Geschäftsführer Martin Piotrowski dämpft vor dem Saisonstart die Erwartungen Medi-Bayreuth-Etat "noch unter dem Durchschnitt"

Ganz entspannt sieht Martin Piotrowski der neuen Bundesligasaison entgegen. Foto: Kolb Foto: red

Beginnt mit dem Heimspiel am kommenden Donnerstag, 3. Oktober, gegen die Skyliners Frankfurt der Ansturm von Medi Bayreuth auf die Playoffs? Entsprechende Erwartungen dämpft Geschäftsführer Martin Piotrowski bei seinem Ausblick auf die vierte Bundesligasaison des Vereins.

 
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Der Unternehmer verweist dabei auf die Wirtschaftskraft der Liga, die noch stärker gewachsen sei als die eigene. Vom erhofften Etat von drei Millionen Euro sei man noch „weit entfernt" und liege damit im Liga-Vergleich noch immer „unter dem Durchschnitt".

In einem Magazin zur neuen BBL-Saison beurteilt TV-Experte Ademola Okulaja alle 18 Mannschaften. Zu Bayreuth gibt es da ein paar Aussagen, die eine Nachfrage lohnen. Die erste: Es habe eine „Etatexplosion" gegeben, die dem Verein „völlig andere Möglichkeiten" gebe.
Martin Piotrowski: Das ist eine Fehlinformation, und ich weiß gar nicht, woher diese Informationen kommen könnten. Ich kann diese Einschätzung jedenfalls nicht teilen. Das Engagement der Firma Medi bedeutet keineswegs, dass wir mit den Großen der Liga, ja leider auch noch nicht mit dem Durchschnitt der Liga, mithalten könnten. Vielmehr wurde ein sicheres Fundament gelegt auf das wir gut aufbauen können, aber eine wesentliche Steigerung gibt es nur, wenn auch noch andere Sponsoren ihr Engagement verstärken. Und von einer Explosion kann schon gar keine Rede sein.

Wie sehen die Zahlen dazu aus?
Piotrowski: Genaue Zahlen kann ich noch nicht nennen, denn das ändert sich in dieser Phase noch von Tag zu Tag. Fest steht aber, dass wir von der erhofften Steigerung unseres Etats auf 2,8 bis drei Millionen Euro noch weit entfernt sind. Dazu muss man wissen, der durchschnittliche Etat der Bundesligisten inzwischen schon deutlich über vier Millionen liegt. Wir arbeiten laufend weiter daran. Es geht auch darum, möglichst ein Polster zu schaffen, um uns bei Bedarf vor Ende der Transferzeit Ende Januar noch einmal verstärken zu können.

Okulaja zum Zweiten: „Abstiegskampf gibt es nicht mehr. Ich sehe das Team sicher in den Playoffs."
Piotrowski: Unser erklärtes erstes Ziel ist der Klassenerhalt, und das heißt im Umkehrschluss: weg von den hinteren Plätzen, also in gewisser Weise kein Abstiegskampf, sondern ein Aufstiegskampf! Wir können die Gegner aber auch noch nicht gut genug einschätzen, um mehr sagen zu können. Man muss sich auch mal unseren tückischen Spielplan anschauen: Erst kommt Frankfurt – mit neuem, sehr erfolgreichen Coach, dann Hagen – Playoff-Teilnehmer und immer besonders unberechenbar, dann Braunschweig – da gab es im Vorjahr zwei klare Niederlagen. Das ist alles sehr unwägbar, und danach kommen erst die Kracher: München, Oldenburg, Bamberg, Ulm, Würzburg – vielleicht die Top-Vier der Liga und ein Derby. Ich mische mich in die sportlichen Belange des Trainers grundsätzlich nicht ein, aber ich wäre schon dankbar, wenn wir aus diesem Programm mit drei bis vier Siegen hervor gehen. Das Ziel ist natürlich trotzdem, jedes Spiel zu gewinnen und die Tagesform des Gegners auszunutzen.

Okulaja zum Dritten: „Trainer Krunic hat die Mannschaft sehr durchdacht verstärkt."
Piotrowski: Da gebe ich ihm völlig Recht. Es ist der Coach, durch den der Verein die besagten völlig anderen Möglichkeiten hat. Ich habe sehr großen Respekt vor Predrag Krunic, weil er sich nicht in den Vordergrund stellt. Spieler und Umfeld sind ihm wichtiger als seine persönlichen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Trennung von der Familie. Seine Professionalität bringt den ganzen Verein jeden Tag voran, auch wenn sich das eher im Verborgenen abspielt und nicht gleich für jeden sichtbar ist.

Und zum Letzten: Mit vier von fünf Punkten zählt der Experte die Bayreuther zu den Vereinen mit „sicherem Playoff-Platz".
Piotrowski: Natürlich freuen wir uns erst einmal über eine so positive Bewertung. Das spricht für den Respekt vor dem Coach und die Referenzen der Neuzugänge. Aber wir haben nicht die Tiefe der Bank wie die Spitzenmannschaften. Bei Verletzungen müssen wir damit rechnen, dass wir das Niveau nicht immer gleichmäßig halten können. Insofern sind die Playoffs noch weit weg. Dafür braucht man eine tiefere Bank mit mehr Spielern und das heißt wiederum: einen höheren Etat.

Wie hat man sich die Entscheidungsprozesse bei der Zusammenstellung des Teams vorzustellen mit dem neuen Führungspersonal im Vergleich zum Vorjahr: Sie auf der einen Seite und Predrag Krunic auf der anderen?
Piotrowski: Die erste Frage lautet immer: Kennt der Coach jemanden persönlich, der für die gesuchte Position passt?

Das war vermutlich der kurze Weg, der zu Ronnie Burrell geführt hat?
Piotrowski: Genau. So eine persönliche Verbindung ist das Angenehmste, weil man sich darauf einfach verlassen kann. In zweiter Linie wird dann ein Netzwerk aktiviert. Das sind natürlich viele Agenten, aber man fragt auch andere Trainer oder Kollegen innerhalb der Liga. Die Vereine helfen sich dabei durchaus auch mal gegenseitig. Das ist noch ein zartes Pflänzchen in der BBL, aber es beginnt zu sprießen. Es funktioniert aber natürlich nicht bei Spielern, an denen ihr Verein selbst noch Interesse hat.

Wie selbstständig ist der Coach bei der Auswahl der Spieler?
Piotrowski: Er hat ganz klar das letzte Wort. Der Trainer trägt die sportliche Verantwortung, also muss er auch das Recht zur Entscheidung haben. Das gilt bei uns erst recht, weil wir keinen Sportdirektor haben und er damit sozusagen sein eigener Sportdirektor ist. Ich schaffe die Rahmenbedingungen und führe die Verhandlungen. Kurz gesagt: Der Coach schlägt vor, ich rechne, ob das finanziell machbar ist, und er entscheidet. Da gibt es immer erkenntnisreiche Diskussionen, und bisher lagen wir immer auf einer Linie.

Bei aller Zurückhaltung: Spüren Sie Druck von Fans und vor allem Sponsoren, die unter den verbesserten Voraussetzung auch verbesserte Ergebnisse fordern?
Piotrowski: Kein Sponsor übt Druck im Hinblick auf einen bestimmten Tabellenplatz aus. Niemand sagt: Wenn Ihr das nicht schafft, steigen wir aus. Das läuft bei uns noch immer ziemlich familiär. Darum bemühen wir uns auch, indem wir mehr Öffentlichkeitsarbeit betreiben, als je zuvor. Es gibt viel gegenseitiges Vertrauen, und das ist das Gegenteil von Druck. Nur im Falle des Abstiegs würde es den Vertrag mit Medi in dieser Dimension nicht mehr geben, aber das ist doch normal.

In welchen Mannschaften sehen Sie in dieser Saison die unmittelbaren Konkurrenten auf Augenhöhe?
Piotrowski: Das ist schwer. Dafür habe ich noch zu wenig von der Konkurrenz gesehen. Ich erwarte wieder eine so enge Liga wie in der letzten Saison. Da waren für den Klassenerhalt mehr Siege nötig, als je zuvor. Und kurz vor Ende der Saison waren für viele Mannschaften die Playoffs noch genau so möglich, wie der Abstieg. Zwei Spitzenteams habe ich allerdings gerade beim Champions-Cup in Berlin gesehen, und da muss ich sagen: Diese Athletik – das ist schon europäisches Niveau. Für uns wird das Wichtigste sein, jedes Spiel mit 100 Prozent Leidenschaft und Engagement zu bestreiten. Wenn es dann nicht zum Sieg reicht, werden es Fans und Sponsoren auch verzeihen.

Bei der Liga-Tagung in Berlin wurde das Abschneiden der Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft noch einmal aufgearbeitet. Was gab es da für Kritikpunkte?
Piotrowski: Die Einstellung zur EM wurde als zu weich empfunden. Das Turnier wurde als Zwischenstation dargestellt zur Bildung einer neuen Mannschaft mit Blick auf längerfristige Ziele wie die nächste Weltmeisterschaft. Das klang fast nach einem Trainingslager. Dabei war die EM eine Riesenchance, um unseren Sport mit seiner ganzen Leidenschaft im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu präsentieren. Praktisch alle Clubs haben auch die mangelnde Zusammenarbeit zwischen Verband und Liga kritisiert. So eine Verbindung wie im Fußball zwischen DFB und DFL ist nicht nur wünschenswert, sondern dringend notwendig .

Der Aspekt der Fernsehpräsenz ist besonders aktuell, weil der TV-Vertrag am Ende dieser Saison ausläuft. Erhoffen Sie sich von einer neuen Vereinbarung in erster Linie mehr Geld, oder mehr Sendezeit?
Piotrowski: Ganz klar: Die Präsenz auf mehreren Kanälen – gerade den öffentlich-rechtlichen – ist wichtiger, um die Wirkung in der Breite zu verstärken. Das muss gar nicht in Form von Live-Übertragungen ganzer Spiele sein, sondern beispielsweise als Magazin mit Zusammenschnitten von fünf Minuten. Dabei sind wir natürlich sport1 für die wirklich gute Live-Berichterstattung sehr dankbar. In diesem Bereich sehe ich künftig sogar mehr Chancen für die kleineren Vereine, wenn von den großen mehr aus der Euroleague übertragen wird. Wir würden uns jedenfalls freuen, sport1 häufiger bei uns begrüßen zu können – auch wenn die Lautstärke in der Oberfrankenhalle einige Probleme für die Technik verursacht haben, wie ich hörte (schmunzelt). Ein Weg für die Zukunft könnte es auch sein, mit Hilfe von Sponsoren selbst TV-Bilder zu produzieren und im Internet zu veröffentlichen – vielleicht auch gemeinsam mit anderen fränkischen Vereinen. Ziel muss es in jedem Fall sein, mehr als die 3500 Leute in der Halle zu erreichen. Die Live-Übertragungen von Radio Mainwelle von unseren Auswärts- und neuerdings auch von den Heimspielen sind da sehr hilfreich, ebenso wie die Berichte bei Kurier-TV.

Kann so etwas aber nicht auch Zuschauer kosten, wenn man so viel Information anbietet, dass ein Besuch in der Halle gar nicht mehr nötig ist?
Piotrowski: Auch wenn das Live-Erlebnis immer unersetzlich bleiben wird, muss man sich diese Frage sehr wohl stellen. Das ist durchaus zweischneidig, aber die Erfahrung zeigt, dass man auf diese Weise mehr neue Zuschauer gewinnt, als verliert. Es geht einfach darum, unser Einzugsgebiet in der Region auszuweiten, sowohl für Zuschauer, als auch für Sponsoren und vor allem auch diejenigen für Basketball zu begeistern, die mit diesem schnellen und faszinierenden Sport bisher noch nicht in Berührung kamen. Die eingefleischten Fans tun ja wirklich schon, was sie können!

Das Gespräch führte Eberhard Spaeth

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