Med-Center versus Klinikum?

Von Andrea Pauly
Foto: Ronald Wittek Foto: red

Kann ein Mitarbeiter in einem Betrieb arbeiten und zugleich kontrollieren, wie sich ein anderer Betrieb in der gleichen Branche weiterentwickelt? Diese Frage stellt sich im Fall des Klinikums: Dort sind drei Ärzte des Med-Centers in den Gremien vertreten. Sie entscheiden mit über Wohl und Wehe des Klinikums. Ein Grund zur Diskussion ist das aber erst, seit Prof. Walter Wagner von dieser Konstellation betroffen ist.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Bis Ende 2016 war Wagner Chefarzt am Bayreuther Klinikum. Seit 2014 ist er in dessen Aufsichtsrat - aber nicht in seiner medizinischen Funktion, sondern als CSU-Stadtrat. Seither kontrollierte er praktisch seinen eigenen Arbeitgeber. Seit Januar ist Wagner im Ruhestand und hat eine Nebenbeschäftigung als angestellter Arzt im Med-Center, einem privaten Zentrum für ambulante Behandlungen. Ende Januar ist Wagner von der CSU zusätzlich in die Verbandsversammlung des Klinikums bestellt worden: Er hat die Nachfolge von Dr. Jürgen Hornig angetreten, dessen Vertreter er vorher war und für den er bereits an zahlreichen Verbandssitzungen teilgenommen hat.

Wagner: Unbedenklich, eher dienlich

Die Frage, ob sein neuer Job im Med-Center und die Arbeit in den Gremien des Klinikums im Widerspruch stehen, hat Wagner nach eigenen Angaben sofort juristisch prüfen lassen. Antwort: Das sei „unbedenklich“. Er empfinde es eher als dienlich, beratend tätig zu sein, weil er mehr als zwei Jahrzehnte am Klinikum war. Außerdem sei es gut, wenn es Verbindungen zwischen Med-Center und Klinikum gebe, weil man sich gegenseitig nutzen könne. Er könne als Vermittler zwischen den beiden Einrichtungen auch für Verständnis sorgen. Dies sagte Wagner im Gespräch mit der Mainwelle.

Bisher nie ein Problem

Im Klinikum-Zweckverband sitzen zwei weitere Med-Center-Ärzte: der Gesellschafter und Ärztliche Leiter Dr. Wolfgang Gruber, den die DU-Fraktion in das Gremium entsandt hat, und die angestellte Ärztin Dr. Ulrike Lex, die für die CSU in der Verbandsversammlung sitzt. Bisher wurde ihre Arbeit in diesen Gremien nie öffentlich als problematisch diskutiert.

Kooperation statt Konkurrenz

Gruber sieht keinen Interessenskonflikt darin, eine medizinische Einrichtung zu leiten und über eine andere mitzuentscheiden. Denn erstens seien das Klinikum und das Med-Center keine Konkurrenten im engeren Sinne: "Die Schnittmengen sind eher klein", sagt Gruber. Und solche gebe es auch zwischen den Fachärzten aus Bayreuth und dem Klinikum. "Und bei den ambulanten Angeboten spielen wir in einer anderen Liga, weil wir darauf ausgelegt sind. Da tu' ich dem Krankenhaus nicht weh." Das Med-Center überweise zudem mehr Patienten an das Klinikum als irgendwer sonst: 500 bis 600 pro Jahr, viele davon mit Operationen. Und auch sonst gehe es mehr um Kooperation als Konkurrenz: "Gerade erst haben zwei Ärzte vom Klinikum ihr orthopädisches Jahr bei uns gemacht", sagt Gruber. Als ehemaliger Oberarzt sei er dem Klinikum ohnehin verbunden. 

Die haarigen Fragen betrafen nicht das Med-Center

Die Arbeit im Klinikums-Gremium sei immer konstruktiv gewesen: "Es wird niemanden geben, der mir unterstellt, dass ich das Klinikum schädigen würde." Nicht bei einer Entscheidung in den vergangenen drei Jahren habe es für ihn als ambulanten Arzt Interessenskonflikte gegeben. Die "haarigsten Fragen" in den vergangenen Jahren seien die "Skandalgeschichten" am Klinikum gewesen. "Und die hatten auf meinen Betrieb keinen Einfluss." Bei Fragen wie Chefarzt-Nachfolgen sei er als Verbandsrat sowieso nicht eingebunden. Dort geht es in erster Linie um Eigentumsfragen - etwa zu Grundstücken oder den Pflegeschulen.

Medizinischer Sachverstand zählt

Auch Ulrike Lex sieht kein Problem darin, am Med-Center zu arbeiten und die Interessen der Stadt am Klinikum zu vertreten: "Das Klinikum war mein Ausbilder, dem fühle ich mich verpflichtet. Es nach vorn zu bringen - dafür sind wir da", sagt die Ärztin. Zudem sei es gut, wenn im Gremium Menschen mit medizinschem Sachverstand sitzen.

Das sagt der CSU-Fraktionschef

"Wir gehen da schlichtweg nach fachlicher Qualifikation", erläutert CSU-Fraktionschef Stefan Specht, die Entscheidung, die beiden Ärzte als Verbandsräte zu stellen. Gerade Wagner als ehemaliger Chefarzt "kennt die Belange am Klinikum im Grunde wie kein Zweiter". Specht sieht in der Doppelfunktion sogar einen Vorteil: Wenn es mit den niedergelassenen Ärzten und dem Med-Center einen guten Kontakt pflege, "wird auch für das Klinikum ein Schuh draus." Und alle Verbands- und Aufsichtsräte seien professionell genug, um die Interessen des Klinikums in den Vordergrund zu stellen. Wagner und Lex seien "über jeden Zweifel erhaben."

Merk-Erbe: "Unschädlich"

Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe ist Vorsitzende des Aufsichtsrats des Klinikums. "Das Rechtsamt der Stadt Bayreuth hat den Vorgang im Einvernehmen mit dem Rechtsreferenten geprüft mit dem Ergebnis, dass eine Tätigkeit im Med-Center per se gesellschaftsrechtlich und im Hinblick auf die bestehende GmbH-Satzung unschädlich ist", lautet ihre Antwort auf eine Anfrage des Kurier. "Die Mitglieder des Aufsichtsrates und der Zweckverbandsversammlung sind gehalten, zum Wohle der Klinikum Bayreuth GmbH zu wirken", schreibt sie.

Klinikum hat kein Mitspracherecht

Exakt den gleichen Wortlaut hat auch die Stellungnahme von Frank Schmälzle, Pressesprecher des Klinikums, auf die Frage nach einem möglichen Interessenskonflikt. Die Stellungnahme zu möglichen Interessenskonflikten fällt dünn aus: "Die Klinikum Bayreuth GmbH hat gemäß ihres Gesellschaftsvertrages kein Mitsprache- oder Mitgestaltungsrecht bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates."

Die Gremien am Klinikum

Das Klinikum hat zwei Gremien: den Aufsichtsrat, der die Aufgabe hat, die Geschäftsführung zu kontrollieren, und den Zweckverband, der die Versammlung der Eigentümer darstellt, also Landkreis und Stadt Bayreuth. Die großen Fraktionen in Stadtrat und Kreistag entsenden Mitglieder in die beiden Gremien. 

Der Aufsichtsrat hat die Aufgabe, Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zu überwachen. Aufsichtsratsvorsitzende ist Bayreuths Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, ihr Stellvertreter ist Landrat Hermann Hübner. Weitere Mitglieder sind Prof. Werner Grüninger, Dr. Beate Kuhn, Dr. Ingo Rausch, Prof. Walter Wagner, Günter Dörfler, Luise Goldfuß, Karl Lothes, Edmund Pirkelmann und der Ärztliche Direktor des Klinikums Prof. Thomas Rupprecht.

Die Verbandsversammlung ist die Eigentümerversammlung. Vorsitzender ist Landrat Hermann Hübner, stellvertretende Vorsitzende Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Die Stadt stellt  folgende  Verbandsräte: Walter Wagner, Ulrike Lex, Elisabeth Zagel, Ingo Rausch, Werner Grüninger, Beate Kuhn, Christine Düreth-Trat, Norbert Aas und Wolfgang Gruber. Der Landkreis entsendet Günter Dörfler, Karl Lothes, Edmund Pirkelmann, Luise Goldfuß, Christa Reinert-Heinz, Lieselotte Weigel, Anette Kramme, Matthias Brendel und Manfred Neumeister.

Das Med-Center

Das Med-Center ist eine Privatklinik mit Standorten in Bayreuth, Pegnitz, Hof und Kemnath. Nach eigenen Angaben betreut es 60.000 Patienten pro Jahr, von denen mehr als 5000 operiert werden. Schwerpunkte sind Schulter und Knie, Fuß und Sprunggelenk sowie Bauchwandbrüchen. Wenn eine ambulante Behandlung nicht ausreicht, kooperiert das Med-Center mit dem Krankenhaus in Kemnath. Betreiber ist die MVZ Bayreuth GbR, deren Gesellschafter sind Dr. Wolfgang Gruber, Dr. Anette-Christine Benz, Jürgen Schick und Reiner Rückl.

Bilder