ibekwe beständig hohes Niveau. In den 13 Spielen seit seinem Debüt im Hinspiel gegen Bayreuth erzielte der Brite nur zweimal weniger als zehn Punkte – und da stand er jeweils auch weniger als zehn Minuten auf dem Feld. Fünfmal ergänzte er die zweistellige Punktausbeute auch noch mit zehn oder mehr Rebounds.

Trotzdem sieht Michael Koch mit seiner im Vergleich zum Hinspiel völlig veränderten Center-Besetzung (damals Gray, Naymick und Wolf) genau auf dieser Position einen möglichen Angriffspunkt: „Gießen hat kaum Alternativen zu Olaseni, und wir haben mit Andi Seiferth jemanden, der ihn unter Druck setzen kann.“

Mehr Sorgen bereitet dem Medi-Coach eine andere Personalie: Der Einsatz von Travis Leslie, der in Tübingen wegen einer Zerrung in der Wade pausiert hat, ist nicht sicher: „Am Samstag ist ein Test mit voller Belastung vorgesehen. Wir hoffen, dass die Zeit zur Erholung bis dahin ausgereicht hat.“

Koch in Gießens Ruhmeshalle

Michael Koch verbindet viel mit Gießen. Der spätere Europameister aus dem nahen Lich, absolvierte dort seine ersten vier Bundesliga-Jahre, ehe er 1987 nach Bayreuth wechselte. In der digitalen Ruhmeshalle („Hall of fame“) auf der Internetseite des Traditionsvereins (damals MTV) wird er geführt unter der Überschrift: „Das größte Talent der letzten 30 Jahre.“ Da erfährt man dann unter anderem, dass der später international gefeierte Basketballstar im Alter von 13 Jahren Bezirksmeister im Tischtennis war. „Ich kehre immer wieder mit viel Freude nach Gießen zurück“, sagt Koch. „Dort hat man mir als jungem Spieler viel Vertrauen gegeben und mich aufgebaut. Bei jedem Spiel dort sehe ich bekannte Gesichter, unter anderem meine damaligen Trainer.“

Eine spezielle Verbindung hat der Coach von Medi Bayreuth auch zu seinem Kollegen bei den 46ers: Als Spieler gewann er in den 90er zusammen mit Denis Wucherer im Trikot von Bayer Leverkusen vier Deutsche Meisterschaften. „Wir haben öfter telefonischen Kontakt, wenn wir uns irgendwie helfen können“, sagt Koch. Vor dem Hinspiel in Gießen ließen sich beide vor der Fernsehkamera zu einer Wette über den Spielausgang hinreißen – was Koch nicht vergessen hat: „Es ging um eine Kiste Bier. Ich will doch sehr hoffen, dass er sie mitbringt!“

So lief das Hinspiel

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