Staatsanwalt: "Ein tragischer Unglücksfall" Mann stirbt bei Polizeikontrolle: Ermitttlungen in Bayreuth eingestellt

Von Manfred Scherer
Foto: Archiv Foto: red

Ein Mann bricht bei einer Polizeikontrolle tot zusammen. Verwandte stellen unangenehme Fragen. Der Staatsanwalt leitet Ermittlungen ein. Sechs Wochen lang stehen die Polizisten unter dem Verdacht der fahrlässigen Tötung. Jetzt wurde das Verfahren gegen die Beamten eingestellt.

 
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Der leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel bestätigte den Fall auf Anfrage des Kuriers. Mitte Februar will eine Polizeistreife in einem kleinen Ort im Landkreis einen Autofahrer kontrollieren. Am Steuer des Autos sitzt ein 67-jähriger Mann.

Er wird erst zuhause, vor seiner Garage, gestoppt. Als die Beamten den Mann zum Alkotest bitten wollen, bricht der zusammen. Der Notarzt kann nur den Tod feststellen.

Der Fall landet nicht im Polizeibericht

Am Tag danach stehen Verwandte vor dem Leichnam des Mannes. Der Tote liegt im Wohnzimmer des Hauses, in dem er zusammen mit seinem Bruder und dessen Familie gelebt hatte. Andere Geschwister kommen hinzu, darunter eine weiter entfernt lebende Schwester und deren Sohn.

Der Neffe erfährt: Die zuständige Polizeidienststelle soll die Verwandten gefragt haben, ob man den Todesfall aus dem Polizeibericht heraushalten könne. Es kommt auch so - der Tod bei der Kontrolle wird nicht veröffentlicht. 

Verwandte stellen Fragen

Der Neffe schreibt an die Staatsanwaltschaft und will die Hintergründe wissen: Warum sein Onkel kontrolliert werden sollte. Ob die Beamten rechtzeitig Erste Hilfe geleistet hatten. Warum die rechte Gesichtshälfte seines toten Onkel geschwollen war.  Ob die Polizisten bei der Kontrolle Gewalt angewendet haben. Ob die Polizei etwas zu vertuschen hatte.

Bayreuther Staatsanwalt lässt Leichnam obduzieren

Die Bayreuther Staatsanwaltschaft reagiert. Der Leichnam wird beschlagnahmt, obduziert. Gegen die zwei Streifenpolizisten wird ein Verfahren eingeleitet. Auf der Akte steht: Verdacht der fahrlässigen Tötung. Oberstaatsanwalt Potzel. "Es ging dabei um auch die Frage, ob der Mann sozusagen zu Tode erschreckt wurde."

Landeskriminalamt übernimmt Ermittlungen

Der Neffe erklärt auf Anfrage des Kuriers, warum er sich an den Staatsanwalt gewandt hatte: "Es gibt unserer Meinung nach Ungereimtheiten. Die wollen wir geklärt haben." Seine Forderung, dass dies von einer unabhängigen Polizeidienststelle untersucht werden müsse, wird automatisch umgesetzt.

Seit Februar 2013 werden sogenannte "interne" Ermittlungen gegen Polizeibeamte von einem speziellen Dezernat des Landeskriminalamtes geführt, sagt der Erste Polizeihauptkommissar Georg Löffler, der Leiter des Präsidialbüros beim Polizeipräsidium Oberfranken.

Hat der Mann den Alkotest verweigert?

Der Neffe berichtet über seinen toten Onkel: ein alleinstehender Mann, stark übergewichtig. Ein Mann, der erst vor einiger Zeit eine Herzoperation hatte, vier Bypässe bekam. Ein "einfacher" Mann. Ein Mann, der gerade erst eine Freundin hatte. "Es war eine einfache Liebe." 

Der Neffe sagt auch: "Mein Onkel war Antialkoholiker. Ich kann mir vorstellen, dass er den Alkotest verweigert hat. Dass er sich aufgeregt hat. Wir wollen niemand zu unrecht beschuldigen. Wir wollen nur wissen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist."

Todesursache war Herzversagen

Das ist es, sagt Staatsanwalt Potzel am gestrigen Freitag. Die sechswöchigen Ermittlungen hätten ergeben: "Das war ein unwahrscheinlich tragischer Unglücksfall." Laut Potzel starb der 67-Jährige an akutem Herzversagen. Es habe sich kein Anhaltspunkt ergeben, dass die Streifenpolizisten in irgendeiner Weise Mitschuld an dem Tod des Mannes haben.

Die Polizisten hätten damals eine erlaubte, verdachtsunabhängige Kontrolle durchgeführt. Der 67-Jährige habe sich mit einem Alkotest einverstanden erklärt. Als der Mann auf die Beamten zuging, sei er plötzlich getaumelt und  zusammengebrochen. Die Streifenpolizisten setzten einen Notruf ab, laut Potzel zeitnah, das sei "duch Funkprotokolle nachvollziehbar". Die Beamten hätten es mit Reanimation versucht, jedoch erfolglos.

Bei der Obduktion seien keine Verletzungen gefunden worden, die auf Fremdeinwirkung zurückzuführen seien. Ein angebliches Hämatom an der rechten Gesichtshälfte des Toten seien Leichenflecken. Die Mutmaßung, man habe den Zusammengebrochenen in der Kälte liegen lassen und ihn nicht gewärmt, greife nicht: Laut den Ärzten sei in solch einem Fall Kälte besser, weil der Kreislauf heruntergekühlt wird.

"Das vergisst du dein Leben lang nicht"

Die zwei Streifenbeamten waren laut Georg Löffler "schwer betroffen": "Da stirbt ein Mensch unter deinen Händen. Das vergisst du dein Leben lang nicht. Und dann kommt oben drauf, dass gegen sie ermittelt wird." Noch in der Todesnacht kamen Spezialisten des Sozialdienstes der Polizei in den kleinen Ort: Sie kümmerten sich sowohl um die Polizisten als auch um die Verwandten des Verstorbenen.

Ein Bruder des Verstorbenen sagte von Beginn an, die Vorwürfe gegen die Polizisten seien aus seiner Sicht ungerechtfertigt: "Ich habe miterlebt, wie fertig die zwei Polizisten waren. An den Vorwürfen ist nichts dran."

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