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Manfred Eisele: Der rastlose General

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Manfred Eisele feiert am 17. März seinen 80. Geburtstag. Der Wahl-Bayreuther und Lebensgefährte von Altstadträtin Christine Hacker war der oberste deutsche Blauhelm. Foto: Eric Waha Foto: red

Aus seinem Leben könnte man zwei machen. Mindestens. Manfred Eisele wäre eigentlich gerne Pfarrer geworden. Soldat ist er geworden. Soldat mit einer bemerkenswerten Karriere: Er ist der einzige Deutsche, der an so hoher Stelle der Vereinten Nationen Verantwortung getragen hat: als Beigeordneter Generalsekretär. Heute feiert der Wahl-Bayreuther seinen 80. Geburtstag.

 
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Natürlich ist Manfred Eisele an seinem Geburtstag unterwegs. Allerdings nicht als "Reisender in Vereinten Nationen", wie er sich selbst nennt. Sondern mit seiner Lebensgefährtin Christine Hacker, der Altstadträtin der SPD, die ihm "ein paar Tage in Bad Kissingen geschenkt hat, was man natürlich nicht ablehnen kann", wie Eisele kurz vor seinem runden Geburtstag im Gespräch mit dem Kurier sagt. Mit den Familien, den Kindern und Enkeln feiern die beiden nach Christine Hackers 80. Geburtstag im Juni.

Immer unterwegs

Unterwegs. Das beschreibt das Leben des Manfred Eisele am besten. Eisele, in Gdingen in Polen geboren, in eine Familie, in der mütterlicherseits seit Jahrhunderten die Männer zur See fuhren, musste mit seiner Familie im Krieg flüchten. Nach Hamburg, wo er - "obwohl ich Hamburger Platt spreche" - als Flüchtlingslümmel verspottet wurde. Den Grundstein für seinen Lebensweg, der ihn in den 90er Jahren ins Hauptquartier der Vereinten Nationen nach New York führen sollte, legt der politisch interessierte Eisele mit einer Postkarte an einem denkwürdigen Tag: "Am Tag des Zusammenbruchs des Ungarn-Aufstands habe ich eine Postkarte nach Bonn geschickt und mich als Offiziersanwärter für drei Jahre beworben."

Mit fünf Oberpfälzern auf der ersten Stube

Die Bundeswehr nimmt die Bewerbung des Mannes an, der dem geburtenstarken Jahrgang 1938 angehört, "ein besonderer Jahrgang für die Miltärgeschichte", sagt Eisele heute. Und schickt ihn zur Ausbildung: nach Weiden. "Wir waren die ersten wehrpflichtigen Rekruten." Fünf Oberpfälzer, alle mit einer Ausbildung im Gepäck. Und Eisele, der Hamburger Abiturient "mit Flausen im Kopf". Allerdings: "Wir sind rasch auf den Boden der Tatsachen geholt worden, haben von der Pike auf zu dienen gelernt." Eisele wird schnell Leutnant, steht bald darauf in Landshut zum ersten Mal "vor der Front. Als Preiß. Und auch noch jünger als die Rekruten, die alle Jahrgang 1937 waren." Doch der junge Leutnant erarbeitet sich Anerkennung. Und er findet Gefallen am Job bei der Bundeswehr. An der Arbeit, "gemeinsam mit den jungen Leuten Aufgaben zu lösen". Und er lässt sich "überreden, Berufssoldat zu werden, obwohl ich ja eigentlich evangelischer Paferrer werden wollte".

Eisele baut Bayreuther Standort mit auf

Das Schicksal, sagt Eisele, habe mit ihm viel vor gehabt. Als jüngster Batteriechef in der Artillerie wird er nach Bayreuth geschickt, um als erster Bundeswehr-Soldat im Oktober 1963 das neue Bataillon aufzubauen. Dort kommt die junge Familie Eisele auch in Kontakt mit der Familie Christine Hackers. Die Frauen freunden sich an, die Männer auch, man tauscht sich aus. Man bleibt in Verbindung, so weit die Wege sich in den folgenden Jahrzehnten auch trennen. Bis 2013 erst Eiseles Frau stirbt, kurz darauf Christine Hackers Mann. "Als Überbleibsel von zwei Ehen haben wir festgestellt, dass es keinen Spaß macht, allein durchs Leben zu gehen", sagt Eisele.

Um die Welt in Zwei-Jahres-Schritten

Die Eiseles sind "in Zwei-Jahres-Schritten" unterwegs: Hamburg, Diez an der Lahn, Kansas, Bonn, dann 1977 wieder kurz Bayreuth, wo sich Eisele einen Ruf erarbeitet hatte: Die Unteroffiziere hätten schon gewusst, "dass es wieder streng zugehen würde. Wenn der eine Nachtausbildung anordnet, ist das auch eine Nachtausbildung", sagt Eisele, der den Oschenberg heute noch wie seine Westentasche kennt. 18 Monate später zieht Eisele der Ruf wieder ins Verteidigungsministerium: Er wird Referatsleiter für Öffentlichkeit bei der Bundeswehr - "in der Zeit der Friedensbewegung". Über weitere Stationen, unter anderem in Hamburg, wechselt Eisele, inzwischen Brigadegeneral ins Nato-Hauptquartier, bevor er Abteilungsleiter bei Verteidigungsminister Gerhard Stoltenberg wird.

Der Wechsel an die Spitzenposition der Vereinten Nationen

1992 kommt Eisele nach Veitshöchheim. Ironie des Schicksals: Mainfranken hatte er damals als Verwendungsort auf seiner Postkarte an die Bundeswehr angegeben. "Im Mai 1994 kam dann der Anruf, ich solle mich am 1. Juni in New York beim Generalsekretär der Vereinten Nationen einfinden. Zum Interview. Für einen neuen Posten, für den Deutschland mich als Kandidaten nominiert hatte." Sein Interviewpartner: Kofi Annan. "Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick", sagt Eisele und lächelt. "Das haben wir nach dem Gespräch beide festgestellt." Befristet eigentlich auf ein Jahr, bleibt Eisele bis 1998 oberster Blauhelm, zuständig für die weltweiten UN-Friedensmissionen. Er baut die erste Polizeimission mit rund 2000 Beamten für Bosnien-Herzegowina auf. Heute sind von den rund 100.000 Blauhelmen "rund 10.000 bis 12.000 Polizisten", sagt Eisele. "Auch nach meinem Ausscheiden war ich neun weitere Jahre im Einsatz für die Vereinten Nationen." Immer an brodelnden Krisenherden wie im Kongo, in Nigeria, in Ruanda, bildet Eisele Ausbilder aus, um Frieden stiften zu können. "So lange ich zu solchen Einsätzen noch Lust habe, mache ich ein paar Mal im Jahr Peace-Giving." Und er unterrichtet an der Führungsakademie der Bundeswehr internationale Blauhelm-Führer.

Immer unterwegs im Auftrag des Friedens

So lange, wie er - sagt er mit einem Lachen - "keine Kalkspur hinterlässt, als wäre es die Toraus-Linie im Bayern-Stadion", würde er das schon auch noch weitermachen. Rastlos. Immer unterwegs. Im Auftrag des Friedens.

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