Medi-Kapitän Doreth auch Talent-Pate

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Ein basketballverrücktes Quartett: Nationalspieler BastianDoreth (Zweiter von links) und die Nachwuchstalente Lukas Pryszcz, Nico Wenzl und Jevon Perschnick (von links). Foto: Matthias Will Foto: red

Ein Dirk Nowitzki aus Pappe wacht über das große Sofa. Der Sitzsack daneben strahlt Gemütlichkeit aus. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich einen Basketball-Abend dieser Wohngemeinschaft vorzustellen. Nachdem Bastian Doreth, den die Medi-Gemeinde nur „Basti“ nennt, Pizza geholt hat, schwingt sich das Quartett auf die Couch. Dann wird gefachsimpelt. Die US-Profiliga NBA ist häufig ein Thema. Dort sind beziehungsweise waren auch die Lieblingsspieler der Bayreuther Nachwuchstalente aktiv: Nico Wenzl ist Fan der Lakers-Legende Kobe Bryant, Jevon Perschnicks Vorbild ist Allen Iverson (Philadelphia 76ers) und Lukas Pryszcz ist begeistert von LeBron James (Cleveland Cavaliers).

 
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„Die Jungs gucken zu viel NBA“, frotzelt Doreth, kann sich aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. Der 28-Jährige hat 76 Länderspiele für Deutschland absolviert und ist Kapitän des Bundesligisten Medi Bayreuth. Und er hat noch einen Nebenjob: Er hat die Patenschaft für ein hoffnungsvolles Nachwuchstrio übernommen. Medi-Chefcoach Raoul Korner hält große Stücke auf Jevon Perschnick (17), Nico Wenzl und Lukas Pryszcz (beide 16).

Die drei Jungs spielen bei den Young Heroes in der Nachwuchs-Basketball-Bundesliga (NBBL) und im Farmteam von Medi Bayreuth, das in der 2. Regionalliga Südost um Punkte kämpft. Jevon, Nico und Lukas können zu Doreth kommen, dessen Wohnung neben der WG der Youngster liegt, wenn sie etwas auf dem Herzen haben. Der erfahrene Profi hilft bei kleinen Alltagsproblemen. Ab und an gibt er auch einen dezenten Hinweis, wenn mal wieder sauber gemacht werden müsste. Das kommt jedoch selten vor, wie er berichtet. „Es ist beeindruckend, wie selbstständig die Jungs in diesem Alter schon sind.“ Alle drei Talente stammen aus der Oberpfalz, die Eltern besuchen natürlich regelmäßig ihre Sprösslinge, die wegen des Basketballs nach Bayreuth gezogen sind.

"Basketball hat mir mehr Spaß gemacht"

Jevon Perschnick geht in die zehnte Klasse des Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasiums. Sein Ziel ist es, den Sprung ins Bundesligateam zu schaffen. Doch das Abitur will er unbedingt in der Tasche haben. Eine Verletzung könne schnell den Traum vom Profi zerstören, sagt Jevon, der auch Fußball ausprobierte, sich dann aber für Basketball entschied. „Das hat mir einfach mehr Spaß gemacht.“ Musik ist seine zweite große Leidenschaft. Er spielt Keyboard und Klavier, auch klassische Musik gehört zu seinem Repertoire.

Unvergesslich ist für ihn sein erstes Training mit den Bundesliga-Stars. Duelle gegen Nate Linhart, De’Mon Brooks oder Bastian Doreth – „da merkt man schon, dass es noch ein großer Sprung ist“, weiß Jevon, der am liebsten auf der Position des Shooting Guards agiert, also als gefährlicher Distanzschütze. Doreth attestiert ihm beachtliche Fortschritte. Vor allem körperlich sei Perschnick schon ziemlich weit, könne schon ordentlich gegenhalten. Am wichtigsten ist aus Sicht des Nationalspielers aber, dass sich die drei Talente zunächst in der 2. Regionalliga bewähren und Verantwortung übernehmen: „Man muss einen Schritt nach dem anderen machen.“

Nico Wenzl mit gutem Wurf

Dem Aufbauspieler Nico Wenzl bescheinigt Doreth ein sehr gutes Spielverständnis. Der 16-Jährige sieht sich auch mit einem „guten Wurf“ ausgestattet. In punkto Athletik und Beweglichkeit müsse er jedoch noch an sich arbeiten, zeigt sich Nico selbstkritisch. Sein „Pate“ ist froh, dass die Jungs nicht mit Hausaufgaben aus der Schule zu ihm kommen. „Das ist schon zu lange her, da wäre ich ziemlich aufgeschmissen“, sagt Doreth. Wenzl, der ebenfalls die zehnte Klasse des MWG besucht und Mathematik und Spanisch zu seinen Lieblingsfächern zählt, schmunzelt. Neben Schule und Basketball – manchmal ist zwei Mal am Tag Training angesetzt – bleibt nicht viel Freizeit. Wenn, dann steht oft eine Runde „Playstation zocken“ mit Jevon auf dem Programm.

Sein Können hat Wenzl bereits in der Vorbereitung aufblitzen lassen, als er im Spiel der Profis gegen Pro-A-Neuling PS Karlsruhe sechs Punkte erzielte und zusammen mit seinen ebenfalls auftrumpfenden jungen Kollegen Marius Adler und Jevon Perschnick vom Publikum gefeiert wurde. Natürlich hat Wenzl dieses Spiel nicht vergessen, aber wie alles genau ablief, daran erinnert er sich nicht mehr. Hinterher erzählten ihm viele, dass es wahnsinnig laut gewesen sei, als er seine ersten Punkte machte. „Ich hab das gar nicht mitbekommen, weil ich so konzentriert, so fokussiert war“, sagt der 16-Jährige.

Spätstarter Lukas Pryszcz

Lukas Pryszcz ist ein Spätstarter. Erst mit 13 Jahren hat er mit dem Basketball begonnen. Ob Fußball oder Handball – Ballsportarten hatten es ihm schon immer angetan. „Fußball war mir aber irgendwann zu langweilig“, sagt Lukas, der bereits 1,93 Meter groß ist. Im Judo war er sogar oberpfälzischer Meister, schaffte es bis zum grünen Gürtel. Eine Karriere als Basketball-Profi ist sein Traum, aber auch außerhalb des sportlichen Bereichs ist er ehrgeizig. Nach seinem Abschluss an der Mittelschule Bayreuth-St. Georgen will er noch das Fachabitur draufsatteln.

Medi Bayreuth investiert mittlerweile deutlich mehr als früher in die Nachwuchsarbeit, wie Pressesprecher Sven Ammon berichtet. Das Konzept sehe vor, dass gezielt junge Spieler für die Profimannschaft aufgebaut werden. Chefcoach Raoul Korner lege Wert darauf, Talente aus der eigenen Jugend Schritt für Schritt in das Bundesligateam zu integrieren.

Im Sommer hatte Medi nochmals ein deutliches Zeichen gesetzt und die Stelle des hauptamtlichen Nachwuchskoordinators prominent besetzt: mit John Dieckelman, der zuvor Assistenztrainer des deutschen Vizemeisters Ulm war. Etwa 230 000 Euro beträgt mittlerweile der Etat für die Nachwuchsarbeit. „Ohne Sponsoren und Spenden wäre das nicht zu stemmen“, sagt Tomas Kanovsky, der bei Medi Bayreuth für Vertrieb und Sponsoring zuständig ist.

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